"Oh Heimat, dich zu lieben…“, so beginnt, wie jeder niederösterreichische Volksschüler weiß, der Text der Landeshymne, geschaffen vom Schriftsteller Franz Karl Ginzkey. Die Weise stammt von Ludwig van Beethoven. Vor genau 60 Jahren wurde die Hymne im Landtag beschlossen.
Zuvor – im Jahr 1961 – forcierte das Land die Suche nach einer geeigneten Hymne. Eine Kommission wurde gebildet. Die Musik war nach zwei Jahren fixiert, am Text spießte es sich. Schließlich entschied man sich für einen bereits bekannten Liedtext des hochdekorierten Schriftstellers Franz Karl Ginzkey, dessen bekanntestes Buch "Hatschi Bratschi Luftballon" war.
Am 12.12.1965 wurde die Hymne dann bei einer Festsitzung des Landestages in der Wiener Herrengasse offiziell beschlossen und vorgestellt. Bei der Sitzung wurde der Text von Burgschauspieler Fred Liewehr vorgetragen. Die Tonkünstler und ein Studenten-Chor aus Wiener Neustadt ließen die neue Hymne erklingen.
Text der Hymne
O Heimat, dich zu lieben,
getreu in Glück und Not.
Im Herzen steht’s geschrieben
als innerstes Gebot.
Wir singen deine Weisen,
die dir an Schönheit gleich,
und wollen hoch dich preisen,
mein Niederösterreich.
Im Rauschen deiner Wälder,
in deiner Berge Glanz,
im Wogen deiner Felder
gehören wir dir ganz.
Im Dröhnen der Maschinen,
im Arbeitsfleiß zugleich,
wir müh’n uns, dir zu dienen,
mein Niederösterreich.
Getreu dem Geist der Ahnen,
wir schaffen uns das Brot
und halten hoch die Fahnen
blau-gold und rot-weiß-rot.
Wenn sie im Winde wehen,
an ernster Mahnung reich,
gilt es, zu dir zu stehen,
mein Niederösterreich.
Forderung nach neuer Landeshymne 2023
2023 geriet die Landeshymne in die Kritik. Ein Personenkomitee namhafter Schriftsteller und Künstler forderte eine Neuausschreibung aufgrund der NS-Belastung des Autors Franz Karl Ginzkey. Eine Historikerkommission wurde von der Landesregierung eingesetzt. Das Ergebnis: keine Bedenken bezüglich des Textes.
Der Historiker Stefan Karner betonte bei der Präsentation des 91 Seiten langen Berichts: „Der Text der Landeshymne entspricht einem typischen Landeshymnentext, wie er in anderen Bundesländern auch ist und da finden wir nichts Antisemitisches und auch nichts Xenophobes drinnen, sodass der Text unstrittig ist.“
Aber die Vergangenheit des Autors müsse kritisch gesehen werden, lautete das Urteil der Kommission. 1938 hatte sich Ginzkey etwa für den Anschluss Österreichs an Nazideutschland ausgesprochen und ist auch der NSDAP beigetreten. Er sei aber kein glühender Nazi gewesen, meinte 2023 Siegfried Göllner von der Akademie der Wissenschaften: „Er war Opportunist, er war deutschnational eingestellt, er hat sich dem NS angenähert, er war aber kein Antisemit, er war sicherlich nicht an Verbrechen beteiligt. Was er gemacht hat, war, dass er auch Propagandatexte verfasst hat.“
Die Person Ginzkey sollte weiter untersucht werden
An der Person Ginzkeys zeigt sich beispielhaft auch generell der Umgang in Österreich mit ehemaligen NS-Sympathisanten und Unterstützern. So ist Ginzkey, wie viele andere auch, nach dem Zweiten Weltkrieg als minderbelastet eingestuft und später hoch dekoriert worden: „Da hat man dann nicht mehr so genau hingeschaut, es gab natürlich auch viele ehemaligen Nationalsozialisten, sodass man da einen aus heutiger Sicht eher lockeren Umgang gepflegt und auch Nationalsozialisten mit höheren Ehren bedacht hat“, erläuterte Stefan Emminger, Historiker am Landesarchiv Niederösterreich.
1957 ist Ginzkey etwa mit dem Staatspreis für Kunst und Wissenschaft der Republik ausgezeichnet worden. Trotz des umfangreichen Kommissionsberichts sei die Person Ginzkey noch nicht fertig aufgearbeitet. Das Symposium in der Landesbibliothek 2023 sollte deshalb kein Schlusspunkt, sondern Auftakt einer wissenschaftlichen Aufarbeitung sein, wie es heißt.