Von Polizei ignoriert

Studentin in U3 antisemitisch attackiert

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Wirbel um einen Vorfall in Wien: Nach einer Attacke auf sie wandte sich eine 19-Jährige an die Polizei. Dort wurde sie allerdings abgewimmelt.

Polizisten sollen einen antisemitischen Vorfall in Wien ignoriert und dem Opfer die Mitschuld an dem Vorfall gegeben haben. Eine Studentin war nach eigenen Angaben in der U-Bahn-Linie U3 von Männern attackiert worden. Als sie nach dem Verlassen des Verkehrsmittel den Übergriff meldete, sollen die Beamten von einer "Provokation" gesprochen und gemeint haben, es handle sich gar nicht um Antisemitismus, da sie keine Jüdin sei. Das Innenministerium leitete Untersuchungen ein.

Ereignet hat sich der Fall vor knapp zwei Wochen. Die Studentin sei am Vormittag in der U-Bahn gesessen und habe das Buch "The Jews in the Modern World" gelesen, als drei Männer aufgestanden seien, schilderte sie gegenüber dem Ö1-"Morgenjournal". Einer habe sie bei den Haaren gezogen und sie als "Judenschlampe" und "Kindsmörderin" beschimpft. Nachdem sie sich befreien konnte, sei sie schließlich in der Station Stephansplatz ausgestiegen.

Opfer bekam keine Hilfe

Hilfe erhoffte sich die junge Frau von Polizisten, die sie auf der Kärntner Straße ansprach. Es sei jedoch die Frage gekommen, "warum ich so ein Buch in dieser Konfliktsituation lesen muss", berichtete die Frau. Auch sei die Frage gestellt worden, ob die Studentin selbst Jüdin sei. Ansonsten könne man nicht wirklich von Antisemitismus sprechen. Auf einer Polizeiwache werde sie außerdem das selbe hören, habe man der Studentin gesagt. Sie solle den Vorfall also "am besten vergessen". 

Die Frau hat auch wenige Tage nach dem Vorfall bei den Wiener Linien nach möglichen Aufzeichnungen des Vorfalls gefragt. Allerdings erfolglos, da das Videomaterial nur 72 Stunden gespeichert wird. Im Innenministerium hieß es, dass man derartige Beschwerden sehr ernst nehme. Das Stadtpolizeikommando sei umgehend beauftragt worden, den Fall zu untersuchen. Alle in Frage kommenden Beamten seien kontaktiert worden.

Ermittlungen angekündigt

Polizeisprecher Marcus Jammer bestätigt gegenüber ÖSTERREICH jetzt umfangreiche Erhebungen zu dem Vorfall und kündigt neben stafrechtlichen auch disziplinäre Konsequenzen für die betroffenen Beamten an, sollten sich die Vorwürfe bestätigen: „Solche Aussagen sind untragbar, das lernen wir schon im Zuge der Antisemitismus-Sensibilisierung, die Teil der Polizeigrundausbildung ist.“

Jammer weiter: „Alle Polizisten, die an diesem Tag in diesem Bereich Kärntner Straße und Stephansplatz Streifendienst versehen, werden jetzt befragt. Die Wiener Polizei stellt sich klar und eindeutig gegen jede Form des Antisemitismus.“ Übrerdies bitte man die Kärntner Studentin, noch einmal die Polizei wegen des Vorfalls zu kontaktieren, „damit es zu einer lückenlosen und transparenten Aufklärung kommen kann.“ Denn ohne Uhrzeiten, den genauen Tatort sowie auch einer Personenbeschreibung (falls die Videoüberwachungs von damals schon gelöscht sind) tut die Polizei sich natürlich bei ihren Erhebungen schwer…
  

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