Journalisten, Ärzte, Anwälte

Berufgeheimnis: Karl rudert zurück

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Am Montag soll der Gesetzesentwurf entschäft werden.

Justizministerin Beatrix Karl (V) muss bei der umstrittenen Novelle der Strafprozessordnung nun doch zurückrudern. Kern der Debatte ist die Frage, ob Staatsanwaltschaft und Polizei auch dann Einsicht in beschlagnahmte Unterlagen nehmen dürfen, wenn diese dem Anwalts-, Arzt- oder Redaktionsgeheimnis unterliegen. Karls Gesetzesentwurf hätte das unter bestimmten Umständen möglich gemacht. Bei einem Gespräch mit Justizsprechern der Parlamentsparteien und Experten soll nun am Montag über eine Entschärfung verhandelt werden.

Keine Stellungnahme in Tirol
Karl selbst wollte zu der Causa bei einem Besuch in Tirol am Freitag nicht Stellung nehmen. Ihre Sprecherin bestätigte allerdings, dass die Ministerin bei dem Gespräch kommende Woche "mit mehreren Varianten" zur Reform der umstrittenen Passage aufwarten wird. Der Entwurf in seiner derzeitigen Fassung sei "nicht in Stein gemeißelt". Es sei "normales parlamentarisches Prozedere", diesen parteiübergreifend zu diskutieren, sagte die Sprecherin.

Kern der Kritik: Wenn bei einer gerichtlich genehmigten Hausdurchsuchung Unterlagen von Anwälten, Ärzten oder Journalisten beschlagnahmt werden und der davon Betroffene dieser Sicherstellung widerspricht, muss nach derzeitiger Rechtslage das Gericht entscheiden, ob die Unterlagen vom Berufsgeheimnis geschützt sind und der Staatsanwaltschaft folglich entzogen bleiben. Bis zu dieser Entscheidung werden die Unterlagen versiegelt im Gericht verwahrt. Das Justizministerium will das nun ändern: Künftig würde das Einspruchsrecht wegfallen, wenn gegen Anwälte, Ärzte oder Journalisten als Beschuldigte in einem Strafverfahren ermittelt wird. Auch das explizite Verbot der Einsichtnahme durch die Ermittler würde entfallen. Im Gegenteil: Sie würden Gelegenheit erhalten, Einblick in die Unterlagen zu nehmen. Vorgesehen ist nämlich eine gemeinsame Durchsicht der Dokumente mit dem Betroffenen.

Auf jeden Fall geändert wird nun allerdings, dass Angehörige geschützter Berufsgruppen, gegen die als Beschuldigte ermittelt wird, weiterhin ein Widerspruchsrecht gegen die Beschlagnahme ihrer Unterlagen erhalten werden. Das bestätigt SP-Justizsprecher Hannes Jarolim, der damit "die Hauptstoßrichtung der Kritik erfüllt" sieht. Über andere Punkte - etwa die Beibehaltung der versiegelten Verwahrung der Unterlagen bei Gericht - werde man noch diskutieren. "Da werden wir sicherlich auf einen grünen Zweig kommen. Wenn nicht, dann wird es das Gesetz in der Form nicht geben", so Jarolim.

Deadline ist Dienstag
Geklärt werden müssen die Fragen spätestens bis zum Justizausschuss am Dienstag. Am Montagnachmittag beraten daher die Justizsprecher der Koalition mit Ministerin Karl und externen Experten im Justizministerium. Danach gibt es ein Gespräch mit den Justizsprechern von FPÖ und Grünen. FP-Mann Peter Fichtenbauer hatte bereits am Freitag angekündigt, das Gesetz "zurück an den Start" schicken zu wollen. Und für den Grünen Albert Steinhauser ist auch die gemeinsame Sichtung der beschlagnahmten Unterlagen durch Betroffene und Staatsanwalt inakzeptabel: Auch das würde das Berufsgeheimnis "durchlöchern".

Gar nicht erst ins Justizministerium kommen will BZÖ-Justizsprecher Gerald Grosz. Grund: Karl hatte behauptet, die umstrittene Neuregelung auf Anregung des Grazer Oberlandesgerichts durchgeführt zu haben. Dort zeigte man sich allerdings überrascht über diese Darstellung. Das OLG Graz hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetz nämlich keine Einschränkung der Berufsgeheimnisse gefordert, sondern lediglich vor einer Ausweitung des Einspruchsrechts auch auf nahe Angehörige von Beschuldigten gewarnt. Grosz wirft der Ministerin nun vor, das Parlament "angelogen" zu haben: "Ich werde mich mit dieser Justizministerin nicht mehr in einem Rahmen unterhalten, wo es kein (stenografisches, Anm.) Protokoll gibt."

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