Die Regierung mit Faymann und Pröll an der Spitze kann die Probleme besser lösen als das Duo Gusenbauer-Molterer, glaubt AK-Chef Tumpel.
Arbeiterkammerpräsident Herbert Tumpel sieht die sich abzeichnende neue Regierung deutlich positiver als die abtretende. "Die Richtung stimmt wenigstens", so Tumpel am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Er glaubt auch, dass die neu agierenden Personen besser im Stande sein werden, die Probleme zu lösen.
Gewerkschaft im Sozialministerium
Dass ÖGB-Präsident Rudolf
Hundstorfer Sozialminister werden soll, begrüßt Tumpel. Er sei "ganz
stolz" darauf, dass ein Gewerkschafter wieder mit dieser Funktion
betraut werde und auch überzeugt davon, dass er diese Position hervorragend
ausfüllen werde.
Nicht jedes Detail fixieren
Tumpel ist dagegen, im
Koalitionsabkommen alle Details genau zu regeln. "Die Welt ändert sich."
Es sei notwendig, dass sich die Regierung ihren Handlungsspielraum auch
geistig offen halte. Die strittige Frage der EU-Volksabstimmungen ist für
den AK-Präsidenten eine "Scheindiskussion". "Das ist
nicht das Problem, das die Menschen berührt."
"Irrsinnige Versäumnisse" der Altregierung
Gar
nicht gut zu sprechen ist der AK-Präsident auf die alte Regierung. "Ersparen
sie mir diesen Satz", sagte er zur Aufforderung nach einer
Qualifizierung. Diese Regierung habe "irrsinnige Versäumnisse"
zu verantworten. Gegen die Teuerung und den Anstieg der Arbeitslosigkeit sei
nichts geschehen, das Konjunkturpaket hätte viel früher kommen müssen, meint
Tumpel.
Zulauf zu FPÖ und BZÖ
"Nicht abschätzbar"
ist für Tumpel, was passiert, wenn die Arbeitslosigkeit steigt. Im Interesse
der Betroffenen "darf es nicht eintreten", dass die
Jugendarbeitslosigkeit ansteige und dann die beiden Rechtsparteien FPÖ und
BZÖ unter den jungen Menschen eine Mehrheit bekommen. Deshalb müsse auf die
Ausbildung der Jugend besonderer Wert gelegt werden.
Horrorzahlen bei Arbeitslosen möglich
Das Krisenszenario des
Wifo, wonach die Anzahl der Arbeitslosen von derzeit rund 200.000 in den
nächsten drei Jahren auf über 300.000 steigen könnte, hält er für "durchaus
realistisch". Auch eine zweistellige Arbeitslosenrate könne man nicht
ausschließen, mit der Stärkung der Massenkaufkraft könne man aber
gegensteuern. Das Vorziehen der Steuerreform lobt der AK-Chef.
Lohnverzicht inakzeptabel
Der Vorschlag von IV-Präsident Veit
Sorger, wonach die Beschäftigten auf bis zu ein Viertel ihres Gehalts
verzichten sollten, ist für Tumpel "nicht akzeptabel". Mieten
und Energie würden ja auch nicht um ein Viertel billiger. Es gebe andere
Instrumente, etwa die Kurzarbeit. "Die Arbeitszeitverkürzung wäre eine
mögliche Lösung, wenn sie damit verbunden ist, dass die Menschen weiterhin
genügend Kaufkraft haben." Die Menschen sollten also weniger
arbeiten, aber einen Lohnausgleich bekommen.
Kritik an Post und Telekom
Die Privatisierung von Post und
Telekom sieht der AK-Präsident sehr kritisch, aber "das ist jetzt
nicht mehr umkehrbar". Die Post habe in den letzten Jahren Gewinne
gemacht, die Privatisierung habe aber dazu geführt, dass Beschäftigung
abgebaut und die Leistung für die Bevölkerung ausgedünnt worden sei. Die
Telekom habe in den letzten drei Jahren "erstaunlich hohe Dividenden"
ausgezahlt, aber es sei zu wenig ins Festnetz investiert worden, kritisiert
Tumpel.
AUA-Deal missfällt Tumpel
Mit dem Verlauf der
AUA-Privatisierung ist Tumpel ebenfalls unzufrieden, er könne nicht
nachvollziehen, warum 500 Mio. Euro zugeschossen werden sollen. Ob man den
geplanten Verkauf an die Lufthansa stoppen sollte, darauf wollte sich der
AK-Präsident nicht explizit festlegen: "Ich kommentiere die
AUA-Entwicklung nicht mehr, es ist alles schon in der Öffentlichkeit gesagt
worden."
AK-Umlage nicht antasten
Eine Senkung der Arbeiterkammer-Umlage
lehnt Tumpel fraglos ab. Damit werde ein breites Angebot finanziert, das
auch von den Mitgliedern angenommen werde. Die Kosten für den Umbau des
AK-Gebäudes in Wien konnte Tumpel nicht nennen, er versicherte aber, dass
man "innerhalb des Voranschlages" sei. Bei der AK-Wahl im
kommenden Jahr will er wieder als FSG-Spitzenkandidat antreten. "Ich
fühle mich fit und kampfeslustig."