Abteilung war zuletzt im U-Ausschuss gehörig unter Beschuss geraten.
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) wird die im derzeit laufenden Untersuchungsausschuss massiv unter Beschuss gekommene politische Abteilung der Wiener Staatsanwaltschaft auflösen. Fälle gegen Politiker sollen künftig von den sachlich zuständigen Abteilungen geführt werden, kündigte Bandion-Ortner am Sonntag in der ORF-Pressestunde an. "Die heiklen Verfahren, die Amtsdelikte, die werden seit Anfang des Jahres ohnehin bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft behandelt", so die Justizministerin. Im U-Ausschuss aussagen will die Ministerin allerdings nicht.
Unter Beschuss
Die politische Abteilung war im
Untersuchungsausschuss zu diversen Justiz- und Spitzelaffären scharf unter
Beschuss geraten, weil dort u.a. eine Anzeige gegen den früheren
Innenminister Ernst Strasser (V) bis zur Verjährung der Vorwürfe "übersehen"
wurde. Bandion-Ortner verwies diesbezüglich auf eine laufende Prüfung dieses
Vorfalls. Allerdings betonte sie auch, dass das Verfahren gegen Strasser
letztlich nicht wegen Verjährung eingestellt worden sei, sondern weil der
behauptete Tatbestand (Amtsmissbrauch, Anm.) "nicht gegeben war".
Keine Aussage
Im Untersuchungsausschuss, der nach dem Willen der
Koalitionsparteien im Dezember beendet werden soll, will Bandion-Ortner
weiterhin nicht aussagen. "Es besteht kein Sinn, denn ich habe schon
alle Fragen beantwortet", verwies sie auf die von der Opposition
einberufene Sondersitzung am 5. November. Außerdem sei sie zum Zeitpunkt der
im Ausschuss behandelten Fälle noch nicht im Amt gewesen: "Ich
müsste unter Wahrheitspflicht aussagen. Was soll ich bitte unter
Wahrheitspflicht aussagen, wenn ich nicht dabei war?"
Abgeschlossen ist laut Bandion-Ortner die von ihr eingesetzte Expertengruppe zur Transparenz der Staatsanwaltschaft. Die Vorschläge der Experten werde sie umsetzen, kündigte die Ministerin an. Unter anderem soll der Rechtsschutzbeauftragte künftig das Recht erhalten, die Fortführung von Verfahren zu beantragen, die die Staatsanwaltschaft einstellt. Fehler eingestanden wurden von der Justizministerin einmal mehr beim Umgang der Staatsanwaltschaft mit der parlamentarischen Immunität. "Da sind durchaus Fehler passiert", so Bandion-Ortner. Allerdings habe es bereits einen Erlass zur Klarstellung gegeben.
Zusätzliches Personal gefordert
Bandion-Ortner (V) fordert
zusätzliches Personal für die Staatsanwaltschaft: "Wir brauchen mehr
Planstellen." Finanzminister Josef Pröll (V) habe "Unterstützung
signalisiert". "Noch scheitert es an Gesprächen mit dem Bundeskanzleramt",
so die Justizministerin. Sie sei aber zuversichtlich, dass
Beamtenstaatssekretärin Gabriele Heinisch-Hosek (S) "Verständnis zeigt".
Außerdem könnte sich Bandion-Ortner vorstellen, 200 Post- und Telekom-Beamte
aufzunehmen.
Stärken will Bandion-Ortner auch das Wirtschafts-Know-How der Staatsanwaltschaften, um "Waffengleichheit" mit den Unternehmen zu garantieren. Künftig soll es vier "Wirtschaftskompetenzzentren" mit speziell ausgebildeten Staatsanwälten und Schnittstellen zur Nationalbank und zur Finanzmarktaufsicht geben. Vorbild sollen die bayerischen "Schwerpunktstaatsanwaltschaften" sein: "Wir müssen einfach die redlichen Unternehmer vor den unlauteren Mitbewerbern schützen." "Ordentlich ausstatten" will die Justizministerin auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die derzeit erst sieben Mitarbeiter umfasst.
Kritik an Kaprun-Verfahren aus Deutschland
Gegen Kritik aus
Deutschland verteidigt wurde von Bandion-Ortner das umstrittene
Strafverfahren nach der Gletscherbahn-Katastrophe
von Kaprun mit 155 Toten. Im Verfahren wurden alle 16 Angeklagten
freigesprochen. Deutsche Gutachter zweifelten allerdings die diesem Urteil
zugrundeliegenden Expertisen ihrer österreichischen Kollegen massiv an.
Bandion-Ortner verwies dagegen auf den Grundsatz "im Zweifel für den
Angeklagten": "Die Freisprüche sind teilweise aus diesem Grund erfolgt. Wir
können jemanden nur verurteilen, wenn wir hundertprozentig überzeugt sind."
"Touch von Kriminalität"
Nur knapp kommentierte
Bandion-Ortner die in ÖSTERREICH veröffentlichte Anzeige von Ex-BAWAG-Chef
Helmut Elsner gegen sie und ihren Kabinettschef Georg Krakow. Als
Richterin hatte Bandion-Ortner vor ihrem Wechsel in die Politik das
Strafverfahren gegen Elsner geleitet, Krakow war der zuständige
Staatsanwalt. Elsner bezichtigt sie u.a. der Beweismittelunterdrückung.
Bandion-Ortner bezeichnet die Anzeige als "alte Geschichte": "Kein Wunder,
dass so viele Anzeigen eingestellt werden. Es wird einfach einmal drauf los
angezeigt und das Ziel ist, jemandem einen Touch von Kriminalität zu
bescheren."
Homo-Ehe praktikabel
Dass die eingetragene
Partnerschaft für Homosexuelle bei Bezirkshauptmannschaft und
Magistraten und nicht am Standesamt geschlossen werden soll, verteidigte
Bandion-Ortner als "praktikable Lösung". Homosexuelle hätten künftig "fast
die selben Rechte und Pflichten wie ein Ehepaar". Eine völlige
Gleichstellung etwa auch im Adoptionsrecht habe man nicht vorgenommen, "weil
es in der Natur der Sache einige Unterschiede gibt".