Alles wieder offen!

So feierte Österreich den Tag der Freude

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55.000 Gastronomiebetriebe, Theater, Kinos, Fitnessstudios öffneten gestern nach sieben Monaten wieder ihre Türen.

Wien. Nach sieben Monaten ohne Lokale, Kultur, Sportbetriebe gingen die Türen dieser Grundpfeiler des so­zialen Lebens endlich wieder auf. Der 19. Mai 2021 war ein historischer Tag.

So feierte Österreich den Tag der Freude
© TZOe Raunig
× So feierte Österreich den Tag der Freude
Pumpe (Klagenfurt). Freude über das erste Bier.

Kurz, Kogler, Köstinger und Mayer im Schweizerhaus

Zeitdruck. Dessen waren sich die vielen Politiker bewusst, die den ersten Besuch in einem Gastronomiebetrieb in Szene setzten.

  • „Wir sind sehr froh, dass wir wieder die vielfältige Gastronomie in unserer Stadt genießen können“ – den Auftakt machte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, der in der Früh gemeinsam mit Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck dem traditionsreichen Café Frauenhuber in der City einen Besuch abstattete.

Ludwig
© APA/ROLAND SCHLAGER
× Ludwig
Freude bei Wiens Bürgermeister Ludwig zum Gastro-Start.
  • OÖ-Landeschef Thomas Stelzer genoss ein Croissant und einen Kaffee im Café Lichtblick in seiner Heimatgemeinde Wolfern: „So wie alle freue ich mich sehr über die Öffnungen.“
  • Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer zelebrieren um 13 Uhr die Öffnung der Gastronomie mit einem Mittagessen im Schweizerhaus im Wiener Prater. Samt Bier, Schnitzel und Stelzen (für Kogler „ein bisschen schwer“). Ein „Tag der Freude“, so Kurz – der Auftritt verlief aber nicht ohne Zwischenfälle. Insgesamt öffneten 55.000 Wirte im ganzen Land ihre Pforten.
  • Stars. Nicht nur Politiker nutzten den ersten Tag. Austropop-Legende Wolfgang Ambros gönnte sich ein Bier im Lokal und Andreas Gabalier widmete den Wirten gleich ein Lied.

Von Theater bis Kinos: Kultur startet durch

Kultur. Abgesehen von Achterln, Krügerln und Schnitzeln sollte das geistige Wohl nicht zu kurz kommen: Am Mittwoch starteten auch die Theater, die allein in Wien pro Jahr 2,3 Millionen Besucher hatten, Dazu kamen 142 Kinos und 770 Museen – Österreich ist auch nach dem halb­jährigen Lockdown Kulturnation ge­blieben.

Sport. Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker warf sich ins Stadionbad – 350 weitere Badeanstalten öffneten ebenfalls ihre Pforten. Aber nicht nur: 1.230 Fitnessstudios in Österreich wurden gestürmt.

Sturm auf 55.000 Wirtshäuser

Ein Rundblick in der Lokalszene zeigt, wie schmerzlich die Österreich ihre Wirte vermissten.

Gastroöffnung. Österreichs Lokale waren ab dem ersten Moment bestens besucht. Das vermutlich erste Lokal, das in Österreich aufgesperrt hat, war das bekannte Broadmoar im weststeirischen Oisitz.

Um Punkt fünf Uhr früh ließ Haubenkoch Johann Schmuck seine ersten Gäste ins Lokal. Schmuck: „Wir hätten die Plätze selbst um diese Uhrzeit mehrfach vergeben können. Die Menschen sind im wahrsten Sinne des Wortes hungrig auf die Gastro.“

„Sichtlich gerührt“. Ähnliche Szenen, nur etwas später im Schwarzen Kameel in der Wiener Innenstadt. „Wir sperren um 8 Uhr auf und da haben sich schon die ersten Tische gefüllt. Wir sind bis zu Sperrstunde um 22 Uhr ausreserviert“, so Inhaber Peter Friese zu ÖSTERREICH. Die Stimmung im Restaurant beschreibt er so: „Es sind viele unserer Gäste sichtlich gerührt, endlich wieder in ihr altes Leben eintauchen zu können.“

Schwarzes Kameel
© TZOe Artner
× Schwarzes Kameel
Tag der Öffnung im Schwarzen Kameel in der Wiener Innenstadt.

