Zusätzlich Teuerungsausgleich gefordert

Experten-Kritik: Dieses Teuerungs-Paket reicht nicht

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Aus Sicht von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sind die angedachte Maßnahmen zwar richtig, fallen aber zu kurz.

Wien. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), das Institut für Höhere Studien (IHS) und der Fiskalrats-Chef Christoph Badelt haben ein gemischtes Resümee zum angekündigten Anti-Teuerungspaket gezogen. Aus Sicht von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sind die angedachte Maßnahmen zwar richtig, fallen aber zu kurz. Auch laut Badelt sind weitere Maßnahmen notwendig. IHS-Direktor Klaus Neusser erwartet durch das Paket "keinen großen, aber einen nachhaltigen Beitrag" zur Inflationsdämpfung.

Zu den von der Regierung angedachten Maßnahmen sagte Badelt gegenüber der APA: "All diese Vorschläge sind vernünftig, aber es wird nicht dabei bleiben können." Er forderte zusätzlich zu den Regierungsmaßnahmen einen Teuerungsausgleich für jene Menschen, die sich die Kosten für das alltägliche Leben, also etwa Lebensmittel, nicht mehr leisten können. Konkret sollen Menschen, die bereits jetzt Sozialhilfe beziehen, aber auch jene, die darüber hinaus Schwierigkeiten haben, über die nächsten Monate eine zusätzliche Unterstützung erhalten. Ob jemand bezugsberechtigt ist, soll über eine Einzelfallprüfung festgestellt werden. Laut dem Fiskalrats-Chef könnte eine solche Maßnahme "innerhalb von 2 bis 3 Monaten auf die Strecke" gebracht werden, jedenfalls aber noch vor dem Sommer.

Druck auf Lebensmittelhandel müsse verstärkt werden 

Weiters müsse der Druck auf den Lebensmittelhandel verstärkt werden, sagte Badelt, und verwies auf den Unterschied im Preisniveau zu Deutschland und Italien. Dieser Unterscheid sei so groß, dass er sich nicht durch verschiedene Mehrwertsteuersätze erklären lasse. "Wir haben ein Wettbewerbsproblem", so der Ökonom. Hier könne man mit einem "Zwang zur Preistransparenz" schon viel erreichen, wichtig sei dabei, dass er für eine "große Zahl von Produkten" gelte. Für Mietsteigerungen wäre aus Sicht Badelts ein eigener Index notwendig, der sich nicht so stark nach den Energiepreisen richtet. "Ich sehe nicht ein, warum die Wohnungsmieten in Abhängigkeit von den Gaspreisen steigen sollten."

"Die Regierung ist nun schnell zu einer Einigung gekommen. Das ist positiv. Die Richtung passt; alle Maßnahme sind für sich genommen jeweils richtig. Vor allem im Energiebereich sind gute Schritte enthalten", schrieb Felbermayr auf Twitter. Gleichzeitig meinte er auch: "Aber die Größe des Pakets erscheint angesichts fast zweistelliger Inflationsraten doch deutlich zu klein. Das wird nicht das letzte Paket gewesen sein, die Regierung muss weiter dranbleiben und weiter nachbessern."

Felbermayr: Wichtig wäre Pendlerpauschale zu 'normalisieren'

Weiters hielt der Ökonom fest, dass die "versuchte" Gegenfinanzierung durch die Erhöhung der Übergewinnbesteuerung gut sei, aber kaum nachfragesenkend wirken werde. "Wichtig wäre, dass angesichts niedrigerer Spritpreise die Pendlerpauschale 'normalisiert' - noch besser: ökologisiert und sozial gestaffelt - wird", twitterte der Wifo-Chef.

Unklar sei, wie der Gebührenstopp durchgesetzt werden solle. "Länder und Gemeinden müssen hier wirklich in die Pflicht genommen werden", betonte Felbermayr. Kritisch äußerte sich der Wirtschaftsforscher zu den Vorhaben im Lebensmittelhandel. Es sei unklar, wie mehr Transparenz die Preise senken solle.

Und auch im Sozialbereich müsse noch mehr passieren. Als Beispiel nannte Felbermayr die unterjährige Anpassung von Arbeitslosengeld oder die Inflationsindizierung von Einkommensgrenzen, ab denen ein Anspruch besteht.

Neusser: Druck auf die Branche erzeugt

Neusser hob positiv hervor, dass keine nachfrageerhöhenden Elemente enthalten seien, wie dies etwa auf Direktzahlungen zutreffen würde. Mit der höheren Abschöpfung von Gewinnen bei Energieunternehmen werde jedenfalls Druck auf die Branche erzeugt, die sinkenden Großhandelspreise rasch an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben, sagte Neusser im Gespräch mit der APA. Durch die steigende Transparenz nehme man zudem den Lebensmittelhandel in die Pflicht.

Einen Effekt werden auch angedachte Maßnahmen wie der schnellere Wechsel der Energieversorger oder die Spenden für Sozialmärkte erzielen, glaubt Neusser. Nur einen verschwindend geringen Beitrag erwartet er sich allerdings von der Aussetzung der Gebührensteigerung im öffentlich Bereich. Wie schnell und stark die Maßnahmen wirken werden, sei allgemein schwer abschätzbar, so der Ökonom.

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