"Freie Dienstnehmer"

Arbeitsministerin Schumann: Aktion Scharf bei Lieferando & Co

Arbeitsministerin Korinna Schumann kündigt im oe24-Interview an, dass freie Dienstnehmer bald mehr Rechte durch Kollektivverträge bekommen sollen. Sie sagt, warum wir länger arbeiten und was bei jungen Menschen, die immer häufiger mentale Probleme haben, zu tun ist.

Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) empfängt oe24 schwungvoll in ihrem Büro im großen Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz am Wiener Ring. Rund 1.200 Mitarbeiter werken dort und die Ministerin packt selbst mit an. Fast nimmt sie einer Mitarbeiterin das Tablett mit Kaffee aus der Hand, als wir zum langen Tisch gehen, an dem das Interview stattfindet. "Der Tisch ist so lange, weil ich mit vielen Leuten rede", sagt Schumann, die ihre Karriere in diesem Ministerium als einfache Mitarbeiterin begonnen hat, dann im Gewerkschaftsbund ÖGB bis zum Vorstandsmitglied aufgestiegen ist und jetzt als Ministerin regiert.

Das sagt Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ):

  • zur Situation bei Lieferando: "Die Entwicklungen bei Lieferando machen große Sorgen, wenn man tausend Leute einfach kündigt, damit man sie dann als freie Dienstnehmer wieder einstellt. Das ist keine Entwicklung, die man in einem Land mit hochentwickeltem ArbeitnehmerInnenrecht akzeptieren kann. Da muss man gegenhalten.“ 
  • zu freien Dienstnehmern: "Wir können freie Dienstnehmer nicht der Ausbeutung preisgeben. Der Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, darauf reagiert die Politik. Freie Dienstnehmer in die Kollektivverträge einzubeziehen, ist das Ziel, wir befinden uns in den finalen Verhandlungen."
  • zum länger Arbeiten: "Wir wollen das faktische Pensionsantrittsalte erhöhen. Jeder Monat mehr ist wichtig. Das gesetzliche Antrittsalter bleibt vorerst bei 65 Jahren. Ich bin überzeugt, die Pensionen sind nachhaltig finanzierbar."

Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) im Interview mit oe24-Reporter Aaron Brüstle

Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) im Interview mit oe24-Reporter Aaron Brüstle 

© TZ Österreich/Fuhrich
  • zur neuen Teilpension: "Die Teilpension funktioniert so, dass wenn man die Möglichkeit hat, in Pension zu gehen, sei es aufgrund der Schwerarbeitsregelung, aufgrund der Langzeitversicherungsregelung oder aufgrund der Möglichkeit, in Korridorpension zu gehen, dann kann ich sagen: Ich bringe nicht mehr volle Arbeitsleistung, aber ich arbeite ein bisschen weiter, zwei Tage, drei Tage. Und in dem Ausmaß zwischen 25, 50 und 75 Prozent wird dann das Pensionskonto geschlossen. Jener Teil der Pension bekommt dann die Abschläge, je nachdem, welche Pensionsart ich vorher gewählt habe. Und jener Teil, bei dem ich noch in Beschäftigung bin, da wird natürlich weiterhin aufs Pensionskonto eingezahlt, ohne Abschläge.
  • zur Kinderbetreuung und Teilzeitquote: „Wir haben 80.000 Frauen in Österreich, die gerne mehr Stunden oder Vollzeit arbeiten würden, und sie sagen, dass sie das nicht können aufgrund der fehlenden Betreuungsstruktur oder der Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen. Hier wollen wir mehr Betreuungsmöglichkeiten bieten.“ 

Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) im oe24-Interview

Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) im oe24-Interview

© TZ Österreich/Fuhrich
  • zur persönlichen Energiequelle: "Meine Freizeit ist knapp, aber ich genieße sie - gerne gemeinsam mit meinem Mann oder bei der Familie oder für mich selbst verbringen – auch in meinem Hobby, dem Lesen, bei einem guten Buch. Der  morgendliche Kaffee und die Zeitung lesen mit meinem Mann, das ist eine meiner Energiequellen.
  • zur psychischen Gesundheit junger Menschen: „Wir müssen auf die Kinder und Jugendlichen schauen, damit sie auch gesund bleiben. Es ist nicht immer nur das körperliche Leiden, es ist auch das psychische Leiden, das einfach behandelt werden muss.“

Ministerin Schumann spricht damit ein Problem an, das seit der Pandemie stark zugenommen hat: steigende Depressions- und Angstsymptome bei jungen Menschen, fehlende Therapieplätze und lange Wartezeiten. Gerade hier sei ein niederschwelliger Zugang entscheidend, betont sie. Und sie fügt an: "Man es auch als positives Zeichen sehen, dass darüber gesprochen wird. Wir sind doch in einer Enttabuisierung der psychischen Leiden. Und auch das ist ein wichtiger Schritt: darüber zu reden, dass nicht nur der Körper krank sein kann, sondern auch die Seele." 

- zur neuen Gesundheits-Aktion des "Social Prescribing (der sozialen Verschreibung): „Wir haben die Fördersumme verzehnfacht auf 4,8 Millionen Euro. Viele Menschen kommen zwar mit körperlichen Leiden, haben aber im Hintergrund ganz andere psychosoziale Probleme wie zum Beispiel Spielschulden, die die Krankheit auslösen oder verstärken können. Dass das wahrgenommen wird, ist wirklich wichtig. Es ist eine gute Variante, auch im ländlichen Bereich: ein Haus, in dem alles beisammen ist und wo man als gesamter Mensch betrachtet wird und nicht nur bezüglich der gesundheitlichen Problemstellen. Es geht aber auch um das Aktivieren von lokalen Netzwerken wie etwa der Schuldnerberatung."  

- zur Arbeit in der Regierung: "Wir haben wirklich ein gutes Gesprächsklima untereinander."

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