BAWAG-Prozess II

Freispruch für Spekulant Flöttl

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Bis auf Günter Weninger erhalten alle Angeklagten einen Freispruch.

Ruth Elsner hatte am Sonntag schon eine Vorahnung. Zufällig sah sie Wolfgang Flöttl mit seiner Frau Anne Eisenhower (Enkelin des Ex-US-Präsidenten) bei der Ankunft im Grand Hotel auf der Wiener Ringstraße. Elsner war sich sicher: „Wenn Anne mitkommt, rechnet Flöttl mit einem Freispruch.“

Knalleffekt. Gestern um 9 Uhr sollte sich Elsners Bauchgefühl bestätigen. Richter Christian Böhm sprach sechs von sieben Angeklagten im Bawag-Prozess vom Vorwurf der Untreue frei. Ein Knalleffekt, mit dem kaum jemand gerechnet hatte.

Im ersten Prozess wurde Spekulant Flöttl, er verzockte 1,3 Milliarden Euro im Auftrag der Bawag, von Claudia Bandion-Ortner zu 2,5 Jahren Haft verurteilt. Richter Christian Böhm war jetzt anderer Meinung: Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner und sein Nachfolger Johann Zwettler hätten alle getäuscht. Und Spekulant Flöttl hätte überhaupt nicht wissen können, ob ihm die Bawag so viel Geld zum Spekulieren hätte geben dürfen.

Freispruch für Flöttl

Nach Urteil: Flöttl-Frau brach in Jubel aus
Also: Freispruch für die Angeklagten. Helmut Elsner ist bereits rechtskräftig zur Höchststrafe von 10 Jahren verurteilt. Und Johann Zwettler bekam fünf Jahre Haft aufgebrummt. Nach dem Urteil brach Jubel aus. Flöttls Ehefrau Anne Eisenhower: „Es war eine harte Zeit – jetzt geht es ins normale Leben zurück.“ Das normale Leben spielt sich bei Flöttl übrigens in einem Penthouse in der noblen New Yorker Park Avenue ab.

ÖSTERREICH: Herr Elsner, wie geht es Ihnen nach dem Freispruch für Flöttl ?
Helmut Elsner:
Für mich macht sich die Justiz immer lächerlicher. Ich frage mich, wie ich alle täuschen konnte? Aber da ich aus Krankheitsgründen vor Gericht nicht aussagen konnte, haben sich alle an mir abputzen können.

ÖSTERREICH: Der Richter meint, Flöttl muss als Spekulant nicht überprüfen, ob ihm die Bank so viel Geld überhaupt geben darf. Deswegen ist er nicht schuldig …
Elsner:
Flöttl hat im 1. Prozess ein Geständnis abgelegt, dass er der Bank 50 Mio. Dollar rauslockt, obwohl er wusste, dass er sie nicht zurückzahlen kann. Wie kann man das Geständnis ignorieren?

ÖSTERREICH: Nun sind Sie und Johann Zwettler als Schuldige übrig geblieben ...
Elsner:
Ich werde den Fall über meine Klage in den USA aufklären.

ÖSTERREICH: Herrscht Jubelstimmung nach dem Freispruch für Ihren Mandaten Wolfgang Flöttl?
Herbert Eichenseder:
Es war auffallend, dass der zweite Rechtsgang im Bawag-Prozess deutlich emotionsloser geführt wurde als das erste Verfahren. Dadurch sind wird viel schneller zu einem Urteil gekommen. Ich halte das Urteil für völlig richtig.

ÖSTERREICH: Werden Sie im Auftrag von Wolfgang Flöttl jetzt die Republik klagen?
Eichenseder:
Nein. Davon kann überhaupt nicht die Rede sein.

 

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10:11 Uhr: Der Prozess ist nun beendet.

10:05 Uhr: Flöttls Ehefrau weint
Böhm führt zu den Privatbeteiligten-Ansprüchen der BAWAG noch etwas aus - und sorgt abschließend für Gelächter mit der Aussage: "Der morgige Verhandlungstag entfällt entsprechend."

Anne Eisenhower - Flöttls Ehefrau -  hat zum Freispruch ihres Mannes nur einen Satz für die Presse: "I wish to go back to normal life" - "Ich wünsche mir, wieder ein normales Leben zu führen". Sie weint, wartet am Saalrand auf ihren Mann, der noch mit Medienvertretern spricht. Ein weiterer Satz noch von Anne Eisenhower: "It´s a beautiful city. Now we are going to enjoy Vienna. We are going to enjoy life again." Flöttl umarmt seine Frau, küsst sie auf die Wange. Sie hat Tränen in den Augen. Es ist ein sehr emotionaler Moment, als sie sich umarmen.

"Let´s go" - sagt Flöttls Anwalt. Flöttl hilft seiner Frau in den Mantel, trägt seine Aktentasche. Er verlässt den Saal.

09:52 Uhr: Thema Buchführung
Richter Böhm erklärt die "Grundlagen ordentlicher Buchführung" und worauf sie in Österreich gründen. Wir lernen, dass für die internationalen "International Financial Reporting Standards" (IFRS) ein in London ansässiger privater Verein zuständig ist, der unter der Aufsicht des Vorstands der International Accounting Standards (IAS) steht.

Es folgt eine Nachhilfestunde in Bilanzierungsstandards, erstaunlicherweise von Richter Böhm gegeben. Es geht um die Zulässigkeit eines Sachverständigen-Gutachtens.

