Ex-Polizist

Alle in der Polizei wissen von Korruption

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Josef Kleindienst war 20 Jahre lang bei der Wiener Polizei. Er sagt: „Jeder in der Polizei weiß von Korruption.“

Der Niederösterreicher Josef Kleindienst brachte im Jahr 2000 die „Spitzelaffäre“ mit seinem Buch „Ich gestehe – Was ein Polizist über die Exekutive weiß“ ins Rollen. Kleindienst war selbst 20 Jahre bei der Polizei und damals freiheitlicher Gewerkschafter. Die „Spitzel-Affäre“ beschäftigte monatelang die Gerichte. Kleindienst kam im Rahmen der Affäre selbst ins Visier der Justiz. Der Beamte, der damals gegen ihn ermittelte, hieß Roland Horngacher.

Heute ist Kleindienst Immobilienmakler in Dubai. Für ihn ist klar: „Jeder in der Polizei weiß von Korruption“, wie er im ÖSTERREICH-Interview erklärt:

ÖSTERREICH: Herr Kleindienst, wie korrupt ist die Polizei in Österreich?

Josef Kleindienst: Es gibt Missbrauch, denn es gab und gibt Menschen in Österreich, die um guten Kontakt in der Polizei bemüht sind und diese Kontakte ausnützen. Jeder in der Polizei weiß davon und jeder der sich mit der Polizei auseinandersetzt, kennt dieses System. Ich selbst bin 1981 zur Polizei gekommen und habe das System 20 Jahre lang beobachtet.

Welche Rolle spielen dabei Vereine?

Egal ob der Verein der Freunde der Wiener Polizei oder andere Polizeisportvereine: Grundsätzlich ist die Idee, dass es solche Vereine gibt, gut, aber leider missbrauchen sie manche, sowohl vonseiten der Polizei als auch vonseiten der Mitglieder der Vereine. Diese erkaufen sich dadurch Macht, wenn sie beispielsweise Strafzettel nicht bezahlen müssen.

Haben Sie selbst jemals solche Missbrauchs-Fälle erlebt?

Ja, immer wieder. Oft geht es auch nur um Kleinigkeiten, andererseits aber auch darum, dass Razzien in Lokalen im vorhinein verraten werden. Ich war beispielsweise bei einer Veranstaltung eines Polizeisportvereins. Dort sollte ich einen Zuhälter verhaften, der anwesend war. Während meiner Amtshandlung hat mich dann ein Vorgesetzter angerufen und mir gesagt, ich soll in diesem Fall ein Auge zudrücken. Ein anderes Mal war ich mitten in einer Alko-Kontrolle. Während ich jemanden kontrolliert habe, hat mich dieser gebeten, kurz telefonieren zu dürfen. Und gleich darauf hat mein Handy geläutet und ich wurde gebeten, die Alko-Kontrolle in diesem Fall sein zu lassen.

Bei der Polizei kann man sich alles erkaufen?

Nein. Man kann sich nicht alles erkaufen, da nicht alle Beamte darauf einsteigen. Aber es gibt leider korrupte Beamte. Letztlich kann man sich weniger mit Mitgliedsbeiträgen bei Vereinen, sondern mehr mit Spenden bei diesen Beamten vieles erkaufen. Hier geht es um hohe Summen. Vereine machen Veranstaltungen. Für Tombolas brauchen sie Hauptpreise. Die Urlaubsreisen, die da verlost werden, die müssen ja von jemandem gespendet werden. Und die Spender erwarten sich dann oft Gegenleistungen. Das wird sich nicht ändern. Ich habe das damals auch in meinem Buch so beschrieben.

Was muss passieren, um diesen Missbrauch zu beenden?

Wenn man den Ruf der Polizei in Österreich wieder herstellen will, dann muss es ein Köpferollen geben. Und zwar nicht nur unten, sondern bis ganz an die Spitze. Im Fall Horngacher trifft es schon eine höhere Beamtenebene, aber eigentlich müssten ganz oben die Köpfe rollen. In der Privatwirtschaft wäre das der Fall.

(iri)

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