Muharrem S. soll in Schwadorf um 52 km/h zu schnell durch eine 70er-Zone gedüst sein.
NÖ/Samsun. Zugetragen haben soll sich die extreme Geschwindigkeitsübertretung am frühen Nachmittag des 26. März auf der B 10. Da blitzte die Radarpistole eines Polizisten oder eine mobile Radarstation ein Auto mit einem heimischen BL-Kennzeichen: Der Raser, der eine Strafverfügung über 350 Euro (ersatzweise 6 Tage Haft) bekam, muss also im Bezirk Bruck an der Leitha wohnen oder hier sein Auto angemeldet haben. Soweit die Vorgeschichte. Ein halbes Jahr später bekam Muharrem S. in Samsun an der Schwarzmeer-Küste in der Türkei unerwartet Post aus Österreich. Der Mann, der gegenüber türkischen Medien behauptet, noch nie in Europa, geschweige denn in Österreich gewesen zu sein, und auch kein Deutsch kann, dachte zuerst, ein Geldgeschenk bzw. eine Überweisung über 350 Euro bekommen zu haben.
Keine Visa-Einträge. Die Ernüchterung folgte, als S. sich das Behördenschreiben übersetzen ließ: „Erst da erfuhr ich, dass es sich um eine Verkehrsstrafe handelt“, sagt er zu der Zeitung Hürriyet. „Es war ein Schock. Für mich ist das nicht wenig Geld.“ 350 Euro sind 2.200 türkische Lira – das ist mehr als der Mindestlohn. Wiederholt betont der 48-Jährige, noch nie einen Fuß nach Österreich gesetzt zu haben – und zeigt den Reportern seinen Pass, wo sich keine entsprechenden Visa-Einträge finden.
Dass jemand ein Auto auf seinen Namen dort angemeldet habe, sei für ihn undenkbar: „Wenn man mir dieses Fahrzeug gibt, zahle ich die Strafe gerne.“ Ansonsten ist er ratlos, was er machen soll. Türkische Behörden rieten ihm zu zahlen, weil er sonst verhaftet werden würde, sollte er doch je in die EU einreisen. Vonseiten der für das Schreiben zuständigen Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha war am Wochenende niemand erreichbar.