„Glücklich“. Keine Zeit zu verlieren hatten die Gäste im bekannten Bierlokal Pumpe in Klagenfurt. Dort floss schon von der Früh weg der Gerstensaft in Strömen. Lokalchef Mickey Schönhofer: „Die Mitarbeiter sind motiviert und unsere Gäste glücklich wie noch nie.“

»50 % der Gäste haben schon einen Impfpass«

Buchungslage. Berndt Querfeld, Betreiber des Café Landtmann; „Ich war überrascht, 50 Prozent der Gäste hatten schon einen Impfpass.“ Thomas Figlmüller von der berühmten Schnitzeldynastie: „Die Buchungslage ist schon sehr gut, aber es fehlen noch die Touristen.“

In Bad Ischl (OÖ) hat Marcus Hofbauer sein K. u. K. Hofbeisl aufgesperrt. Die Stimmung im Lokal beschreibt er als „überwältigend, ja euphorisch“.

»Herrlich, sich wieder bedienen lassen zu können«

ÖSTERREICH-Redakteurin Marlene Kovacs nutzte den ersten Tag der Öffnungen, um mit Freundinnen Geburtstag zu feiern.

So feierte Österreich den Tag der Freude
© Marlene Kovacs
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Mädelsrunde. Redakteurin Marlene Kovacs (2. von rechts).

Wien. Es ist schon ein etwas seltsames Gefühl, nach sieben Monaten wieder in einem Lokal zu sitzen und bestellen zu können. Wir haben uns jedenfalls extrem darauf gefreut. Ich traf meine Mädelsrunde gestern zu Mittag im Restaurant Wienerin im ersten Bezirk in Wien. Die Drei-G-Regel (geimpft, getestet, genesen) war schnell erfüllt, wir durften Platz nehmen.

Beef Tatar & Prosecco. Wir vier hatten zwei Geburtstagsfeiern nachzuholen, die aufgrund des Lockdowns ins Wasser fielen. Zu essen bestellten wir alle Speisen, die wir uns zu Hause nicht gemacht hätten. Wir haben uns ein Beef Tatar bestellt, das bekommen wir so nicht hin. Dazu haben wir uns eine Flasche Prosecco einschenken lassen. Es ist herrlich, sich endlich wieder einmal bedienen lassen zu können. Wir haben uns das verdient nach sieben Monaten Homeschooling und Homeoffice.

Gesellschaft. Die Stimmung im Lokal war angenehm ausgelassen: Man merkt genau, dass jeder hier die Gesellschaft anderer Menschen außerhalb der eigenen vier Wände genießt.

Kultur: 1. Konzert schon um 11 Uhr

Kultur in allen Facetten gab es am ersten Tag der Öffnung. Das Publikum jubelte.

Wien. Die Kunst lebt wieder auf nach 198 Tagen Corona-Pause. So lange waren Oper, Kabarett und Co. geschlossen. Aufatmen auch für die mehr als 100.000 Beschäftigten.

Freude. „Dass wir nun, nach mehr als sechs Monaten, wieder vor Publikum spielen können, ist für mich einfach unbeschreiblich schön“, freute sich Bogdan Roscic, Staatsopern­direktor bei seiner Ansprache. Das Opening begann hier um 17.00 Uhr mit Bundeskanzler Sebastian Kurz, Kulturminister Werner Kogler, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und Staatssekretärin Andrea Mayer. Eineinhalb Stunden später startete im weltberühmten Haus an der Wiener Ringstraße der richtige Betrieb mit der Premiere von Faust unter der Regie von Frank Castorf.

