Bahnhof Wien-Mitte

Passagiere erbost: "Des is' a Sauerei!"

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Die Gleissperren nach Einsturzgefahr sorgen für Verwirrung bei ÖBB und Passagieren.

"Des is' a Sauerei!" Aussagen wie diese zählten am Freitagvormittag noch zum Freundlicheren, was die beiden Mitarbeiter der ÖBB-Security am Bahnsteig des Bahnhofs Wien-Mitte zu hören bekamen.

Gleissperren seit Donnerstag
Seit Donnerstagnachmittag war an dem Verkehrsknotenpunkt wegen mehrerer Gleissperren alles anders, und das sollte das Duo ratlosen Passagieren kommunizieren. Doch es scheiterte teils daran, dass man ihnen zwar Gilets mit der Aufschrift "ÖBB-Information" umgehängt, aber offensichtlich vergessen hatte, sie selbst mit ausreichend Nachrichten über den stark improvisierten Fahrplan zu versorgen.

"Ah halt, das haben sie gerade geändert"
So standen die beiden wie die Passagiere vor dem Monitor und versuchten, ebendiese über Ankunfts- und Abfahrtszeiten bzw. -gleise auf dem Laufenden zu halten. Was nur zum Teil gelang: "Entschuldigen sie bitte, wann fährt denn der nächste Zug Richtung Norden über Floridsdorf hinaus?", wollte eine ältere Dame wissen. "Das ist die S-Bahn nach Gänserndorf von Gleis 1. Ah halt, das haben sie gerade geändert, der fährt jetzt von Gleis 4", lautete eine typische Auskunft der bedauernswerten Securitys.

Anzeigetafeln mit falscher Information
Selbst für regelmäßige ÖBB-Kunden war es so schwer, den Überblick zu bewahren: Züge in Richtung Norden fahren normalerweise am Bahnhof Wien-Mitte nie von Gleis 4 ab. Zusätzlich verkompliziert wurde die Situation dadurch, dass die Anzeigentafeln nicht mit dem tatsächlichen Verkehrsgeschehen übereinstimmten. So war für 10.37 Uhr ein Zug nach Floridsdorf auf Gleis 1 avisiert. Doch kurz zuvor fuhr nicht angeschriebenerweise eine Wiesel-Garnitur nach Meidling ein.

"I woa selber 40 Joahr bei der ÖBB, oba sowos hots bei mir net gebn", meinte ein etwas älterer Herr erbost. "Geh regts eich net auf, des is jo a Kasperltheater", erwiderte ein anderer Fahrgast. "Das ist schlecht organisiert", meinte der Ex-ÖBB-Mitarbeiter später etwas ruhiger. "Sie fragen die Informanten, die sagen, der fahrt nach Floridsdorf, dabei fahrt der noch Meidling!

"Brauchst di net fiachtn, I beiß die net"
Ein anderer Fahrgast dürfte in seinem Grimm noch weiter gegangen sein: Am Bahnsteig habe er trotz Verbots geraucht, andere ÖBB-Kunden und zuletzt auch die Security-Mitarbeiter selbst attackiert, erzählte einer von diesen. Von Verbalinjurien ganz zu schweigen. Doch auch dieses Mütchen kühlte sich ab: "Brauchst di eh net fiachtn", meinte er etwas später zu einem der ÖBB-Informationsbeauftragten. "I beiß di eh net."

Wesentlich ärger war es noch am Donnerstagabend, wie die 13-jährige Jacqueline L. erzählte. "Ich wollte von Floridsdorf nach Fischamend nach Hause fahren." Sie habe aber vom Norden Wiens nicht wegfahren können. "Ich habe Angst gehabt, dass ich nicht mehr heimkomme." Die Mutter einer Freundin, die in Simmering arbeitete, habe sie schließlich im Auto aufgenommen und nach Hause gebracht.

Eine weitere regelmäßige Bahnkundin nahm die Verspätung gelassen: "Das ist kein Einzelfall bei der ÖBB. Die Verspätungen gibt's immer wieder", sagte sie."Ärgerlich, wenn man es eilig hat."

Sicherungsmaßnahmen ab Samstag
Mit den Sicherungsmaßnahmen am Bahnhof soll am Samstag begonnen werden. Das teilte die ARGE Wien Mitte am Freitag nach einer Sitzung der Statiker mit. In einer weiteren Zusammenkunft am Abend sollen die genauen Maßnahmen festgelegt werden. Die Arbeiten könnten am Sonntagabend fertiggestellt sein, sodass der Gleiskörper für Montag wieder komplett freigegeben werden könnte.

Auslöser der Behinderungen waren Betonierarbeiten an der Überbauung im Bereich des zukünftigen Einkaufszentrums. Es kam zu einer Senkung der Deckenschalung im Ausmaß von rund einem halben Meter. Die Sperre der darunterliegenden Gleise sei notwendig gewesen, weil durch den Schaden eine Veränderung des statischen Tragesystems eingetreten sei.

In zwei Sitzungen wollten die Statiker am Freitag festlegen, welche Maßnahmen zu treffen sind. Mit den Arbeiten wollten die Verantwortlichen am Samstag beginnen. Nach dem Abschluss am Sonntag soll in einer Begutachtung entschieden werden, ob die ÖBB den Gleiskörper wieder ungehindert benutzen können.
 

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