Gesetz geändert

Behinderte Kinder als "Schaden"

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Bislang kann die Geburt behinderter Kinder Schadenersatzansprüche auslösen.

Nach geltendem Recht kann die Geburt behinderter Kinder Schadenersatzansprüche auslösen, auch wenn das Verhalten des behandelnden Arztes am Herbeiführen der Beeinträchtigung nicht schuld ist. Das wird nun geändert. Ab 1. Juni 2011 tritt ein neues Gesetz in Kraft, das klarstellen soll, dass die Geburt und Existenz eines Kindes mit Behinderung "keinen Schaden darstellt", sagte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner Donnerstagmittag bei einer Pressekonferenz.

Würde wahren
Mit dem neuen Gesetz wollte man nicht nur die Würde behinderter Menschen wahren, sondern auch den hohen Druck, der auf den Ärzten lastete, nehmen, sagte ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg. "OGH-Urteile gestanden Eltern behinderter Kinder immer wieder hohe Schadenersatzsummen zu. (...) Die Eltern argumentierten, sie hätten das Kind abgetrieben, wenn sie von dieser Diagnose vor der Geburt des Kindes Kenntnis erlangt hätten", sagte Huainigg.

Untersuchungen
Bei der medizinischen Betreuung von schwangeren Frauen hätten Ärzte zudem dazu gedrängt, die ganze Palette an vorgeburtlichen Untersuchungen durchzuführen - "auch ohne Anlass und mit zusätzlichen Risiken für das werdende Kind", sagte der ÖVP-Behindertensprecher. "Sie rieten oft bei geringstem Verdacht auf eine Behinderung zu einer Abtreibung."

Kunstfehler
Nun können Mediziner nur für Kunstfehler während der Schwangerschaft und bei der Geburt verantwortlich gemacht werden, sagte Georg Kathrein, Sektionschef im Justizministerium. Bei einer möglichen Fehldiagnose könne der Schadenersatzanspruch nicht mehr geltend gemacht werden. Der Aufklärungsverpflichtung über eine mögliche Behinderung des ungeborenen Kindes müssen Ärzte weiterhin nachkommen, erklärte Kathrein. "Das ist weiter Kardinalspflicht."

Geändert wird das Schadenersatzrecht als Teil des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (Paragrafen 1293 ABGB). Die Bestimmung wird dann angewendet, wenn das Kind nach dem 31. Mai 2011 geboren wird, so die Justizministerin.

Die besonderen Bedürfnisse von Kindern, die mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung auf die Welt kommen, sollen in weiterer Folge durch besondere Leistungen außerhalb des Schadenersatzrechtes gedeckt werden. Huainigg forderte bei der Pressekonferenz weitere sozialrechtliche Schritte: "Wir müssen Familien mit behinderten Kindern besser unterstützen und den behinderungsbedingten Mehraufwand besser absichern", meinte der ÖVP-Behindertensprecher.

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