Callgirl-Prozess

Zweiter Zeuge vom Freitag

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Zweiter Zeuge: Nachtclubbesitzer "absolut seriös und ein Gentleman"

Die Mädchen hätten riesige Angst vor dem Chef der Begleitagentur gehabt, hätten ungeschützt mit ihm verkehren müssen, und es habe mehrmals Vergewaltigungen gegeben. Das wurde im Zuge der Verhandlung um grenzüberschreitenden Prostitutionshandel aus der Aussage einer aus Litauen stammenden Prostituierten verlesen.

Spannend wurde es, als ein Zuhörer in den Zeugenstand gerufen wurde: Der "Branchenkollege" war im Gefolge des ersten Prozesses gegen den Erstangeklagten ebenfalls wegen grenzüberschreitenden Prostitutionshandels zu einer Haftstrafe verurteilt worden, derzeit läuft ein Verfahren wegen eines Vergewaltigungsversuches gegen ihn. Seine Aussagen ließen deutlich erkennen, dass die Expartner nicht gut aufeinander zu sprechen sind, nachdem der 35-Jährige eine Razzia in dem Wiener Nachtclub nutzte, um den Beschuldigten bei der Polizei anzuzeigen.

"Camouflage-Geschichte"?
"Ich hab' geglaubt, dass er den Paragraf 217 (Menschenhandel) jetzt versteht." Aber der Erstangeklagte habe nichts dazu gelernt, sondern weiter mit dem "Escort-Schmäh" operiert, um litauische Frauen ins Land zu holen - "so viele wie möglich, um selbst gratis ... zu können." Ursprünglich hatten die beiden nach der Haftentlassung 2005 eine "Camouflage"-Geschichte auf die Beine stellen wollen. "Eine was? Reden's deutsch mit uns", hieß es vom Richtertisch.

Angedacht war ein Nachtclub oder eine "location" am Semmering. Auch an jenem Nachtclub sei er selbst interessiert gewesen, sagte der Zeuge. Dort habe sich der 49-jährige Erstangeklagte, der sich in der Szene immer "wichtig" gemacht habe, als "großer Macher" aufgespielt: "Er war das schwarze Schaf in der Branche." Außerdem sei er eifersüchtig auf ihn gewesen, so der Zeuge. "Druckmittel" gegen die Mädchen konnte er allerdings keine nennen: Das habe der 49-Jährige mit seiner "Rhetorik" gemacht. Von vertragähnlichen Regeln des Angeklagten für die Frauen - vom Entgelt bis zu Vorschriften zu Bekleidung (Miniröcke, keine Slips) und Intimrasur - habe er gewusst.

"Variete" wie in der "alten Zeit"
Zum Zweitangeklagten meinte der 35-Jährige, dieser sei "absolut seriös" und ein "Gentleman". Der 65-Jährige lebe mit seinem Wunsch nach einem Variete zu sehr in der "alten Zeit" - Tänzerinnen und Showprogramme würden heute niemanden mehr interessieren. Wahrscheinlich habe es damals Mädchenmangel im Lokal gegeben, weshalb sich der 65-Jährige welche über den Erstangeklagten besorgen habe lassen.

Prozess wird kommende Woche fortgeführt
Dazu befragt, meinte der 49-Jährige, der Zeuge habe die ersten Mädchen organisiert. In Wirklichkeit sei es ihm wohl darum gegangen, alle Mädchen abzuziehen. "Kurz gefasst, Sie waren Konkurrenten", kürzte der Richter den Redeschwall ab. "Schauen Sie sich Korneuburg an und gehen Sie was essen", wurde inzwischen ein aus Deutschland eingetroffener Zeuge auf später vertröstet. Ein Urteil noch am Freitag schien unwahrscheinlich, die Causa wird voraussichtlich in der kommenden Woche entschieden.

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