Zwei Szenarien

Dauerkrise oder Neuwahl?

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Einigt sich die Koalition, drohen ein Dauerwahlkampf und Neuwahlen spätestens im Herbst.

Szenario 1 - Einigung: VP will Kern "runterziehen", es droht quälender Dauer-Kleinkrieg

Seit Monaten herrscht in der Koalition ein Kleinkrieg, verursacht durch wachsendes Misstrauen. Dass eine Einigung auf ein Arbeitsprogramm plötzlich Vertrauen zwischen den Parteien herstellen kann, muss stark bezweifelt werden. Drohen die Fortsetzung des Dauerstreits und im Herbst erst recht Neuwahlen?

Experten. Die Politikexperten Heidi Glück und Thomas Hofer halten einen Neustart für möglich – da müssten ­allerdings gleich mehrere Bedingungen erfüllt sein: Kern müsse ein detailliertes Programm bei der ÖVP sowie gleichzeitig mehrere wichtige SPÖ-Projekte, wie die Arbeitsgarantie für über 50-Jährige, durchsetzen. Glück wiederum glaubt, es könne nur klappen, wenn Streitereien aufhören.

Landeshauptleute funkten in die Verhandlungen hinein

„Streit aus“ geht nicht. Doch genau das ist mehr 
als unwahrscheinlich. Ak­tuellstes Beispiel: Just am Höhepunkt des Koalitions­pokers funkten zwei Landeshauptleute hinein: Der Burgenländer Hans Niessl (SPÖ) empfahl seinem Bundesparteivorsitzenden Kern, sich andere Mehrheiten – sprich eine mit der FPÖ – zu suchen. Der Steirer Hermann Schützenhöfer (ÖVP) wiederum warf der SPÖ und Kern „Scheinverhandlungen“ vor.

ÖVP-Chaos. Dazu kommt: Die ÖVP hat gleich mehrere „Kraftzentren“. So ist ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sehr geschwächt. Die Regie führt etwa im Sicherheits­bereich der streitbare Innenminister Wolfgang Sobotka, der sich weder von Mitterlehner und schon gar nicht von Christian Kern etwas sagen lässt. Und dann natürlich Sebastian Kurz – der als Zukunftshoffnung par excellence am Ende übernehmen soll.

Szenario 2 - Neuwahlen: Termin 21. Mai? Kerns "Plan A" wird zu Wahlprogramm

Kerns „Plan A“ wird zum Programm für eine Wahl am 21. Mai umgemodelt.
 

Wenn die Regierung platzt – und am Freitagabend sprach einiges dafür –, kann die SPÖ sofort den Wahlkampf starten. Als Termin gilt der 21. Mai. Von den drei großen Parteien ist ausgerechnet die SPÖ am besten vorbereitet:

  • „Plan A“. Kerns Plan zur Reform der Republik – präsentiert in seiner Rede in Wels – kann sofort in ein Wahlprogramm umgewandelt werden. Sein Vorteil: Viele Inhalte sind schon bekannt. Der Plan enthält keinen abschreckenden Punkt für die politische Mitte, im Gegenteil. Mit einer harten Ausländerpolitik wollen die Roten zudem FPÖ-Wähler zurückholen.

Tal Silberstein hat den Wahlkampf konzipiert

  • Gegneranalyse. Mit ihrem israelischen Topberater Tal Silberstein haben Kern und SPÖ-Manager Georg Niedermühlbichler den Wahlkampf in Wahrheit schon konzipiert, Silberstein hat die politischen Gegner – allen voran Außenminister ­Sebastian Kurz – bereits analysiert und Schwachpunkte herausgearbeitet.

  • Plakate. Auch Plakate soll es bereits geben; rund um Wien sollen zudem alle guten Plakat­flächen bereits vorgebucht worden sein – man munkelt: Das war die SPÖ.

  • Mann des Volkes. Kern wird, so ist zu hören, ver­suchen, einen bürgernahen Wahlkampf zu fahren: Begegnungen mit Schülern, Arbeitern etc. werden dominieren – schon seit Monaten absolviert Kern eine Art Vorwahlkampf, dokumentiert mit „coolen Fotos“ auf Instagram.

Kurz: ÖVP muss rasch Kandidaten wechseln

Will die ÖVP eine Chance haben, muss sie ihren Spitzenmann wechseln.

Noch ist die ÖVP nicht im Wahlkampfmodus. Das liegt auch daran, dass nicht für alle klar ist: Platzt die Koalition, sind die Tage von Reinhold „Django“ Mitterlehner gezählt, dann muss Kurz ran. Doch Kurz hat noch nicht übernommen.

Ohne Kurz haben die Schwarzen keine Chance

Politberater Thomas Hofer ist sich aber sicher: Will die ÖVP im Kampf um Platz eins mitspielen, kann sie das nicht mit Mitterlehner, dann muss Kurz zumindest den Spitzenkandidaten machen. Entscheidend wird auch sein, wie schnell es die Granden – diesmal ohne Regie Erwin Prölls – schaffen, den jungen Minister zum Spitzenkandidaten zu nominieren. Tröstlich für „Django“: Er könnte in diesem Fall durchaus Parteichef bleiben – vorerst zumindest.

Der Wahlkampfplan von Kurz liegt ebenfalls auf der Hand. Derzeit kann er auf den Parteiapparat nicht zugreifen – Kurz wird wohl versuchen, daraus eine Tugend zu machen und das Parteilogo im Wahlkampf auszublenden.

Wie berichtet, hatte Kurz ja bereits versucht, Irmgard Griss und die Neos an Bord zu holen. Er dürfte also erneut versuchen, eine breite Wahlplattform aus dem Boden zu stampfen.

(gü)

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