 

09:45 Uhr: Flött sieht zufrieden aus
Flöttl sitzt ruhig da, während Richter Böhm spricht. Er hat einen schwarzen Aktenkoffer mitgebracht, auf den er sich mit der linken Hand stützt. Er spricht kurz den neben ihm sitzenden Nakowitz an - dieser nickt mehrmals, sieht zufrieden aus.

09:41 Uhr: Nachweis für strafbare Handlung fehlt
Mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit reichen die Beweise nicht aus - für keinen der Angeklagten. Es fehle der Nachweis für einen "Eventualvorsatz auf eine strafbare Handlung", so Richter Böhm. Der Richter ergeht sich in der Urteilsbegründung in juristischen Details, warum es zu den Freisprüchen kam. Es geht um die Reisen von BAWAG-Vorstand Nakowitz nach Paris und London. Details zu einer Risikoveranlagung seien hier nicht nachweisbar. Nakowitz dürfte in die Pläne von Elsner nicht eingeweiht gewesen sein - sonst hätte er gar nicht nach London reisen müssen, so der Richter.

09:31 Uhr: Flöttls Investments nicht strafbar
Der Richter zu Flöttl: "Dieser setzte zwar eventualvorsätzliche Handlungen, er konnte es aber nicht als gewiss ansehen, dass Elsner oder andere Vorstände garantiert mit Eventualvorsatz handeln würde." Auch zu den Investmentgeschäften Flöttls sieht Richter Böhm keine strafbare Handlung Flöttls.

09:28 Uhr: Bilder zur Besicherung
Richter Böhm erklärt nun, warum es plausibel erscheint, dass die Bilder von Flöttl, die zur Besicherung seiner Spekulationsgeschäfte dienten, einen Gegenwert von 1:1 zu den von der BAWAG ihm zur Verfügung gestellten Geldern hatten - wie etwa das Bild "Dr. Gachet" von Vincent van Gogh.

09:22 Uhr: Flöttl entspannt sich...
Während Richter Böhm in Juristen-Deutsch die Begründung der Freisprüche vorliest, sitzt Flöttl mit locker übereinander geschlagenen Beinen da. Er trägt Schlüpfer mit einer goldenen Spange, einen dunkelblauen Anzug mit dezenter hellblau-grauer Krawatte und weißem Hemd. Immer wieder nimmt er einen Schluck Wasser, während Richter Böhm spricht. Ein "Eventualvorsatz" konnte den BAWAG-Vorständen nicht nachgewiesen werden, so der Richter weiter.

09:18 Uhr: Richter erklärt das Urteil
Richter Christian Böhm erklärt sein Urteil für Günter Weninger und die vorliegenden Milderungsgründe - Weninger hätte bis zu 2 Jahre Haft bekommen können, es wurde aber nur 1 Monat bedingt.

09:16 Uhr: Die Urteilsverkündung
Richter Christian Böhm verliest jetzt das Urteil: Günter Weninger wird zu Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Probezeit von einem Jahr, "bei Wohlverhalten gemildert".

Nakowitz: FREISPRUCH

Wolfgang Flöttl: FREISPRUCH

Christian Büttner: FREISPRUCH

Hubert Kreuch: FREISPRUCH

Josef Schwarzegger: FREISPRUCH

Robert Reiter: FREISPRUCH

Flöttl zeigt "Daumen hoch!" zu seiner Frau, zeigt ein breites Grinsen.

09:11 Uhr: Prozess beginnt
Wolfgang Flöttl scheint abgenommen zu haben. Er schwitzt. Richter, Verteidiger und Angeklagte sind im Raum. Los geht´s!

09:00 Uhr: Blitzlichtgewitter
Flöttl kommt in den Saal. Zunächst gibt es keinen Blickkontakt mit seiner Ehefrau. Dann gibt er ihr eine Plastik-Mineralwasserflasche, sie haucht "No, thank you", nimmt ihm die Flasche aber trotzdem ab. Er hat noch eine weitere, nimmt einen ordentlichen Schluck im Blitzlichtgewitter, bevor er sich auf der Anklagebank hinsetzt.

08:55 Uhr: Flöttls Frau betritt den Saal
Flöttls Ehefrau, Enkelin des ehemaligen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower, betritt den Saal. Die blonde Dame trägt eine goldene Perlenkette und goldene Ohrringe, nimmt im Publikum Platz. "Kein Kommentar" heißt es zu den Journalisten. Sie trägt ein schwarzes Kostüm mit einer schwarzen Bluse. Sie sieht nervös und angespannt aus, etwas blass um die Nasenspitze. Die Ringe unter den Augen kann auch das starke Make-Up nicht kaschieren.

08:50 Uhr: Der Richter ist schon da
Raum 303 ist bereit - zumindest die Medienvertreter sind schon da. Die Kameraleute haben ihre Geräte bereits im Anschlag, der Richter ist bereits im Saal - allerdings noch ohne Talar. Es kann also noch ein wenig dauern, bis es wirklich los geht.

08:35 Uhr: Verteidiger fordert Freispruch
Die Staatsanwaltschaft fordert für alle sieben Anklagten Schuldsprüche. Flöttls Verteidiger Herbert Eichens­eder fordert einen Freispruch. Seine Begründung: „Flöttl habe nicht gewusst, dass Elsner ihm das Geld für die Geschäfte nicht geben hätte dürfen.“

08:30 Uhr: Flöttls Ehefrau kommt
Anne Eisenhower, die Enkelin des Ex-US-Präsidenten, wird heute mit dabei sein. Sie ist mit Bawag-Spekulant Flöttl verheiratet. Er hatte im ersten Bawag-Prozess 2,5 Jahre.

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