"Wir sind von russischem Gas abhängig"

Außenminister Schallenberg lehnt Gas-Embargo weiter ab

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''Ich würde mir eine andere Situation wünschen, aber wir sind von russischem Gas abhängig'', betonte der Außenminister.

Salzburg. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Samstag bei einer Diskussion am Global Europe Seminar Salzburg ein Gas-Embargo gegenüber Russland weiter abgelehnt, denn dafür brauche es Zeit. "Ich würde mir eine andere Situation wünschen, aber wir sind von russischem Gas abhängig", betonte der Außenminister. Russland werde immer ein Nachbar Europas bleiben, aber Russland sei nicht Wladimir Putin. "Zu Putin ist das Vertrauen verschwunden", konstatierte der Außenminister.

Einen NATO-Beitritt Österreichs schloss Schallenberg dezitiert aus, da gebe es keine Diskussion. Österreich sei ein militärisch neutrales Land, aber nie politisch neutral gewesen. Dennoch werde man das Militärbudget erhöhen und sich in eine europäische Sicherheitsarchitektur einbringen, denn es gebe keine Rechtfertigung für den russischen Angriff auf die Ukraine.

Schallenberg: "Dann kam die Schocktherapie"

Zweifelsohne habe man Fehler gemacht, als man dachte, dass sich Russland oder die Türkei Europa annähern würden, doch "dann kam die Schocktherapie". "Jetzt bewegen wir uns gemeinsam", so Schallenberg. Noch nie habe es angesichts des russischen Angriffskriegs so große Einigung im Europäischen Rat gegeben. Wenn sich der Westen zusammentue, zeige sich, "dass wir wirklich zu fürchten sind". Von diesem geopolitischen Moment aus sollte man was schaffen, so der Außenminister.

Der ehemalige NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach sich indes für ein Gas-Embargo gegenüber Russland aus. "Der Preis für ein Gas-Embargo wird niedriger sein, als eine Fortsetzung des Krieges. Ich möchte keine Politik betreiben, wo man uns sagt, wir sind Komplizen Putins in der Kriegsführung", betonte der frühere dänische Premierminister.

Rasmussen plädierte dafür, die europäische Säule der NATO zu stärken, denn die EU müsse sehr viel tun, um ihre Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen. Eine europäische Armee werde es nie geben, denn die einzelnen Nationen würden ihre Souveränität nie abgeben wollen. Wenn die EU-Staaten Truppen verlegen wollten, müssten sie die USA um Hilfe bitten, so Rasmussen. Die EU müsste zudem mindestens der Ukraine, Georgien und Moldau einen Kandidatenstatus geben und auch Nicht-EU-Länder einladen bei der ständigen strukturierten Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik PESCO mitzuwirken. Zudem sollte man sicherstellen, dass alle EU-Staaten gegenüber Russland den selben Ansatz verfolgten.

Tchakarova: Europa sei nicht vorbereitet gewesen

Velina Tchakarova, Direktorin des Austrian Institute for European and Security Policy, betonte, Europa habe den Krieg gebraucht, um aufzuwachen. Europa sei nicht vorbereitet gewesen. Putin führe "auch einen Krieg gegen uns, indem er die Wirtschaft schädigt und so den Druck in den europäischen Hauptstädten erhöht". Nun fürchten sich sehr viele regionale Akteure "vor dem Szenario eines neuen Kalten Krieges 2.0". "Vielleicht wollte das Putin auslösen, er hätte diesen Krieg nie gestartet, wenn er nicht umfassende Unterstützung durch China erfahren hätte", erklärte Tchakarova.

Der ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Horst Teltschik, zeigte sich überzeugt, dass der Ukraine-Krieg militärisch wohl nicht zu lösen sei. Man höre immer von Fehlern der NATO bei der Osterweiterung, doch seine Erfahrung sei, dass es am Ende immer auf die Verhandlungen der verantwortlichen Politiker darauf ankomme. "Und die Politiker in anderen Ländern kann man sich nicht aussuchen, da gibt es sehr Kluge und Andere", so Teltschik.

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