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10 Peiniger

Annas Mutter nach Skandal-Urteil: „Habe Vertrauen in Justiz verloren“

Die Mutter der 12-Jährigen, die von 10 Tätern gepeinigt wurde, ist nach den Freisprüchen von der Justiz enttäuscht. Jetzt spricht sie auf oe24.TV. 

oe24.TV: Wie geht es Ihrer Tochter nach dem Urteil, den 10 Freisprüchen für ihre Peiniger?

Mutter: Zwiegespalten. Auf der einen Seite ist sie froh gewesen, dass es vorbei ist. Auf der anderen Seite ist es natürlich niederdrückend, so wie das Urteil ausgefallen ist.

oe24.TV: Wie haben sie den Prozess erlebt? 

Mutter: Die ganze Verhandlung war für mich katastrophal. Also das mit anzuhören, den Ablauf zu hören, natürlich die Begründung vom Urteil... Meine älteste Tochter war mit mir dabei, also wir sind dort hinten gesessen und haben eigentlich gedacht, wir sind im falschen Film.

"Die waren vollkommen siegessicher" - "Verhöhnend, lachend" 

oe24.TV: Wie haben sich die Angeklagten verhalten?

Mutter: Da ist definitiv etwas falsch gegangen. Also null an Reife, null an Respekt. Selbst wenn ich der Meinung bin, ich bin nicht schuldig, benehme ich mich dementsprechend, wenn es um so ein Thema geht. Und davon hat man absolut nichts gesehen. Also die waren vollkommen siegessicher, verhöhnend, lachend, auch teilweise im Gerichtssaal, draußen sowieso. Mehrmaliges Gelächter, Beleidigungen den Journalisten gegenüber, alles Mögliche. 

oe24.TV: Das Landesgericht begründet das Urteil damit, dass es in den Angaben ihrer Tochter große Widersrpüche gegeben haben soll, wie sehen Sie diese Begründung?

Mutter: Das ist doch selbstverständlich. Die erste Aussage war kurz, nachdem Sie das erzählen musste. Sie tut sich heute noch schwer, das überhaupt in Worte zu fassen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das denn sein soll, vor einer Polizistin zu sitzen und über solche Details sprechen zu müssen. Und auch bei der kontradiktorischen Einvernahme sind ganz andere Dinge gefragt worden.

oe24.TV: Hat das Gericht die Beweise zu wenig gewürdigt? 

Mutter: Ich finde, es ist von Anfang an in eine Richtung gegangen, so ist es für mich rübergekommen. Man wurde abgestempelt, wofür es meiner Meinung nach auch keine Beweise gibt. 

oe24.TV: Was ist ihrem Kenntnisstand nach passiert? 

Mutter: Bei diesem Verfahren sind einige Dinge nicht betrachtet worden. Ich bin kein einziges Mal befragt worden zu gewissen Situationen. Es beginnt bei der ersten Zeugenausage, man muss viel mehr geschult sein. Da gibt es so viele Sachen, die in meinen Augen falsch gelaufen sind.

oe24.TV: Einer der Verteidiger hat im Rahmen des Prozesses Ihnen die Mitschuld gegeben. Was haben Sie sich dabei gedacht?

Mutter: Er lehnt sich sehr weit aus dem Fenster. Diese Person kennt unsere Familie nicht. Das heißt: Sobald ein Teenager aus der Reihe tanzt, sind automatisch die Eltern schuld. Wo kommen wir da hin? Es wurde gesagt, dass das Mädchen der Mutter egal gewesen sein muss. Ich betone jedes Mal, dass ich es bemerkt habe. Ich bin zur Ärztin gegangen, ich bin zu Psychologen gegangen. Mir wurde gesagt, das ist Pubertät. Ich würde nie im Leben Eltern verurteilen, deren Kind so etwas passiert ist. Ich habe es sehr wohl gemerkt. Wie empathielos kann man sein, auch wenn er nur seine Arbeit macht.

oe24.TV: Wie hat sich ihre Tochter durch die Peinigung verändert?

Mutter: Schon recht früh, also relativ zu den Anfangszeiten. Sie war ganz plötzlich wesensverändert. Sicher, am Anfang denkt man sich oft, vielleicht kommt sie jetzt in die Pubertät, vielleicht ist irgendwas mit Freundinnen. Man geht nicht sofort vom Schlimmsten aus.

