Urteil im Prozess

Todesschuss in Visitenkarten-Druckerei war Mord: 15 Jahre Haft

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Der Prozess um einen tödlichen Schuss im Zuge eines missglückten Geldgeschäfts in einer Wiener Druckerei in Simmering ist am Mittwochabend am Straflandesgericht mit einem Schuldspruch wegen Mordes zu Ende gegangen.

Wien. Der 35-jährige Iraner Yusof A., der bei einer Überweisung für einen Landsmann 7.000 Euro unterschlagen und, als dieser das Geld zurückverlangt hat, den Mann erschossen haben soll, wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Die Geschworenen entschieden in ihrer zweistündigen Beratung mit 6:2 Stimmen für das Verbrechen des Mordes und gegen eine grob fahrlässige Tötung. Mildernd wurde die Unbescholtenheit des Mandanten gewertet. Der hinterbliebenen Witwe des Erschossenen Mojtaba B. wurden mehr als 23.000 Euro Schmerzengeld sowie Begräbniskosten zugesprochen.

Streit um Tathergang

Auch am zweiten Verhandlungstag stand vor allem die Frage im Raum, wie es zu dem tödlichen Schuss gekommen ist. Die Staatsanwältin sprach von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt. Der von den Kanzleien Astrid Wagner und Michael Dohr vertretene Angeklagte argumentierte jedoch, zuerst mit der Waffe bedroht worden zu sein und sich lediglich gewehrt zu haben. Bei einem Gerangel mit dem 38-jährigen Widersacher hätte sich der Schuss gelöst. Der hoch verschuldete Geschäftsmann bekannte sich weiterhin nicht schuldig.

Iraner erschossen Simmering
© APA/DOMINIK MANDL
× Iraner erschossen Simmering

Die einzige Zeugin und Ehefrau des Getöteten berichtete dem Schwurgericht, der Mörder ihre Mannes hätte einen Betrag in der Höhe von 33.000 Euro von dem Ehepaar annehmen sollen, der für den Bruder des Opfers im Iran gedacht war. Dazu hätte die Familie des 35-Jährigen wiederum im Iran diesen Betrag an den Bruder weiterleiten müssen. Aufgrund des weltweiten Embargos gegen den Iran sind Auslandsüberweisungen auf offiziellem Weg nicht möglich.

Der Angeklagte Yusof A. behauptete genau das Gegenteil, nämlich dass nicht die beiden, sondern er über das Ehepaar Geld in den Iran hätte schicken wollen, um in sein Geschäft in Wien zu investieren. Seinen Angaben zufolge hätte das Ehepaar ihm 100.000 Euro zur Verfügung stellen sollen, diese verfügten aber nur über die 33.000 Euro. Daher der ganze Stress und der Streit.

"Ich war voll Blut"

Laut Aussagen der Ehefrau habe der Druckereibesitzer nach der Waffe gegriffen, gelächelt und auf den 38-Jährigen gezielt haben. Dann fiel der Schuss. "Ich war voll Blut und ich wusste nicht, wie das passiert ist", sagte die Perserin, deren Befragung unterbrochen werden musste. Der 35-Jährige hätte sie noch gepackt und wollte sie in das Hinterzimmer schleifen. "Ich hatte keine Kontrolle mehr über meine Füße. Ich war wie erstarrt", sagte die Frau. Sie ergriff noch eine Visitenkartenstanze und schlug sie dem 35-Jährigen auf den Kopf. Erst als eine Passantin durch die Scheibe blickte, ließ er von ihr ab und flüchtete. Die Ehefrau rannte in blutverschmierter Kleidung auf die Straße und schrie um Hilfe. Der 35-Jährige wurde zwei Stunden später festgenommen. "Ich träume jede Nacht davon", sagte die Ehefrau.

Laut Untersuchungsbericht zu den Schmauchspuren war die Schussabgabe des Angeklagten tatsächlich wahrscheinlicher, wenn sich das Opfer in unmittelbarer Nähe befand. Die Behauptung, dass sich bei der Rangelei ein Schuss gelöst hätte, konnte durch den Schusssachverständigen widerlegt werden. Zwar war die Waffe beschädigt, aber dennoch konnten bei Tests ein Schlagen gegen die geladene Pistole, heftiges Schütteln oder ein Fallen-Lassen einen Schuss nicht auslösen. Zudem belasteten die Chats über den Telegram-Kanal den Angeklagten.

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