Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat sich in einem Schreiben an die Europäische Kommission gewandt und darin aufgefordert, alle Mittel anzuwenden, um den geplanten Ausbau des tschechischen Atomkraftwerks Dukovany zu stoppen.
Es ist ein Appell mit radioaktiver Sprengkraft. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) richtet sich in einem dramatischen Schreiben an die EU-Kommission. Sie will den sofortigen Stopp des geplanten Ausbaus des Atomkraftwerks Dukovany in Tschechien erreichen. Es handele sich um ein "Hochrisiko-Experiment direkt vor der Haustür Tausender Menschen in Niederösterreich“ so Mikl-Leitner in dem Schreiben.
Ingenieure während einer Wartungsabschaltung des Blocks 3 des Kernkraftwerks in Dukovany.
In Tschechien läuft das Projekt bereits an. Nur 30 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt sollen zwei neue Reaktorblöcke entstehen. Zum Einsatz kommen soll ein Reaktortyp, der weltweit noch nie gebaut wurde. Den Zuschlag erhielt der südkoreanische Konzern KHNP. Geologische Untersuchungen am Baugelände haben bereits begonnen. Die tschechische Regierung handelte schnell. Nach der Aufhebung eines gerichtlichen Verbots wurde der Vertrag innerhalb weniger Stunden unterzeichnet. "Man muss das geöffnete Fenster der Gelegenheit nutzen", so Industrieminister Lukáš Vlček.
Mikl-Leitner schlägt Alarm
"Wir Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher sind überzeugte Europäer. Gleichzeitig lieben wir unsere Heimat und wollen diese vor Gefahren bestmöglich schützen“, schreibt sie an EU-Energiekommissar Dan Jørgensen. Ihr Appell richtet sich auch an Brüssel. "Es ist eine Frage des europäischen Zusammenhalts, wenn im Herzen Europas Energieprojekte ohne Widerspruch aus Brüssel vorangetrieben werden, obwohl sie viele EU-Bürgerinnen und Bürger potentiell gefährden und ihnen auch Angst machen", schreibt sie weiter.
Mikl-Leitner: "AKW-Ausbau ist ein europäisches Sicherheitsrisiko"
Die Kritik der Landeshauptfrau ist fundamental. Die Endlagerfrage für hochradioaktive Abfälle sei ungelöst, die Baukosten für ein AKW wären enorm und würden künftige belasten Generationen. Zudem seien Atomkraftwerke störanfällig, nicht kriegssicher und würden ein dauerhaftes Risiko für Umwelt und Bevölkerung darstellen.
NÖ will Ausbau von AKW Dukovany verhindern
Der tschechische Premier Petr Fiala sprach bereits im Juni von Verzögerungen, sollte der Vertrag nicht bald unterschrieben werden. Mit dem raschen Vollzug ist nun der Weg frei. Der erste neue Block in Dukovany soll 2036 fertig sein. Die geplanten Baukosten belaufen sich auf 400 Milliarden Kronen. Das entspricht rund 16 Milliarden Euro. Es ist das größte Energieprojekt Tschechiens.
Doch auf österreichischer Seite wächst der Widerstand. "Europa beschreitet einen gefährlichen Irrweg, wenn es die Atomkraft als Zukunftstechnologie fördert. Wir müssen den Fokus noch stärker auf erneuerbare Energien legen", so Mikl-Leitner. Sie kündigt an, auf allen politischen Ebenen entschieden gegen den Ausbau zu kämpfen.