Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) erwarte sich "von allen in der Wirtschaftskammer, dass die Ursachen für den großen Vertrauensverlust verstanden und rasch behoben werden".
Wien. Die Tiroler Unternehmerin Martha Schultz (ÖVP) übernimmt ab Samstag geschäftsführend die Agenden des zurückgetretenen Harald Mahrer in der Wirtschaftskammer Österreich und im ÖVP-Wirtschaftbund. Das teilte der Wirtschaftsbund am Freitagnachmittag via Aussendung mit. Zuvor hatten sich dessen Landespräsidentinnen und -präsidenten beraten.
In der Wirtschaftskammer wird Schultz amtsführende Präsidentin, im ÖVP-Bund geschäftsführende. Schultz gilt in der Volkspartei als gut vernetzt. Die 62 Jahre alte Touristikerin war bereits Vize von Mahrer.
Mahrer musste Hut nehmen
Mahrer musste seinen Hut nehmen, hatte den Rückhalt in den eigenen Reihen verloren. Grund waren Gehaltserhöhungen für die Kammermitarbeitenden deutlich über der Inflation, sehr hohe Steigerungen bei den Entschädigungen für Präsidiumsmitglieder in den Wirtschaftskammern und eine einhergehende missglückte Kommunikation. Dazu kam Kritik an Mahrers Mehrfachbezügen. Es reichte nicht, dass er seinen Rückzug als Nationalbank-Präsident ankündigte, schlussendlich musste er die Funktionen als WKÖ- und Wirtschaftsbundchef niederlegen. Der Wirtschaftsbund ist eine wichtige Teilorganisation der Volkspartei.
Unterdessen wurden die Rufe nach Reformen in der Kammer lauter. Sie müsse schlanker und günstiger für die Mitgliedsbetriebe werden, forderte die Industriellenvereinigung am Freitag.
Diskussion um WKÖ: Das sagt Kanzler Stocker
Nach dem Rücktritt des WKÖ-Chefs Harald Mahrer, meldet sich nun der Bundeskanzler zur Debatte um die Wirtschaftskammer zu Wort. In einer Aussendung sagt Kanzler Stocker, dass Harald Mahrer mit seinem Rücktritt nun den "Weg für eine Neuaufstellung der Wirtschaftskammer freigemacht" habe. Martha Schultz, die nun interimistisch geschäftsführende Chefin des Wirtschaftsbundes ist, sei "eine erfahrene Unternehmerin mit großer Wirtschaftsexpertise", sagt Stocker. Er erwarte sich nun, dass "von allen in der Wirtschaftskammer, dass die Ursachen für den großen Vertrauensverlust verstanden und rasch behoben werden."
Stocker stellt klar: "Die Wirtschaftskammer muss die Zeichen der Zeit erkennen. Das gilt für die Bezugserhöhungen genauso wie für eine notwendige Verschlankung der Strukturen und einen Betrag zur Entlastung der Unternehmen. Für Politikerinnen und Politiker auf Bundesebene gab es bereits drei Nulllohnrunden in Folge, zudem wird nächstes Jahr die Valorisierung der Parteienförderung ausgesetzt."
Der Bundeskanzler fordert von der WKÖ nun nachhaltige Reformen, "die das verlorengegangene Vertrauen der heimischen Unternehmerinnen und Unternehmer zurückgewinnen und sich wieder auf ihre Aufgaben konzentrieren." Das sei "in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten das Gebot der Stunde", so der Kanzler. Er betont: "Wir müssen alle zusammen am Aufschwung für Österreich arbeiten."