Ein Vater, der sich an seinem Sohn vergriffen haben soll, wurde zu 6,5 Jahren Haft verurteilt.
Ein 56-jähriger Mann, der sich neun Jahre lang an seinem eigenen Sohn vergriffen haben soll, ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der 16 Jahre alte Bursch bekam 10.000 Euro an finanzieller Wiedergutmachung zugesprochen. Der Schuldspruch wegen geschlechtlicher Nötigung und sexuellen Missbrauchs von Unmündigen ist nicht rechtskräftig.
Der Gymnasiast hatte im Vorjahr seinen Vater bei der Polizei angezeigt. Er schilderte, sein Vater habe ihm seit seinem siebenten Lebensjahr bis zum Mai 2018 bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit in die Hose gegriffen und ihn minutenlang am Penis betastet. Der Bub war in "desaströsen Familienverhältnissen" aufgewachsen, wie der beigezogene Gerichtspsychiater Peter Hofmann einem Schöffensenat (Vorsitz: Olivia-Nina Frigo) darlegte. Der Vater sprach dem Alkohol zu und ging keiner Beschäftigung nach, der Mutter machte eine psychische Erkrankung zu schaffen. Als sich die Eltern trennten, kam der zu diesem Zeitpunkt Siebenjährige mit seinem um drei Jahre älteren Bruder in eine betreute WG.
Jedes zweite Wochenende verbrachte der Jüngere danach bei seinem Vater. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Schüler seinen Angaben zufolge regelmäßig missbraucht. Bei dem Burschen, der laut psychiatrischem Gutachten bereits eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung aufwies, prägte sich aufgrund dessen zusätzlich "eine richtig ordentliche Depression" aus, wie der psychiatrische Sachverständige erläuterte. Ihrer Schwere nach komme diese einer schweren Körperverletzung gleich, stellte Hofmann fest.
"Ich habe keine Schuld", beteuerte der Angeklagte. Als sein Sohn klein war, "haben wir zusammen gespaßt. Aber so was (gemeint: sexuell motivierte Berührungen, Anm.) ist nie passiert". Allenfalls habe er bei seinen Söhnen - inkriminiert waren auch versuchte Übergriffe auf den älteren Sohn, der sich laut Anklage stets erfolgreich gegen den zudringlichen Vater zur Wehr setzen konnte - "geprüft, ob alles in Ordnung ist". Er habe seine Söhne vor der Beschneidung - es handelt sich um eine muslimische Familie - beruhigen wollen: "Ich habe ihnen gesagt, sie bekommen eine Spritze und es tut nicht weh." Nach der Beschneidung habe er "kontrolliert, ob alles in Ordnung ist".
Dem Vater sei es keinesfalls um die Verfolgung sexueller Interessen gegangen, betonte Verteidiger Manfred Hollenberger: "Ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt weiß, was sexuelle Übergriffe sind."
Für den Schöffensenat waren die den Vater belastenden Aussagen der beiden als Zeugen vernommenen Söhne - die Öffentlichkeit wurde bei der Erörterung ihrer kontradiktorischen Befragungen ausgeschlossen - in vollem Umfang glaubwürdig. "Das ist über Jahre passiert. Es war ein gezieltes, bewusstes Hingreifen", meinte die Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Der verurteilte Vater reagierte auf den Ausgang des Strafverfahrens mit Kopfschütteln. Nach minutenlanger Beratung mit seinem Rechtsvertreter bat er um Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.