Auch Tschechiens Präsident übt Kritik an der Strompreis-Hysterie.
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht durch den von Deutschland angekündigten Ausstieg aus der Atomenergie "keinen dramatischen Anstieg" der Strompreise. "Zahlenspiele" von einer Anhebung um 20 oder 30 Prozent wären "vorschnell und würden zu falschen Reaktionen führen", sagte Mitterlehner am Freitag nach dem EU-Energieministerrat in Luxemburg. Einen eigenen Sonderrat der Energieminister, wie Frankreich das zuletzt wegen des deutschen Alleingangs verlangt habe, werde es nicht geben, sagte Mitterlehner.
Die Analyse der EU-Experten über die Konsequenzen eines Ausstiegs Deutschlands aus der Atomenergie würden in die Gesamtstrategie zum Energie-Fahrplan einfließen. Es gehe dabei nicht nur um eine Mengenberechnung, sondern auch um Auswirkungen auf Nachbarländer, die eine Entscheidung in einem EU-Land in anderen Staaten auslöst.
Keine Einschränkung der nationalen Energie-Souveränität
Dass damit eine Einschränkung der nationalen Souveränität im Energiemix erfolgen werde, glaubt Mitterlehner nicht. "Es ist keine Einschränkung, aber wir werden auf die Konsequenzen eingehen, was das für den Leitungsausbau und die Vernetzung von Projekten betrifft". Dabei führte der Minister Gas als Brückentechnologie an. Die ganze Diskussion sei erst am Anfang, "aber es gibt eine starke Bewegung". Jedenfalls gelte es, einen "Modus zu entwickeln, eine gemeinsame Strategie, um die Auswirkungen einer Entscheidung eines Landes auf andere Länder auch im Griff zu haben". Dabei sollte es auch "Kennzeichnungs- und andere Regeln geben", um auszuschließen, dass ein Land die Atomproduktion erhöht.
Klare Spielregeln für AKW-Stresstests
Zu den AKW-Stresstests sagte Mitterlehner, hier sollte es eine vernünftige Linie geben. "Ganz klare Spielregeln sind notwendig, was mit den Ergebnissen passiert. Wir sind uns einig, dass ein Stresstest weder auf der einen Seite eine Art automatisches Gütesiegel für die ist, die das weiterbetreiben wollen, noch automatisch ein Abschaltbetrieb für jene, die Atomenergie nicht haben wollen. Es muss ein Mittelweg sein". Insgesamt habe es beim Energieministerrat eine "sehr intensive Diskussion über die Konsequenzen aus dem Ausstieg aus der Atomenergie" gegeben.
Fortschritte bei Energieffizienz-Debatte
Die Energieminister hätten sich beim Thema Energieeffizienz darauf verständigt, etwas weiter zu bringen. "Auf dem Weg der CO2-Absenkung um 20 Prozent sind wir gut unterwegs, auch bei der erneuerbaren Energie. Aber am wenigsten haben wir noch im Bereich der Energieeffizienz weiter gebracht. Die Effizienz ist natürlich in Korrelation zum Atomausstieg zu sehen, weil hier Möglichkeiten bestehen, die Potenziale wieder auszugleichen".
Auch Tschechiens Präsident Klaus gegen Strompreis-Hysterie
Auch der bekannt europaskeptische tschechische Staatspräsident Václav Klaus warnt vor einer vorschnellen Strompreis-Debatte. Er bewundere jene Experten und Politiker, die schon heute voraussagten, wie viel der Strom in zehn Jahren kosten werde: "Das sind Genies. Denn das kann niemand wissen und es macht keinen Sinn, darüber zu sprechen", so Klaus gegenüber Radio Prag. Den deutschen Atom-Ausstieg bezeichnete Klaus bei einem Besuch diese Woche in Hamburg als "unvernünftigen, populistischen Schritt".