Teenager-Schwangerschaften werden in Wien immer seltener: So ist in den vergangenen fünf Jahrzehnten die Zahl der Geburten von Wienerinnen unter 18 Jahren um über 90 Prozent zurückgegangen. Gründe dafür dürften eine "bessere" Aufklärung und mehr Bewusstsein für Zukunftsperspektiven sein.
"Früher" war es durchaus keine Seltenheit, dass Mädchen unter 18 schwanger wurden und ein Kind zur Welt brachten. Die Zahl ging über die Jahrzehnte kontinuierlich zurück: Vergleicht man 1970 und heute, beträgt der Rückgang mehr als 90 Prozent. Während es im Jahr 1970 noch 555 Geburten von Wienerinnen unter 18 gegeben hatte, waren es im Vorjahr nur noch 44.
Im Krankenhaus St. Josef werden mit dem Programm "Young Mum“ Mädchen und Frauen unter 20 Jahren tatkräftig unterstützt. Die Nachfrage sei dort nach wie vor sehr hoch: "Das sind im Jahr circa zwischen 80 und 100 Frauen, die wir durch die Schwangerschaft über die Entbindung bis ins Wochenbett begleiten, bis das Baby ein Jahr alt ist“, sagt dazu Irene Richter, Leiterin von "Young Mum“.
Offener Umgang mit Sexualität
Tatsächlich sei es aber durchaus bemerkenswert, dass Schwangerschaften bei den unter 18-Jährigen stark zurückgehen. Das führt Richter auf mehrere Faktoren zurück: "Der Umgang mit den Themen Schwangerschaft, Verhütung oder Sexualität ist ein viel offenerer geworden. Früher wurde in den Schulen oder in den Elternhäusern nicht geredet. Das ist aufgebrochen.“ Hier geht es also um einen "unverkrampfteren Zugang".
Zudem hätten junge Menschen einen "breiteren Zugang" zu dem Thema Sexualität, vor allem auch durch die Medien. "Es gibt auch pädagogische Angebote, wo all diese Themen aufgegriffen werden, wo Aufklärung passiert, wo Themen diskutiert werden, wo Jugendliche mit ins Boot geholt werden, und das ist der große Unterschied zu früher, wo wir nicht über diese Themen gesprochen haben“, so Irene Richter.
"Aufholbedarf bei Rollenverteilung"
Früher sei es ein "Entweder-oder" gewesen, so Richter. Eine Schwangerschaft bedeutete früher oft das Ende der Schul- oder Ausbildungskarriere. "Wir sehen, dass sich das ganz stark gewandelt hat. Die Schulen und die Ausbildungsstätten holen die Mädchen ab, sie vernetzen sie mit unterschiedlichen Institutionen, zum Beispiel auch mit uns. Da wird dann direkt geschaut: Wie kannst du zum Beispiel die Schule weitermachen, obwohl du schwanger bist?“, schildert die Leiterin des Programms.
Aufholbedarf sieht Richter allerdings in der Aufgaben- und Rollenverteilung bei vielen jungen Paaren. "Was wir in der Praxis beobachten, ist, dass zu einem sehr hohen Prozentsatz nach dem ersten Geburtstag des Babys die Frauen die alleinige Verantwortung für die Erziehung und für dieses ganze Caregiving tragen. Und ich glaube, das sind Themen, wo wir ganz, ganz stark noch hinschauen müssen.“ Um eben auch junge Väter verstärkt in die Verantwortung zu bringen.