Dokumentation

Krems sucht "Spuren der NS-Zwangsarbeit"

Mithilfe privater Quellen möchte ein neues Forschungsprojekt an der Universität für Weiterbildung Krems bisher wenig bekannte Aspekte der NS-Zwangsarbeit in Niederösterreich erforschen. Bürger werden dazu aufgerufen sich zu melden. 

Während des Zweiten Weltkriegs mussten im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten Millionen Menschen Zwangsarbeit leisten. Auch in Niederösterreich wurden Kriegsgefangene, ungarisch-jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie andere zivile Arbeitskräfte in Landwirtschaft, Industrie, Infrastrukturprojekten und privaten Haushalten eingesetzt.

Trotz bestehender Forschungsarbeiten seien jedoch viele regionale Ausprägungen und individuelle Erfahrungen bis heute kaum dokumentiert, heißt es von der Universität für Weiterbildung Krems. Unter dem Titel "Connecting Memories – Erforschen, Bewahren, Teilen. Zwangsarbeit in Niederösterreich“ werden nun Bürger dazu aufgerufen Dokumente, Fotos und Erinnerungen mit dem Forschungsteam zu teilen.

Digitale Plattform als Sammelstelle

Denn viele Spuren dieser Zeit würden sich in privaten Archiven von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern oder deren Nachkommen befinden. Erstmals sollen diese Materialien in größerem Umfang zugänglich gemacht werden. Dazu wird eine digitale Plattform aufgebaut auf der Dokumente, Fotos und Erinnerungserzählungen gesammelt, gesichert und wissenschaftlich erschlossen werden können. 

Auch KI-gestützte Verfahren zur Texterkennung sollen zum Einsatz kommen, um historische Quellen leichter in verschiedenen Sprachen zugänglich zu machen. "Uns interessiert nicht nur, wie sich unterschiedliche Formen des Erinnerns und Forschens miteinander verbinden lassen, sondern auch, wie diese gewaltvolle Vergangenheit dialogisch erinnert und bearbeitet werden kann“, erläutern die Projektleiterinnen Edith Blaschitz und Eva Mayr von der Universität für Weiterbildung Krems. 

Persönliche Erinnerungen gesucht

"Persönliche Erinnerungen bieten der historischen Forschung Informationen zu Ereignissen und Erfahrungen, die nicht in behördlichen Dokumenten zu finden sind. Diese Öffnung für in den Familien bewahrte Gedächtnisschätze, über nationale, religiöse und politische Grenzen hinweg, machen dieses Projekt so besonders wertvoll“, so Martha Keil, die wissenschaftliche Leiterin des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs, gegenüber noe.orf.at.

Von 2025 bis 2028 wird das von der Universität für Weiterbildung Krems, dem Institut für jüdische Geschichte Österreichs (INJOEST) und dem Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) betreut. Beratend ergänzt wird das Projekt durch einen wissenschaftlichen Beirat, in dem unter anderem das Belgische Staatsarchiv und die internationale Holocaustgedenkstätte Yad Vashem vertreten sind. In einem ersten Schritt will sich das Projekt nun der ungarisch-jüdischen Zwangsarbeit in Niederösterreich sowie den Arbeitseinsätzen aus dem Kriegsgefangenenlager Stalag XVII B in Krems-Gneixendorf widmen.

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