Am Dienstag ist am Landesgericht Wien gegen eine 29-jährige türkische Mutter verhandelt worden, die am 17. November 2024 in ihrer Wohnung in Favoriten ihren vierjährigen Sohn getötet hatte. Das Urteil überrascht.
Wien. Die Angeklagte ist vom Wiener Landesgericht aufgrund erwiesener Schuldunfähigkeit in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht worden. Vom Vollzug dieser Maßnahme wurde jedoch unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit (mit Betreeung in einer Wohngemeinschaft) bedingt abgesehen, wobei der 29-Jährigen eine Fülle an Weisungen erteilt wurden. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.
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Zwei psychiatrischen Gutachten zufolge hatte die Angeklagte unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung gehandelt. Dass sie ihrem Sohn im Schlaf mit einem Küchenmesser die Kehle durchtrennte, war demnach auf eine akut polymorphe psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie zurückzuführen. Damit war nach Ansicht der Sachverständigen, auf die sich die Staatsanwaltschaft mit ihrem Unterbringungsantrag stützte, bei der Mutter zum Tatzeitpunkt Zurechnungsunfähigkeit gegeben. Die Frau konnte nicht wegen Mordes belangt werden.
Krankheit mit fulminanten Verlauf
Die Erkrankung habe einen "fulminanten Verlauf" genommen, legte Psychiater Peter Hofmann am heutigen Verhandlungstag dar. Es sei "sehr rasch gegangen", in kürzester Zeit habe sich das Krankheitsbild manifestiert. Die Erkrankung sei jedoch "gut behandelbar", folglich habe sich bei der Frau dank entsprechender Medikamente das Befinden nachhaltig gebessert.
Die psychisch kranke Türkin ist derzeit in einer auf ihre Krankheitsform spezialisierten Einrichtung untergebracht, in der sie engmaschig betreut wird. Dort ist gewährleistet, dass sie weiterhin ihre Medikamente nimmt. Daran ändert sich vorerst nichts. Ein Schwurgericht beschloss, den Maßnahmenvollzug auf Bewährung auszusetzen und die 29-Jährige stationär in der Einrichtung zu belassen. Sie muss weiter ihre Medikamente nehmen, ihre psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen fortsetzen, an der angebotenen Tagesstruktur teilnehmen und unaufgefordert über ihren Therapieverlauf berichten. Zusätzlich wurde Bewährungshilfe angeordnet.
"Muss mein Kind retten. Hab' mein Kind umgebracht"
"Ich war nicht ich selbst. Ich war komplett außer mir", hatte die Frau Anfang Juni beim Verhandlungsauftakt dem Schwurgericht erklärt. Sie habe gedacht, sie müsse ihr Kind "retten". Sie habe zwei Tage vor der Tat zu halluzinieren begonnen und sich damals eingebildet, Männer, die sie zuvor am Reumannplatz gesehen hatte, würden ihr Kind vergewaltigen. Als sie in der Nacht auf den 17. November in der Wohnung Schlüsselgeräusche vernahm, habe sie Panik und Angst bekommen und in der Küche "ein Messer gefunden", meinte die Frau: "Panik hat Angst gemacht, Angst hat Panik gemacht. Ich hab' mir gedacht, ich muss mein Kind schützen. Ich muss mein Kind retten. Ich hab' mein Kind umgebracht."
Am Ende des heutigen Verhandlungstags entschuldigte sich die 29-Jährige bei ihrem Mann, der ungeachtet der Kindstötung weiter zu ihr hält und wieder mit ihr leben möchte. "Wir waren eine schöne, glückliche Familie. Ich habe mein Kind geliebt, aber plötzlich bin ich ein anderer Mensch geworden", sagte die gefasst wirkende Frau. Jetzt sei sie "wieder stabil".