Die im Jahr 2010 bekannt gewordenen Missbrauchsfälle im Mädchenheim Martinsbühel beschäftigen weiter die Tiroler Landespolitik.
Da der Orden, der das Heim bis 2008 geführt hatte, offenbar eine tiefergehende Aufklärung hintanhält, macht das Land nun Druck und installiert eine Dreierkommission.
An die Benediktinerinnen appelliert man, mitzuarbeiten. Der Kommission sollen Vertreter des Landes, der Diözese Innsbruck sowie des Ordens angehören. "Wir wollen eine breite Aufklärung - und zwar mit dem Orden. Die Gesellschaft erwartet sich das - und die Tiroler Landesregierung auch", sagte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz nach der Regierungssitzung. Es dürfe kein "Ping-Pong-Spiel" zwischen den Institutionen geben. Der Landeshauptmann erinnerte daran, dass Wiedergutmachung in Form von Entschädigungszahlungen geleistet worden sei und bereits vor Jahren eine Opferschutzkommission Untersuchungen zu den Vorfällen durchgeführt habe.
Martinsbühel war keine Fürsorgeeinrichtung des Landes, doch das Land hat Mädchen dorthin zugewiesen. Zugleich erfolgten gerichtliche Zuweisungen. Die Aufsicht hatten die Unterrichtsbehörden.
Zuletzt hatte der Historiker Horst Schreiber beklagt, dass der Orden nach wie vor keinen Zugang zu Archiven und Akten gestatte und so die Aufarbeitung verhindere. Nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe im Jahr 2010 hatten sich rund 100 ehemalige Heimkinder von Martinsbühel an die Ombudsstelle der Diözese Innsbruck gewandt. Die Berichte wurden an die diözesane Kommission und in weiterer Folge an die von der römisch-katholischen Kirche beauftragte Opferschutzanwaltschaft, kurz Klasnic-Kommission, weitergeleitet.
In einer Online-Petition mit 2.500 Unterschriften wurde zuletzt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gefordert. Diesen wird es allerdings nicht geben. Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) versicherte aber, dass man auch von landespolitischer Seite Maßnahmen ergreifen und "Lehren ziehen" werde, damit "so etwas nie mehr passiert".