Der Verein gegen Tierfabriken (VgT) hat am Mittwoch - nach einem Fall Mitte Dezember 2022 - erschreckende Bilder vom Umgang mit Hühnern in zwei südoststeirischen Mastbetrieben veröffentlicht.
Allerdings sind die Bilder und Videos nicht ganz neu, sie stammen vom August/September 2022 wie jene aus dem bisher bekannten Betrieb. Diese hatten für Empörung gesorgt. Die "Betriebe 2 und 3" wurden angezeigt. Der VgT forderte Verbesserungen gemäß der Europäischen Masthuhn-Initiative.
Die Fotos und Videos zeigen regungslose Hühner, die unter der Last ihres angemästeten Fleisches weitgehend bewegungsunfähig sind. Ein Arbeiter jagt und erschlägt mit einem Stock ein Huhn, das nach dem sogenannten "Ausstallen" (der Abtransport zur Schlachtung, Anm.) übriggebleiben ist. Kleine, schwache Tiere werden zertreten, einem wird der Hals umgedreht, wie die Bilder zeigten.
David Richter vom VgT sagte am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Graz, der Mitte Dezember angezeigte Betrieb sei kein Einzelfall, wie das Bildmaterial aus zwei weiteren Betrieben belege. "Tierleid ist dort Routine. Es handelt sich um bewegungslose Hühner, überzüchtet, mit Augenleiden, die keine Hilfe bekommen", so Richter zu den Bildern vom August/September 2022. Die beiden Betriebe seien bereits angezeigt worden. Es handle sich in einem Fall um rund 40.000 Tiere in einer Halle. "Solche Einblicke bekommt man nur, wenn eine Kamera drinnen hängt", sagte Richter. Er sprach von einer überraschend starken Resonanz auf die ersten Berichte vom Dezember. "Das zeigt die Bedeutung des Themas, es war wahrscheinlich noch nicht viel Wissen da".
Betrieb Nummer drei sei ein Objekt mit vier Hallen und rund 60.000 Tieren. Dort herrsche illegales Dauerlicht, um rasch einen höheren Masterfolg zu erzielen, sagte der Aktivist. Das Problem sei einfach festzumachen: "Tierleid entsteht durch Qualzuchtrassen und den gewaltsamen Umgang - das sind Probleme in allen drei Betrieben", erklärte Richter.
"Ausfall" Hunderter Tiere einkalkuliert
VgT-Aktivistin Denise Kubala sieht eine mögliche Lösung der Probleme in der Erfüllung der Forderungen der Europäische Masthuhn-Initiative. Diese umfasse den Umstieg auf langsamer wachsende Rassen wie Hubbard Redbro oder JA757 und eine geringere Besatzdichte in den Betrieben. In Österreich liege man bei 30 Kilogramm Huhn pro Quadratmeter, in der EU seien es 33 bis 42 Kilogramm. Die EU müsste auf den österreichischen Standard kommen, wenngleich man meine, dass Tierschutzprobleme schon bei 25 Kilo pro Quadratmeter beginnen würden. Die Hühner hätten zu wenig Bewegung und auch nicht genug Einstreu zum Picken und Stangen zum Sitzen. Dazu komme, dass es in den Ställen kein natürliches Licht gebe, also auch weniger Ruhephasen und somit Dauerstress.
Laut Kubala sei der "Ausfall" Hunderter Tiere einkalkuliert. "Es ist ganz klar Qualzucht und die ist verboten". Viele Tiere litten an Bauchwassersucht und Herzrhythmusstörungen, manche verenden durch plötzlichen Herztod.
Ein Lösungsansatz wäre ein Abkommen zwischen NGOs und Unternehmen der Lebensmittelbranche, ungeachtet des Produktionslandes, sagte Kubala. Dies würde Stroheinstreu und erhöhte Sitzstangen vorsehen, mindestens 50 Lux Beleuchtung plus Fenster im Objekt und eine maximale Besatzdichte von 30 Kilogramm pro Quadratmeter. In Österreich würde der Standard gleich bleiben, in der EU müsste es zu einer Reduktion kommen. Man appelliere an die Handelskonzerne - genannt wurde im speziellen Lidl - die Europäische Masthuhn-Initiative bis 2026 umzusetzen. "Die Mindestanforderungen sollen gesteigert werden, da sind wir auf den Handel angewiesen", sagte Kubala.
Laut Richter gebe es Gespräche mit der AMA, die am Dienstag eine Verstärkung der unangekündigten Kontrollen versprochen habe. Es gehe auch um die Kennzeichnung im Handel. Laut Richter hätten sich Tierärzte bei den Aktivisten bedankt, dass sie die Missstände öffentlich gemacht hatten. "Wir bekommen auch viele Rückmeldungen von Nachbarn von solchen Betrieben, und aus der Branche überraschend positive Rückmeldungen", sagte der Aktivist.
Seitens der Dachorganisation der österreichischen Geflügelwirtschaft hieß es, man verurteile die aufgezeigten Verstöße gegen das Tierschutzrecht scharf. Die Nichteinhaltung der tierschutzrechtlich vorgeschriebenen Ruhephase durch "Dauerlicht" sei klar abzulehnen und entspreche nicht den Branchenstandards. Auch die im Rahmen eines der heute veröffentlichten Videos gezeigte Nottötung eines Masthuhns sei nicht vorschriftskonform durchgeführt worden. Zwar seien Nottötungen am Hof in bestimmten Fällen vorgeschrieben (um kranken Tieren Qualen zu ersparen), die vorherige Betäubung habe in solchen Fällen allerdings fachgemäß zu erfolgen. Die aufgezeigten Missstände seien bereits im Vorjahr abgestellt worden.
Laut der Dachorganisation sei es umgehend zu unangemeldeten Kontrollen seitens der zuständigen Amtstierärzte sowie der AMA-Marketing gekommen. Alle diese Untersuchungen hätten ungeachtet einzelner Regelverstöße keine Hinweise auf systematische Verletzungen von tierschutzrechtlichen Vorschriften ergeben. Darüber hinaus seien in den vergangenen beiden Wochen zusätzlich 20 Betriebe durch unangekündigte Spot-Audits überprüft worden, bei denen keine relevanten Abweichungen oder Verfehlungen bei der Tierhaltung festgestellt werden konnten. Weitere Kontrollen finden in den nächsten Wochen statt. Aufhorchen ließ man mit der Aussage, man zeige sich offen für die geforderte Zucht langsam wachsender Hühnerrassen.