Nach Lockdown: Auch Herr Karl ist auferstanden

Highlight. Allerdings schon 7,5 Stunden zuvor gab es das erste kulturelle Highlight des Tages. Um 11.00 Uhr startete im Stadtsaal auf der Mariahilfer Straße der weltweit renommierte Perkussionist Manu Delago den Tag der vielen Konzerte. An der gleichen Location jubelten um 19.30 Uhr die Zuschauer Kabarett-Legende Lukas Resetarits mit seinem neuen Programm Das Letzte zu.

Die nächste Bühnen-Sensation präsentierte das ­Rabenhoftheater. Andreas ­Vitasek las Der Herr Karl von Helmut Qualtinger. Auch dieses Event ließ sich Staatssekretärin Mayer nicht ent­gehen.

Hits. Ein wahres Hitfeuerwerk gab es im Grazer Orpheum mit Josh. (Cordula Grün) und Alle Achtung ­(Marie). 300 Gäste waren beim Neustart hier dabei.

Im Laufe des Abends sperrten fast alle Bühnen wieder auf: vom Salzburger Schauspielhaus (Lamm Gottes) über das Linzer Landestheater (Flüstern in stehenden Zügen) bis zum Theater in der Josefstadt (Der Bockerer).

Sicherheit. Allen Veranstaltungen gleich waren die Sicherheitsvorkehrungen. Die Drei-G-Regel (geimpft, getestet oder genesen), der Abstand zu anderen Haushalten und die verminderte Kapazität (1.500 Personen indoor, doppelt so viele draußen).

Opernchef: »Unbeschreiblich schön«

ÖSTERREICH: Was hat Sie gestern am meisten bewegt?

Bogdan Roscic: Der Moment, als sich der Vorhang gehoben hat und der erste Ton aus dem Orchestergraben erklang, hat mir unendlich viel bedeutet. Abgesehen von der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war das Haus noch nie so lange geschlossen. Dass wir nun, nach mehr als sechs Monaten, wieder vor Publikum spielen können, ist für mich, aber auch für die gesamte Belegschaft, einfach unbeschreiblich schön.

ÖSTERREICH: Hat man eigentlich noch Chancen auf Karten für die Staatsoper?

Roscic: Es gibt Abende, die komplett ausverkauft sind, wie etwa Verdis Macbeth mit Anna Netrebko. Aber es gibt bis Ende der Spielzeit auch viele Vorstellungen, für die durchaus noch Karten verfügbar sind, etwa die neue Faust-Produktion in der Regie von Frank Castorf oder Carmen in der Regie von Calixto Bieito – eine echte Empfehlung! Prinzipiell kann man sagen, dass das große Inter­esse, die Sehnsucht nach der Wiederöffnung deutlich spürbar ist.

ÖSTERREICH: Wie laufen die Corona-Checks ab?

Roscic: Unser Publikumsdienst hat ja schon bisher die Tickets sowie, da diese personalisiert sind, auch die Ausweise der Besucherinnen und Besucher kontrolliert. Jetzt kommt noch die „3-G-Überprüfung“, also getestet, geimpft, genesen, dazu.

Fitness-Start gegen Corona-Speck

Manchen fehlte das Sporteln mehr als der Besuch beim Wirt. Jetzt geht es wieder los.

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John Harris: Betreiber merkt Andrang von Neukunden.

Wien. Laut ÖSTERREICH-Umfrage von Research ­Affairs wollen 10 % der Bevölkerung so bald wie möglich ein Fitnesscenter besuchen. Ein Anruf bei Ernst Minar, Betreiber der angesagten John-Harris-Studios belegt den Andrang: „Es ist fast wie vor Corona, wir haben sogar viele Neuanmeldungen“, sagt er. Und dann: „Man merkt, dass die Fitness gelitten hat, viele haben zugenommen und klagen über Rückenschmerzen, unsere Physiotherapeuten sind ausgebucht.“

Es gilt Registrierungs- und Masken-Pflicht

Abstand. 1.230 Fitnessstudios gibt es in Österreich. Voraussetzung für den Besuch: Man muss sich vorab registrieren. Es gilt – wie fast überall – die 3-G-­Regel.

Darüber hinaus gilt Maskenpflicht in Allgemeinbereichen und es braucht 20 Quadratmeter pro Person. 

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