Sein Innenminister und die Wiener SPÖ attackieren sich seit Wochen. Nun sprach erstmals der Bundeskanzler bei Fellner! LIVE über die Entwicklung in der Hauptstadt.
Es ist ein wahres Polit-Hick-Hack um das Corona-Cluster in Wien entbrannt. Vor allem Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hielt sich mit Attacken gegen die Stadt Wien nicht zurück. Vor allem die Schlagzeilen rund um Leihmitarbeiter, die trotz positivem Corona-Tests arbeiten gegangen sind, stießen der ÖVP sauer auf. Die SPÖ Wien aber wehrte sich. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) forderte zuletzt sogar Bundeskanzler Sebastian Kurz auf, in seiner Regierung Ordnung zu schaffen. Bis zuletzt hatte sich der Regierungschef aus den Streitereien herausgehalten. Nun sprach er im oe24.TV-Interview bei Fellner! LIVE über die Situation in der Hauptstadt und wie er diese einschätzt.
"Grundsätzlich gilt, dass die Menschen in ganz Österreich Großartiges leisten, damit die Ansteckungszahlen so niedrig sind. Die Behörden haben allerdings auch eine Verantwortung. Nämlich die positiv getesteten Menschen zu isolieren", so Kurz. "Wenn es stimmt, dass in Wien Menschen positiv getestet wurden und dann arbeiten gegangen sind, dann ist das problematisch. Wer positiv getestet wurde, muss isoliert werden und darf nicht arbeiten gehen", stellt er klar.
Generell müsse man die Situation in Wien genau beobachten, meint der Bundeskanzler. "Der Innenminister hat angeboten, dass die Polizei, wie in den acht anderen Ländern hilft, infizierte Personen zu isolieren. Wir müssen eine zweite Welle und einen zweiten Lockdown unbedingt verhindern", betont Kurz.
Riesen-Streit um Unterstützung der Polizei
Während der Präsentation der Kriminalitätsentwicklung während des Lockdowns hatte Nehammer Wien als weißen Fleck auf einer roten Österreich-Karte dar, in dem als einzigen keine "Überwachung von Quarantänemaßnahmen durch die Polizei" stattfindet. Er mache der Stadt Wien neuerlich das Angebot, Contact Tracing mit Hilfe der Polizei durchzuführen, um "rasch Infektionsketten durchzubrechen". Da 60 Prozent der Neuinfektionen in Wien passieren, brauche es "einen Wellenbrecher", damit eine zweite Welle "uns nicht wieder die Normalität nimmt". Die Gefährlichkeit des Virus sei noch nicht vorbei.
Der Konter aus Wien folgte prompt. Bürgermeister Ludwig erklärte, dass man sich diesen Umgang nicht gefallen lassen werde. Die in den vergangenen Tagen verwendete Terminologie sei aus Wiener Sicht nicht nachvollziehbar. "Wenn die selbst ernannte Flex des Bundeskanzlers davon spricht, er muss Wien vor einem Tsunami bewahren oder er möchte jetzt einen Wellenbrecher vor Wien errichten, frage ich mich: Aufgrund welcher Indizien, aufgrund welcher Zahlen wird eine solche Terminologie verwendet?", zeigte sich Ludwig verärgert.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) versuchte zu vermitteln: Er lädt das Innenministerium zur nächsten gemeinsamen Arbeitssitzung zum Infektions-Cluster Wien/Niederösterreich ein. "Aus meiner Sicht ist die Bekämpfung der Krise weiterhin vielfach wichtiger als Parteipolitik", appellierte Anschober an die Streitparteien, ohne diese konkret zu nennen.
Positive Fälle an Schulen, bei Soldaten im Post-Einsatz
Am Ende der ersten Woche mit in der Coronakrise verstärktem Schulbetrieb sind im Westen und Osten Österreichs an Schulen je zwei Coronavirus-Fälle aufgetreten. Ebenfalls positiv getestet wurden am Freitag zwei Soldaten im Post-Logistikzentrum Hagenbrunn. Auf internationaler Ebene gab es vor dem Wochenende u.a. neue Erkenntnisse in der Bekämpfung des Virus mit Medikamenten und Impfstoffen.
Zwei der positiven Fälle an Schulen betreffen Geschwister an der Volksschule in Schnedlingen in Vorarlberg. Die beiden Kinder haben sich vermutlich in der Familie infiziert, alle sechs Familienmitglieder sind erkrankt. In Wien sind eine Lehrerin an einer Volksschule in Floridsdorf (21. Bezirk, Anm.) und eine Schülerin in einer Volksschule in Wieden (4. Bezirk) betroffen. Weitere Lehrkräfte wurden jeweils unter Quarantäne gestellt, der Schulbetrieb geht aber weiter. Alle anderen Verdachtsfälle mit Schulbezug in Wien wurden negativ getestet.
Wie die Fälle in den Schulen befinden sich auch die in Hagenbrunn positiv getesteten Soldaten und neun Kontaktpersonen in häuslicher Quarantäne. Im Logistikzentrum war eine Stichprobentestung der seit dem Wochenende eingesetzten Bundesheer-Angehörigen durchgeführt worden. Das ABC-Abwehrzentrum führte als Folge der Ergebnisse eine außerplanmäßige Desinfektion der Arbeitsbereiche durch. Im Postzentrum Wien-Inzersdorf, wo das Bundesheer seit Donnerstag tätig ist, gibt es aktuell keine Covid-19-Erkrankungen.