Zwei Männer wegen Mordversuchs angeklagt, einer wegen absichtlich schwerer Körperverletzung.
Wegen einer brutalen Schlägerei vor einem Bordell in Krems sind am Mittwoch drei Angeklagte vor einem Schwurgericht gestanden. Zwei Männer im Alter von 31 und 48 Jahren mussten sich wegen Mordversuchs verantworten, ein 35-Jähriger wegen absichtlich schwerer Körperverletzung. Das Opfer lag nach der Attacke im Koma.
Die Rumänen waren laut der Staatsanwältin Mitglieder einer international agierenden Einbrecherbande. Im Laufe eines Bordellbesuchs in der Nacht auf den 26. Mai 2017 in Krems kam es zu Streitigkeiten. Kurz vor der Heimfahrt eskalierte die Situation.
"Unglaubliche Aggressivität"
Die Angeklagten sollen das Opfer aus dem Etablissement auf den Parkplatz gezerrt haben. Der Mann soll laut Staatsanwaltschaft festgehalten, mit Fäusten geschlagen und getreten worden sein. Als er bewusstlos am Boden lag, sollen ihm zwei Beschuldigte zahlreiche Faustschläge und Fußtritte gegen Oberkörper, Bauch und Kopf versetzt haben. Eine beim Prozess vorgeführte Videoaufnahme vom Parkplatz des Lokals zeigte die Prügelei am 26. Mai gegen 6.00 Uhr.
Die Beschuldigten seien "mit einer unglaublichen Aggressivität" vorgegangen, das Opfer sei beinahe zu Tode geprügelt worden, erklärte die Staatsanwältin. Der 35-Jährige habe die Mitangeklagten zurückgehalten, das habe aber nichts genutzt. Die anderen beiden machten laut Staatsanwältin mit "erschreckender Verbissenheit" weiter.
Opfer lag im Koma
Der Mann erlitt unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma, mehrere Brüche, Prellungen und Rissquetschwunden und lag danach im Koma. Er habe den Angriff "wie durch ein Wunder überlebt" und keine schweren Dauerfolgen davongetragen, sagte die Vertreterin der Anklagebehörde. Der "hervorragenden Polizeiarbeit" sei es zu verdanken, dass die Verdächtigen ausgeforscht wurden.
Der 35-Jährige bekannte sich schuldig zu der ihm angelasteten absichtlich schweren Körperverletzung. "In erster Linie will ich mich entschuldigen", sagte er in seiner Einvernahme. Die beiden wegen Mordversuchs angeklagten Männer bekannten sich laut Angaben ihrer Verteidiger zu diesem Vorwurf nicht schuldig, sie gaben nur Körperverletzung zu. Die Rechtsbeistände erklärten, ihre Mandanten hätten keinen Tötungsvorsatz gehabt.
"Verletzen, aber nicht töten"
Zum Auslöser für die Prügelei hieß es vonseiten der Verteidigung, das spätere Opfer habe eine Begleiterin, die mit den Männern ins Lokal gekommen war, "schäbig behandelt" und sei aggressiv geworden. Sein Mandant habe immer wieder von dem Mann abgelassen, bevor wieder ein Angriff folgte, erklärte der Rechtsbeistand des 48-Jährigen: "Er wollte das Opfer verletzen, aber nicht töten."
Das Trio war heuer im Jänner in Krems gemeinsam mit anderen Angeklagten wegen Einbruchsdiebstählen vor Gericht gestanden. Der 35-Jährige erhielt rechtskräftig vier Jahre Haft wegen schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung. Die Urteile gegen die beiden anderen Männer sind nicht rechtskräftig.
"Er hätte sterben können"
"Er hätte sterben können", meinte der 35-jährige Beschuldigte auf Richterfrage zu möglichen Folgen für den damals 30-Jährigen, der im Mai 2017 vor einem Bordell in Krems brutal zusammengeschlagen worden war. Die wegen Mordversuchs angeklagten Männer im Alter von 31 und 48 Jahren gaben am Mittwoch im Geschworenenprozess an, sich nicht genau an den Vorfall erinnern zu können.
Der Rumäne wurde aus dem Club hinausgezerrt und mit dem Kopf gegen ein Garagentor geschleudert. Als das Opfer mit Fußtritten gegen den Schädel attackiert wurde, sei es bewusstlos geworden, sagte der 35-Jährige. Er und eine Frau hätten geschrien: "Aufhören, ihr werdet ihn sonst töten!" Doch "sie haben nicht aufgehört und weiter auf ihn eingeschlagen", so der Rumäne laut Übersetzung des Dolmetschers. Er habe den 31-Jährigen weggezerrt, dieser habe ihn aber zurückgestoßen. Erst als er rief, dass die Polizei käme, ließen die anderen beiden seinen Angaben zufolge von ihrem Opfer ab.
Schuldbekenntnis
Der 31-Jährige und der 48-Jährige bekannten sich in ihren Einvernahmen schuldig. Sie erklärten, es tue ihnen leid, den Mann verletzt zu haben - umbringen wollten sie ihn aber nicht. An Details der Attacke konnten sie sich nicht erinnern. "Ich habe nicht gewusst, dass er sich nicht mehr rührt", meinte der ältere der beiden.
Das nun vor Gericht stehende Trio hatte an jenem Tag zuerst einen Club in St. Pölten besucht, dann fuhr es gemeinsam mit zwei Begleiterinnen - mit einem Zwischenstopp an einer Tankstelle, um Alkohol zu kaufen - in das Lokal nach Krems. Dort habe das spätere Opfer die Gruppe provoziert und sei handgreiflich geworden, meinten die Rumänen.
"Filmriss"
Der 48-Jährige schilderte etwa, der Mann habe ihm einen Faustschlag versetzt, so dass er zu Boden gegangen und bewusstlos gewesen sei. Als er wieder zu sich kam, habe der 30-Jährige ihn am Hals umklammert, geschlagen und getreten. Der 31-Jährige sprach von einem "Filmriss", weil er in dieser Nacht Drogen und "eine enorme Menge" Alkohol konsumiert habe. Zur Videoaufnahme meinte der jüngste der Beschuldigten: "Ich habe mich erkannt, aber mein Verhalten nicht. Ich geniere mich dafür."
Das Opfer berichtete im Zeugenstand, es habe bei einem Besuch in dem Kremser Etablissement mit einer der Begleiterinnen des Trios geredet, weil sie eine Bekannte von ihm sei. Weil er sich einmischte, als die drei Angeklagten einen anderen schlagen wollten, seien sie auf ihn losgegangen, sagte der mittlerweile 31-jährige Rumäne. Ihm sei in dem Club mit einer Whiskyflasche auf den Kopf geschlagen worden, dann sei er hinausgebracht worden. An die Schläge und Tritte auf dem Parkplatz fehlte ihm die Erinnerung.
Autoscheibe eingeschlagen
Nach dem Angriff, bei dem das Opfer schwer verletzt wurde, fuhren die Angeklagten mit dem Auto nach St. Pölten. Der 35-Jährige berichtete, der 31-Jährige sei wütend gewesen, weil er ihn zurückgehalten hatte, und habe eine Autoscheibe eingeschlagen und ein Handy zertrümmert. Außerdem habe ihn der 31-Jährige mit einem Messer bedroht. Auch daran konnte sich der Beschuldigte nicht erinnern.
Der Prozess sollte nach einer Pause um 15.00 Uhr fortgesetzt werden. Neben einem Sachverständigengutachten waren weitere Zeugeneinvernahmen geplant.