Urteil rechtskräftig

Urteil: Neonazi muss sich SS-Tattoo entfernen lassen

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Angeklagter zu Verstößen gegen Verbotsgesetz geständig.

Wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz ist ein 19-Jähriger am Donnerstag in St. Pölten vor einem Schwurgericht gestanden. Der Angeklagte hatte sich Nazi-Symbole tätowieren lassen. Weiters gab er zu, einschlägige Bilder auf Facebook und über WhatsApp gepostet und mehrmals den Hitlergruß gezeigt zu haben. Der junge Mann wurde rechtskräftig zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt.

Der 19-Jährige "hat seinen Körper als Werbefläche für die braune Sache zur Verfügung gestellt", sagte Staatsanwalt Leopold Bien. Der Angeklagte trägt seit Sommer 2017 ein "SS"-Tattoo auf dem Hinterkopf. Auf den linken Unterschenkel hatte er sich - laut eigenen Angaben ebenfalls in Tschechien - ein Eisernes Kreuz, umrandet von "18" (für Adolf Hitler) und "88" (für Heil Hitler), stechen lassen. Die Tattoos soll er öffentlich zur Schau getragen und auch Fotos davon gepostet haben. Die Symbole waren am Donnerstag von einem Verband bzw. einer Haube - die er auf der Anklagebank abnahm - verdeckt.

Zahlreiche Nazi-Postings auf Facebook-Profilseite

Der junge Mann gab die ihm angelasteten, zahlreichen Postings auf seiner Facebook-Profilseite und in einer WhatsApp-Gruppe mit dem Namen "Die Österreicher" zu - darunter Bilder von Adolf Hitler, Hakenkreuzen, Ostereiern mit SS-Runen und Hakenkreuz-Bemalung und eine Fotomontage des Wiener Riesenrades in Form eines Hakenkreuzes. Ebenfalls vorgeworfen wurde ihm ein gepostetes Sujet eines Schnitzels in Hakenkreuz-Form mit dem Kommentar "Österreicher wählen eben so, wie sie es vom Schnitzel kennen: möglichst flach und schön braun", das der Angeklagte laut Staatsanwalt wörtlich und nicht als Satire meinte.
 
Die Verteidigerin berichtete von einer schwierigen Kindheit ihres Mandanten, der im Heim aufwuchs. Er hatte die Sonderschule besucht und anschließend eine Lehre gemacht. "Ich habe die falschen Freunde kennengelernt", erzählte er zu seiner Jugend. Mit 14 Jahren hatte der Beschuldigte laut seiner Aussage erstmals Hakenkreuzfahnen und ein T-Shirt mit einem Reichsadler gekauft sowie ausgedruckte Nazi-Symbole in seinem Zimmer aufgehängt.
 
Die Vorwürfe bezogen sich auf den Zeitraum von August 2017 bis Februar 2018. Seit vergangenem Sommer sei für den Angeklagten vieles falsch gelaufen, meinte seine Verteidigerin - er habe weder Arbeit noch Wohnung gehabt und sein Vater sei gestorben. "Er hat Schritte gesetzt, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen", bat sie im Schlussplädoyer um ein mildes Urteil. Der 19-Jährige habe mittlerweile wieder eine Wohnung, suche Arbeit und wolle sich um das gemeinsame Kind kümmern, das seine Ex-Freundin in einigen Monaten zur Welt bringen wird.

Verfassungsschutz lässt ihn festnehmen

Nach zwei Hinweisen an das Landesamt für Verfassungsschutz wegen des "SS"-Tattoos in den Vormonaten war der 19-Jährige heuer im Februar nach einer Anzeige festgenommen worden. Passanten hatten beobachtet, wie der junge Mann beim Bahnhof St. Pölten die rechte Hand zum Hitlergruß erhoben und zwei Finger an die Oberlippe gehalten hatte, um einen Hitlerbart zu symbolisieren. In Folge war eine Hausdurchsuchung durchgeführt und sein Handy ausgewertet worden. Der Niederösterreicher saß drei Wochen lang in U-Haft. Er wurde u.a. unter der Auflage freigelassen, sich die Tattoos bis 1. Juli entfernen bzw. überstechen zu lassen - was er allerdings bis jetzt nicht getan hat. Dies begründete der 19-Jährige damit, dass er keinen Termin in einem Tattoo-Studio bekommen habe.
 
Der Angeklagte wurde nach Paragraf 3g Verbotsgesetz schuldig gesprochen. Bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren zählten als Milderungsgründe die Unbescholtenheit, das Geständnis und die Tatsache, dass der Angeklagte junger Erwachsener ist. Erschwerend war das Zusammentreffen von 39 Verbrechen. Für die Dauer der Probezeit von drei Jahren wurde Bewährungshilfe angeordnet. Weiters wurde erneut eine Weisung erteilt: "Bis Ende des Jahres müssen diese Tattoos entfernt oder so überstochen werden, dass man das nicht mehr erkennt", sagte der vorsitzende Richter Markus Grünberger. "Das Urteil soll Sie davon abhalten, dass Sie wieder straffällig werden."
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