Aber ja, es waren dann ja auch wenige Situationen, das war nicht so oft, wie es manche Verteidiger eben erwähnt haben, dass sie plötzlich abends weg war, dass sie abends rausgeholt worden ist, dass ihr geschrieben worden ist, was wir erst im Nachhinein erfahren haben. Wir haben dann Schritte gesetzt und natürlich im ersten Moment sie angerufen, sind dann zur Polizei gegangen oder was auch immer.

Da ist uns natürlich sofort bewusst gewesen, da stimmt was nicht. Das war kein normales Teenager-Verhalten. Meine Tochter hätte mir das nie einfach so angetan. Und sie hat auch nie eine Begründung gesagt. Man hat gemerkt, sie kann keine Begründung sagen. Sie hätte ja auch irgendwas sagen können, aber sie konnte nicht sagen. Und wie gesagt, wir waren in der Psychiatrie mit ihr, bei Ärzten, Sozialarbeitern, Psychologen, alles Mögliche... 

Tochter sagt: "Wenigstens außen glaubt man mir"  

oe24.TV: Die Staatsanwaltschaft hat Nichtigkeitsbeschwerde eingebracht. Glauben Sie noch an ein gerechtes Urteil?

Mutter: Ich habe den Glauben verloren. Ich habe die Befürchtung, dass es für unseren eventuellen Fall nichts mehr bringen wird. Ich hoffe, dass der Fall für andere Opfer etwas bringt. Ich hoffe, dass etwas geändert wird. Ich hoffe, dass ganz genau darüber nachgedacht wird, was man alles beachten muss, dass man viel mehr in die Tiefe gehen muss in solche Ermittlungen. Mehr als hoffen kann ich nicht mehr. Aber die Begründung, die am Freitag genannt worden ist, die lässt mich vom Glauben abfallen.

oe24.TV: Das Vertrauen in die Justiz haben Sie veloren? 

Mutter: Ja, kann man aktuell so nennen. 

oe24.TV: Hätte das angekündigte "Nur Ja heißt Ja"-Gesetz in ihrem Fall etwas geändert? 

Mutter: Ich glaube teilweise ja. Es gibt aber nicht nur ein Ja, es gibt auch ein "nichts sagen", das muss wirklich sehr ausgereift werden. Aber es ist zumindest ein Ansatz. Wenn man sich Alkohol kaufen will, muss man einen Ausweis zeigen. Warum ist das nicht bei jungen Kindern so? Viele Mädels geben sich älter aus. Aber warum muss ich mich hier nicht vergewissern, aber bei Alkohol muss ich es tun? Da gibt es so viele Sachen, über die man nachdenken muss, damit so etwas nicht mehr passieren kann.

oe24.TV: Was sagt ihre Tochter jetzt? Nach dem Urteil?

Mutter: Meine Tochter hat heute zu mir gesagt: "Wenigstens außen glaubt man mir." Und dieser Satz sagt meiner Meinung nach so viel aus. Sie denkt, das Gericht glaubt ihr nicht. Und das ist so bösartig in dieser Situation. Und natürlich, ich muss dazu sagen, ich habe in den letzten Tagen sehr wenig gelesen, weil das sehr schwierig für einen ist, weil man nie weiß, was geschrieben wird, wer hält zu einem, wer nicht. Natürlich gibt einem das Kraft, dass die Außenwelt großteils hinter einem steht. Ich bin sowieso auch seit Anfang des ganzen Geschehens in psychologischer Hilfe. 

oe24.TV: Glauben Sie, dass dieser Fall in Österreich etwas verändern wird?

Mutter: Ich hoffe es so sehr. Was man beachten muss, ist, dass bei solchen Taten immer nur Aussage gegen Aussage stehen wird. Wo kommen wir da hin? Man kann nichts dafür, dass sonst niemand dabei war. Man muss viel mehr in die Psyche eines Menschen schauen. Mein Kind ist wahnsinnig stark, aber was das innerlich mit ihr macht, dass sie das Gefühl hat, es wird ihr nicht geglaubt. Für sie ist das so, als hätte sie das völlig umsonst gemacht.

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