"Schiefe Optik"

Ärger um Koralmtunnel-Verzögerung

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Kaiser sieht "schiefe Optik" – Steirischer SPÖ-Chef Schickhofer: "Schwerer Schlag für die Steiermark".

Die von Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) angekündigten Verzögerungen beim Bau des Koralmbahntunnels haben auch Auswirkungen auf andere ÖBB-Projekte und möglicherweise auch auf die Wirtschaft in der Region. In Kärnten etwa wird der Zeitplan für den zweigleisigen Ausbau der Jauntalbrücke "evaluiert". In der Steiermark regt sich Kritik von Wirtschaftsvertretern und der SPÖ.
 
Aus den ÖBB wurde auf APA-Anfrage bestätigt, dass die Verzögerung um zwei Jahre nichts mit dem ÖBB-Rahmenplan zu tun habe, sondern der Geologie geschuldet sei. "Das kann leider passieren", sagte eine ÖBB-Sprecherin. Weitergearbeitet wird freilich mit Hochdruck. Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) hatte die Verzögerung von rund zwei Jahren aufgrund von geologischen Schwierigkeiten bekanntgegeben.
 
In Kärnten verzögert sich durch die Schwierigkeiten bei den Tunnel-Arbeiten der Ausbau der Jauntalbrücke auf zwei Gleise. Das sei eine logistische Entscheidung, sagte ÖBB-Sprecher Christoph Posch zur APA. Die Aufrüstung der Brücke bedeute etwa ein Jahr Sperre für die Fahrgäste, das wolle man daher erst "zeitnah" zur Fertigstellung des Tunnels in Angriff nehmen. Wann genau die Jauntalbrücke ausgebaut wird, war zunächst unklar. "Das wird noch evaluiert."
 

Kärnten-LH Kaiser "überrascht"

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) reagierte in einer Aussendung am Freitag "überrascht". "Dass es geologisch bedingte Schwierigkeiten gibt, war ja bekannt. Sowas sollte doch wohl schon in Planungen und nach den Probebohrungen berücksichtigt werden." Zudem sei zumindest die Optik eine sehr schiefe, wenn man den Zeitpunkt der Verzögerungsbekanntgabe und die fast gleichzeitig bekannt gegebenen Einsparungen bei den ÖBB in Zusammenhang bringt. Die Koralmbahn sei für Kärnten und die Steiermark sehr wichtig, meinte Kaiser weiter, Firmenansiedelungen und Arbeitsplätze seien mit ihr verbunden. Daher erwarte er sich, "dass alles getan wird, um Tunnel und Bahn raschestmöglich fertigzustellen und Finanzierungszusagen einzuhalten".
 
Weniger Auswirkungen haben die Verzögerungen auf die steirischen ÖBB-Projekte, denn die Zulaufstrecke Graz-Wettmannstätten ist bereits in Teilbetrieb, der Bahnhof Weststeiermark schon in Bau. Laut Posch hat sich schon in den in den vergangenen Monaten abgezeichnet, "dass der Termin nicht zu halten ist". Die Ursachen seien geologischer Natur.
 

"Schwerer Schlag für Steiermark"

Für LHStv. Michael Schickhofer (SPÖ), der erst vor wenigen Wochen zusammen mit dem Wirtschaftskammer-Vertreter Manfred Kainz Ansiedlungsgespräche mit interessierten Betrieben in der Weststeiermark geführt hatte, sind die Verzögerungen ein "schwerer Schlag für die Steiermark". Bei den angedachten Ansiedlungen gehe es um mehrere hundert Arbeitsplätze, so Schickhofer weiter. Irritiert zeigte er sich, dass vor der Budgetrede des Finanzministers noch keine Rede von einer etwaigen Verzögerung beim Bau der Koralmbahn war.
 
"Die Auswirkungen auf die Region sind dramatisch. Wir sind gerade dabei, die Flächen an der baltisch-adriatischen Achse zu sichern, zu entwickeln und Betriebe anzusiedeln, um neue Arbeitsplätze in unseren steirischen Regionen zu schaffen. Wenn sich der Bau verzögert, ist das ein harter Schlag für die Bemühungen des Landes und der Regionen", sagte der Landeshauptmannstellvertreter. Er richtete einen Appell an den Verkehrsminister, "das gesamte wissenschaftliche Know-how im Bereich des Tunnelbaus in Österreich zu bündeln und alle Experten an einen Tisch zu holen, um diese Verzögerungen doch noch abwenden zu können".
 

Wirtschaftskammer zeigt wenig Verständnis 

Die Verzögerung stieß auch bei Kainz - er ist Obmann der Regionalstelle Deutschlandsberg der Wirtschaftskammer Steiermark -, auf wenig Verständnis: "Wir fordern die Beibehaltung des bisherigen Fahrplans, sonst droht der Wirtschaft hier ein enormer Schaden." Die Verschiebung stelle viele Business- und Investitionspläne auf den Kopf, kritisierte Kainz: "Unternehmen brauchen Planungssicherheit." Für ihn sind auch die angeführten geologischen Ursachen der Bauverzögerung nicht nachvollziehbar. "Unseres Wissens nach steht der Tunnel-Durchbruch kurz bevor. Von anderem Gestein, das eine zweijährige Verzögerung verursachen könnte, hören wir heute ehrlich gesagt zum ersten Mal", so Kainz. Er fordert eine nochmalige Evaluierung, Ziel müsse die Beibehaltung des bisherigen Zeitplans sein.
 
Der steirische Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ) meinte: "Verzögerungen technischer Art kann es bei Großprojekten wie dem Koralmtunnel immer geben, dies werden auch alle Experten im Tunnelbauwesen bestätigen." Doch er betonte: "Jetzt ist einmal der Süden dran." Die Bundesländer Steiermark und Kärnten seien in Sachen Bahn-Infrastruktur jahrzehntelang benachteiligt worden. Aus diesem Grund forderte er Hofer auf, dafür zu sorgen, dass die steirischen Bauprojekte im Zusammenhang mit der Koralmbahn wie geplant realisiert werden. Laut Lang würden die Verzögerungen nichts daran ändern, dass die gesamte "neue Südstrecke" von Wien über Graz nach Klagenfurt wie bisher geplant 2026 befahrbar sein wird: "Bis dahin wird auch der Semmering-Basistunnel fertig sein."
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