So regiert Faymann

Der Neo-Kanzler und sein neues Billig-Büro

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Am Dienstag bezog Bundeskanzler Werner Faymann sein Büro im Kanzleramt. Statt Nobel-Möbel à la Gusi gibt es nun schlichtes Mobiliar.

Werner Faymann startet in ganz neuem Stil als Gusi-Nachfolger: Er warf die teuren Möbel raus und lud Studenten zum ersten Termin.

„Ich hatte zum ersten Mal seit Langem Lampenfieber“, beschreibt der neue Bundeskanzler Werner Faymann seinen ersten Tag am Ballhausplatz.

Bis lange nach Mitternacht hat Faymann in der Nacht vor der Angelobung mit seiner Frau „die Für und Wider“ des Kanzler-Seins diskutiert. Erstmals ist ihm dabei bewusst geworden, wie sehr sich sein Leben in Zukunft ändern wird.

Schon in der Früh, als Faymann seine kleine Tochter in den Kindergarten brachte, hatte er erstmals den für einen Kanzler üblichen „Personenschutz“ – die Kriminalpolizisten, die künftig über seine Sicherheit wachen. Beim Gang vom Kanzleramt in die Hofburg war dieser „Schutz“ noch nicht nötig – im Gegensatz zu früheren Angelobungen gab es diesmal keine Demonstrationen. Nur jubelnde Schulklassen und klatschende Passanten.

Der neue Stil
Faymann begann den ersten Tag als Kanzler mit Schwung. Nach der Angelobung versammelte er die gesamte Regierung zum ersten Ministerrat. Es war eine Sitzung in ganz neuem Stil – kein Streit mehr, kein Schüssel, keine Plassnik, kein Molterer, kein Gusi, kein Buchinger.

Dafür Pröll und Faymann, die auftraten wie „Torpedo Twins“ – wie Polit-Zwillinge, zwischen die kein Blatt passt. Demonstrativ betonten beide ihre Einigkeit, demonstrativ beschlossen sie gemeinsam die Vorverlegung des Ministerrats von Mittwoch auf Dienstag. ­Demonstrativ wollten sie abends mit ihren Ehefrauen zu Toni Mörwald ins Ambassador essen gehen.

Zwar fiel der gemeinsame Abendtermin (der fast schon zu kitschig für die raue politische Realität wirkte) dem Terminstress zum Opfer. Doch ersetzt wurde das gemeinsame Abendessen durch einen gemeinsamen ZiB 2-Auftritt, in dem Pröll und Faymann die neue Gemeinsamkeit dem TV-Publikum präsentierten.

Der Volkskanzler
Faymann selbst will künftig jede Arbeitswoche Montag um 8 Uhr früh mit einem ­demonstrativen „Arbeitsfrühstück“ mit Josef Pröll beginnen, bei dem gleich alle Regierungsprobleme besprochen werden.

Auch die heutige Regierungserklärung hat Faymann Wort für Wort mit seinem Regierungspartner abgestimmt. Es soll ein Plädoyer für ein kräftiges Konjunkturprogramm werden.

„Wir beide sehen uns als Feuerwehrleute“, sagt Faymann im Interview. „Und wir brauchen so viel Löschwasser wie möglich!“

Der neue Kanzler will einen ganz neuen Stil auf den Ballhausplatz bringen. Er will sein Kanzler-Büro für die Bürger öffnen. Gestern empfing er gleich nach der Angelobung als ersten Termin eine Delegation kritischer Studenten, die vor zwei Jahren Kanzler Gusenbauer noch ausgepfiffen hatten. Es wurde ein extrem amikales Gespräch.

Künftig sollen zumindest zweimal täglich Bürger-Termine in den Kalender eingeplant werden.

Und Faymann hat sich fest vorgenommen, einen Tag der Woche als Kanzler in den Bundesländern zu verbringen. Schon diesen Donnerstag fährt er zu den MAN-Arbeitern nach Steyr. Faymann: „Ich will vor Ort erfahren, welche Sorgen die Arbeiter der Autoindustrie in der aktuellen Krise haben.“

Ballhausplatz
Der Kanzler hat Wort gehalten: Als Werner Faymann diesen Sonntag in ÖSTERREICH ankündigte, er werde mit seinem Billig-Schreibtisch aus dem Verkehrsministerium ins noble Kanzleramt übersiedeln, hielten das viele Leser für ­einen PR-Gag.

Gestern kam die Stunde der Wahrheit: Punkt 8 Uhr früh kam der Möbelwagen mit Faymanns Minimal-Möbeln. Während Faymann in der Hofburg angelobt wurde, schraubten Arbeiter den neuen Kanzler-Schreibtisch in wenigen Minuten zusammen – und trauten ihren Augen nicht:

Werner Faymann regiert wirklich von einem schlichten, gerade 600 Euro teuren BENE-Schreibtisch aus: weiße Tischplatte, simple Stahlstützen, ein Laptop, ein Telefon.

Faymann bestand auch darauf, seinen provokant billig wirkenden Konferenztisch, der schlicht aus vier zusammengestellten BENE-Bürotischen besteht, ins neue Kanzleramt mitzunehmen.

An diesem billigsten Konferenztisch Österreichs müssen ab sofort die Staatsgäste der Republik Platz nehmen.

Die teuren Jugendstilmöbel mit roten Samtsesseln wanderten in den Keller und werden verkauft – die noblen Designer-Möbel von Alfred Gusenbauer bekam der Ex-Kanzler mit auf den Weg.

Faymann will heute auch die teuren Bilder, die Vorgänger Gusi an der Wand montieren ließ, abhängen.

Faymann: „Ich will ein Zeichen setzen, dass man sparsam und ohne Prunk regieren kann. Es kommt nicht auf die Möbel an – sondern auf die Einstellung, mit der man ans Werk geht. Ich will in meinem Büro eine sachliche Atmosphäre – die Menschen sollen spüren: Hier wird gearbeitet wie in jedem anderen Büro im Land. Das hier ist kein Repräsentationsraum, sondern ein Arbeitsraum.“

Am Billig-Konferenztisch nahmen als erste kritische Studenten Platz. Sie waren begeistert: „Toll, dass Faymann mit dem ganzen Prunk im Kanzleramt abfährt …“

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