Angaben des Polizisten, der die Todesschüsse auf den 14-jährigen mutmaßlichen Einbrecher abgegeben hat, "in Widerspruch zu objektiv festgestellten Spuren".
Im Fall des Anfang August in einem Kremser Supermarkt von der Polizei erschossenen 14-jährigen mutmaßlichen Einbrechers will die Staatsanwaltschaft Korneuburg den Schützen noch einmal einvernehmen. Das kündigte Behördenleiter Karl Schober an. Die Anfang der Woche vorgelegten Gutachten zum Tatablauf hatten massive Widersprüche zu den Angaben des Beamten zutage gefördert.
Vor allem das Gutachten des Schießsachverständigen Ingo Wieser belastet den männlichen Beamten massiv. Dieser hatte erklärt, aus einer Entfernung von vier bis fünf Metern kniend auf die Füße des 14-Jährigen gezielt zu haben.
Beamter schoss aus geringer Entfernung
Gemäß den Feststellungen
des Ballistikers dürfte der Mann aber im Stehen aus einer Entfernung von 1,8
bis zwei Metern geschossen haben. Die Darstellung des Beamten zu seiner
Schussabgabe "steht in Widerspruch zu objektiv festgestellten Spuren", heißt
es in Wiesers Gutachten wörtlich.
Das Projektil drang dem Jugendlichen unterhalb des linken Schulterblatts in den Rücken. Er hatte keine Überlebenschance.
Dreimal abgedrückt
Insgesamt hatten die Beamten dreimal
abgedrückt. Die Polizistin gab zunächst einen Warnschuss ab, dann feuerte
ihr Kollege auf den 14-Jährigen, während sie noch einmal auf dessen
mittlerweile 17-jährigen mutmaßlichen Komplizen schoss. Die Burschen sollen
angeblich Anstalten gemacht haben, mit einer Gartenharke bzw. einem
Schraubenzieher auf die Uniformierten loszugehen.
Die von den Beamten behauptete Notwehrversion erscheint allerdings auch insofern fraglich, als der Ballistiker feststellte, dass zum Zeitpunkt der Schussabgabe zwischen dem 17-Jährigen und der Polizistin bereits eine Entfernung von sieben Metern bestand. Der Bursch dürfte somit bereits im Begriff gewesen sein, den Raum zu verlassen, was zu seiner Verantwortung passen würde, er habe angesichts der Polizei die Flucht ergriffen.
Werkzeug "in Körpernähe" des Jugendlichen
Unterdessen
berichtet der ORF NÖ, die Burschen könnten die Harke bzw. den
Schrauberzieher am Ende möglicherweise gar nicht mehr in der Hand gehabt
haben. Darauf angesprochen, stellte der Leiter der Korneuburger
Staatsanwaltschaft fest, beim umgekommenen 14-Jährigen habe sich ein
Werkzeug "in Körpernähe" des Jugendlichen befunden.
Er könne nicht sagen, ob jener dieses unmittelbar vor der Schussabgabe eingesteckt hatte oder nicht, so Schober. Dasselbe gelte für den 17-Jährigen. Laut ORF sollen Harke und Schraubenzieher beim Auffinden der Jugendlichen in einer Pullovertasche bzw. unter einer Jacke entdeckt worden sein.
Das Landespolizeikommando Niederösterreich sieht nach Bekanntwerden der die Beamten belastenden Gutachten "derzeit keinen Handlungsbedarf". Wie Oberstleutnant Roland Scherscher erklärte, versehen der Beamte, der den tödlichen Schuss abgeben hat, und seine Kollegin bis auf weiteres Dienst.
Polizisten verrichten Innendienst
Die beiden wurden laut
Scherscher bereits unmittelbar nach dem tödlichen Zwischenfall von ihrem
bisherigen Einsatzort Krems abgezogen und verrichten seither Innendienst.
Nach wie vor werden sie "fallweise und bei Bedarf" psychologisch betreut,
sagte der Behördensprecher.