Winkler als "Mastermind" dargestellt

Buwog-Prozess: Zeugen belasten Grasser

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Zeugin: Widersprüchlicher Akt wurde mir von Winkler aus der Hand gerissen und nicht mehr zurückgegeben.

Im Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere haben heute die beiden Zeugen schwere Vorwürfe erhoben. Die Buwog-Vergabekommission sei demnach "zum Krenreiben" gewesen und es sei zwischen den Zeilen erkennbar gewesen, dass beim ersten Bieterverfahren die "Falschen" gewonnen hätten. Eine Ex-Sektionschefin rückte heute auch den damaligen Kabinettschef Matthias Winkler in den Fokus.

Während Winkler bei seiner Zeugenaussage im Februar seine Rolle im Kabinett Grasser kleinredete und sagte, dass er für inhaltliche Fragen nicht zuständig gewesen sei, war er für die Zeugin die zentrale Schaltstelle, an der auf dem Weg zu Grasser keiner vorbeikam. Als sie im Zuge des Buwog-Vergabeprozesses mit einem widersprüchlichen Akt zu Winkler gegangen sei, habe er ihr diesen aus der Hand gerissen und nicht mehr zurückgegeben - obwohl sie die Zuständige für den Akt war.

Zeugin: "Es hat sich bei mir ein ungutes Gefühl verdichtet"

Aus dem Akt sei ersichtlich gewesen, dass das, was der Öffentlichkeit als Kaufpreis vermittelt wurde, nicht mit der Aktenlage übereinstimmte. "Es hat sich bei mir ein ungutes Gefühl verdichtet", so die Zeugin unter Wahrheitspflicht. Sie habe im Nachhinein überlegt, ob sie nicht Anzeige hätte erstatten sollen. Letztendlich habe sie aber Angst gehabt, selbst zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Als sie dann die Bedingungen für ihr Ausscheiden aus dem Ministerium verhandelte und es Widerstand gegen ihre Wünsche gab, waren diese innerhalb von zehn Minuten vom Tisch, als sie den Akt ins Spiel brachte. Sie habe dann umgehend ein hervorragendes Arbeitszeugnis und die gewünschte Abfertigung erhalten. Die Zeugin wiederholte und untermauerte heute mehrmals ihre Aussage, dass nach der ersten Bieterrunde für die Buwog offensichtlich der "Falsche" gewonnen hatte.

Zur Einordnung: Nach der ersten Bieterrunde hatte die CA Immo/Bank Austria deutlich mehr geboten als die Immofinanz/RLB OÖ. Nach der zweiten Bieterrunde, deren Durchführung Grasser laut Zeugen entschied, lag dann die Immofinanz ganz knapp voran.

Vor der Zeugin war der frühere Budgetsektionschef im Finanzministerium, Gerhard Steger, als Zeuge geladen. Er zeichnete am 85. Prozesstag - im Gegensatz zu anderen Zeugen bisher - ein wenig schmeichelhaftes Bild von Grasser als Chef. "Mir kommen die Tränen", meinte er zu den Aussagen anderer Kabinettsmitarbeiter. Grasser sei nur nett gewesen, solange er etwas gebraucht habe - konnte anderweitig aber sehr grantig werden.

"Kommission hatte in Wirklichkeit nichts zu reden"

Zur Vergabekommission, die Grasser als Garant für Objektivität bezeichnet hatte, meinte Steger, diese sei "zum Krenreiben" gewesen und habe nur dazu gedient, öffentlich einen guten Eindruck zu machen. Dass die Kommissionssitzungen an keine klaren Vorgaben gebunden war, wie Zeugen zuvor ausgesagt hatten, widersprach Steger. Sonst hätte man ja keine definitiven Vorgaben gebraucht.

"Das Ganze sollte einen Objektivierungseindruck machen, und in Wirklichkeit hat die Kommission nichts zu reden gehabt." Um festzustellen, wer der Bestbieter sei, also wer mehr geboten habe, dazu brauche man keine Kommission", so der Zeuge zu Richterin Marion Hohenecker. Er, Steger, habe am Anfang große Hoffnungen in Grasser gesetzt, doch seine angekündigten Vorhaben seien dann im Sand verlaufen.

Dabei wäre Grasser noch für höhere Weihen vorgesehen gewesen, wie heute die Zeugin am Nachmittag aussagte - demnach habe sein Kabinettschef Matthias Winkler an der "Mission" gearbeitet, Grasser zum Bundeskanzler einer wirtschaftsliberalen Regierung zu machen. Wie überhaupt Winkler der "Mastermind" im Ministerium war, ohne dem nichts ging, so die Zeugin. Winkler selbst hatte bei seinem Zeugenauftritt im Februar seine Rolle im Ministerium sehr gering dargestellt. Inhaltlich sei er in die Privatisierung der Buwog gar nicht eingebunden gewesen.

Die Aussagen damals hatten wiederum die beiden Mitangeklagten, Lobbyist Peter Hochegger und Ex-Telekomvorstand Rudolf Fischer, so erzürnt, dass sie nach Winklers Zeugenbefragung das Wort im Gerichtssaal ergriffen und ihn stark belasteten. So soll Winkler selbst um eine Scheinrechnung für ein Sponsoring durch die Telekom Austria angefragt haben.
 

"Hohe Anspannung" bei Winkler und Traumüller

Eine zentrale Rolle spielte heute auch die Aussage der damals stellvertretenden Sektionschefin, dass nach der Buwog-Anbotsöffnung in der ersten Runde der damalige Ex-Kabinettschef Heinrich Traumüller - laut Zeugin die wichtigste Person in der Causa Buwog neben Winkler - bei ihr in der Tür stand und davon sprach, dass man nun ein Problem habe und Traumüller daraufhin hektisch ins Büro von Winkler ging. Sie habe das so interpretiert, dass der "Falsche" gewonnen habe.

"Offenbar gab es noch etwas anderes als die Maximierung des Kaufpreises." Bei Winkler und Traumüller habe hohe Anspannung geherrscht, so die Zeugin. Davon ließ sie sich auch nicht durch die Fragen von Grasser-Verteidiger Norbert Wess abbringen. "Sie wollen mich aufs Glatteis führen", so die Zeugin im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts.

Morgen wird weiter verhandelt, als Zeugen geladen sind der Ex-ÖVP-Bautensprecher Wolfgang Grossruck und der damalige Vorsitzende der Bundesvergabekontrollkommission, Josef Aicher.
 

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