5 Monate Haft nach Nötigung

Sittenwächter kannte Berlin-Attentäter

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Nach dem Freispruch im Zweifel von Tulln wird auch dieses Urteil für Diskussionen sorgen.

Wegen versuchter Nötigung und versuchter Körperverletzung musste sich am Karfreitag ein Tschetschene (24), der als sogenannter „Sittenwächter“ von Kaltenleutgeben bei Mödling vergangenen Juni für Schlagzeilen sorgte, am Landesgericht Wien verantworten.

Badesee

Laut Anklage soll Shamil I., der mit zwei Landsleuten und einem Afghanen am Glitzersee unterwegs war, einer Frau, die neben ­ihrem Begleiter, dem Fotografen Thomas Buzek, oben ohne in der Sonne lag, mit Vergewaltigung gedroht haben, sollte sie sich nicht sofort ein T-Shirt anziehen.

Da seinen Begleitern kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden konnte, wurde das Verfahren gegen sie eingestellt.

Der Rädelsführer bekannte sich vor Gericht nicht schuldig. „Ich hab angefangen, umgangssprachlich zu schimpfen. ‚Ich f… dich in den Kopf.‘ Es war nicht ernst gemeint“, so der Angeklagte.

Sittenwächter
© LPD NÖ

Fotograf filmte Vorfall mit und stellte Video ins Netz

Zudem soll der 24-Jährige versucht haben, Buzek durch einen Tritt über eine Böschung zu stoßen. Das Opfer konnte aber ausweichen. Der Fotograf filmte heimlich mit und stellte das Video, das für einen Sturm der Entrüstung sorgte, ins Netz.

Zur Richterin sagte der Tschetschene: „Ich wollte eigentlich nicht hinsehen. Die Frau hatte bloß eine Unterhose an, die hinten nur einen Faden hatte. Verstehen Sie, was ich meine? Ich bin ein Mann, ich bin schwach.“

Urteil

Während Shamil I. von der versuchten Körperverletzung freigesprochen wurde, fasste er wegen Nötigung 5 Monate Haft aus. Da er bereits vier Monate in U-Haft saß, muss er nur einen Monat hinter Gitter. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. (kuc)

Verurteilter kannte Berlin-Attentäter

Erst nach dem Prozess wurde klar, mit welcher äußerst milden Strafe (siehe Story links) der Angeklagte eigentlich davongekommen ist.

Denn es stellte sich heraus, dass gegen den verurteilten 24-Jährigen auch ein Terror-Verfahren nach Paragraf 278 StGB – terroristische Vereinigung – bei der Staatsanwaltschaft Wien anhängig ist. Sein Anwalt, Wolfgang Blaschitz, bestätigte dies Freitag gegenüber ÖSTERREICH.

Vorbestraft

Demnach soll der Tschetschene Anis Amri, jenen Tunesier, der am 19. Dezember 2016 mit einem tonnenschweren Laster in eine Besuchermenge am Berliner Weihnachtsmarkt gerast war, gekannt haben. Zwölf Menschen wurden damals getötet. Shamil I. der sich – ehe er nach Österreich kam – mehrere Jahre in Deutschland aufhielt, wurde dort bereits in zwei separaten Verfahren wegen schweren Raubes und schwerer Körperverletzung (er hatte einen Dealer ausgeraubt) verurteilt.

Handy

„Von Amris terroristischen Plänen hat mein Mandant nichts gewusst“, sagte Blaschitz. Bei der Auswertung seines Handys wurde jedoch ein Video mit rituellen Salafisten-Gesängen entdeckt, das auf seine radikalislamistische Gesinnung hindeuten könnte. Der Vorwurf, er habe etwas mit Terrorismus am Hut, ist an den Haaren herbeigezogen“, so Blaschitz. Es gilt die Unschuldsvermutung. (kuc)

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