Sahara-Geiseln

Entführer erhöhen Druck auf Österreich

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ie neue Botschaft der Geiselnehmer ist laut Experten-Meinung keine Fälschung. Verhandlungen stocken.

Die neue Botschaft könnte brisanter nicht sein – zwar enthält sie kein Ultimatum, doch nun ist klar: Die Stellungnahme, die Montagabend unter anderem auf der Internetseite Al Hesbah aufgetaucht ist, ist echt und stammt von der Presseabteilung der Al Kaida im Islamischen Maghreb.

Keine Fälschung
Zu diesem Schluss kommt der deutsche Al-Kaida-Experte Yassin Musharbash, der das Schreiben genau analysiert hat. „Alles deutet darauf hin, dass der Text von der Al Kaida stammt: Fundort, Aufmachung und die verwendeten Formulierungen“, berichtet Musharbash gegenüber ÖSTERREICH. Es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass es sich um eine Fälschung handle (siehe Interview rechts).

Das Außenministerium gibt sich wie bisher bedeckt und sagt Folgendes: „Unsere Experten haben die Nachricht in der Zwischenzeit analysiert, ihre Schlussfolgerungen fließen in die Bemühungen um die Geiseln ein.“

Gute Nachricht
Tatsache ist: Für Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner beinhaltet die Erklärung eine gute und eine schlechte Nachricht. Indem die Entführer neue Forderungen formulieren, signalisieren sie Verhandlungsbereitschaft – wenn auch ohne Ultimatum. Wie berichtet, wird nun die Freilassung der beiden Wiener Terrorverdächtigen Mohamed M. und Mona S. verlangt sowie der „symbolische Abzug aus Afghanistan“. „Im Prinzip sind diese Forderungen eine gute Nachricht. Schließlich hätte statt der Botschaft auch ein Hinrichtungsvideo auftauchen können“, sagt Al-Kaida-Kenner Musharbash.

Stillstand
Die schlechte Nachricht: Offenbar sind die Verhandlungen – wie bereits berichtet – ins Stocken geraten, die Kidnapper bekunden der Weltöffentlichkeit ihren Unmut über Österreich: Die Regierung nehme sie nicht ernst, „Österreich hat versucht, sich durch Presseerklärungen seiner Verantwortung zu entziehen“. Außenministeriumssprecher Peter Launsky-Tieffenthal wird sogar als „Lügner“ bezeichnet.

ÖSTERREICH-exklusiv
Ähnlich hatte sich die Al-Kaida-nahe Globale Islamische Medienfront geäußert. Wie ÖSTERREICH exklusiv berichtete, teilte deren Sprecher sogar mit, die Regierung habe schon vor zwei Wochen Geld bezahlt – wodurch das dritte, „letzte“ Ultimatum zustande kam. Die neuen Forderungen konnte die GIMF hingegen nicht bestätigen: „Derartiges haben unsere Brüder nie erwähnt“, hieß es im Schreiben. Der Grund: Der neue Drohbrief war der GIMF zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt.

Gefährlich
Klar ist: Al Kaida versucht offenbar, über die Öffentlichkeit den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Dass die Entführer es ernst meinen, dürfte dem Krisenstab aber ohnehin bekannt sein. Das Terrornetzwerk Al Kaida im Islamischen Maghreb ist kampferprobt, die Veteranen der Organisation haben aktiv an Bürgerkriegen, Entführungen und Anschlägen teilgenommen. Dennoch: Experten gehen davon aus, dass eine Hinrichtung der Geiseln den Entführern wenig bringen würde. Musharbash: „Für einige Zeit ist es natürlich interessant, mit einer Geiselnahme Aufsehen zu erregen. Schluss­endlich ist Bargeld aber interessanter für die Entführer.“

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