Chat-Protokolle aufgetaucht

Ermittlungen gegen Casinos-Chefin Glatz-Kremsner wegen Falschaussage

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Chatprotokolle zwischen Casinos-Generaldirektorin und Öbag-Chef Schmid sollen Glatz-Kremsners Zeugenaussagen widerlegen.

Die WKStA hat gegen Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner offenbar Ermittlungen wegen falscher Zeugenaussage eingeleitet. Der Ex-ÖVP-Vizeparteichefin wird Falschaussage in sechs Punkten vorgeworfen, geht aus der APA vorliegenden Akten hervor. Sie habe entgegen ihrer Aussage u.a. sehr wohl Signale aus dem Finanzministerium erhalten, dass sie für ihre Generaldirektorin-Bestellung mit Unterstützung rechnen konnte. Das würden ausgewertete Handy-Chats ergeben.
 
In einer der APA vorliegenden "Mitteilung nach §50 Strafprozessordnung" informiert die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Casinos Austria-Generaldirektorin und ehemalige ÖVP-Vizeparteichefin (Juli 2017 bis Ende April 2019) darüber, dass sie als Beschuldigte geführt wird und ein Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet wurde. Datiert ist das Schreiben mit 30. September 2020. Seitens der WKStA wollte man gegenüber der APA keinen Kommentar dazu abgeben. Die gesamte Causa Casinos Austria AG (Casag) sei Verschlusssache, man gebe grundsätzlich keine Informationen zu einzelnen Beschuldigten, hieß es seitens einer Sprecherin. Ein Casag-Sprecher konnte gegenüber der APA am Dienstagabend ebenfalls nichts zu der Causa sagen. "Das ist uns nicht bekannt", sagte der Sprecher - er verwies auch auf "falsche Anschuldigung" zu Glatz-Kremsners Aussagen im Ibiza-U-Ausschuss, nach dem Vorwurf der Falschaussage habe man nachher "zurückrudern" müssen.
 

Verdacht der Falschaussage

Laut den Unterlagen wird Glatz-Kremsner konkret verdächtigt, bei ihrer Zeugenaussage am 29. Juni 2020 vor der WKStA (im Rahmen der Casinos-Ermittlungen wegen der Bestellung des Casinos-Austria-Finanzvorstands Peter Sidlo) falsche Angaben gemacht zu haben. Die Auswertung von bei Öbag-Chef Thomas Schmid sichergestellten Daten und "insbesondere die unten angeführten Chatnachrichten zwischen Ihnen und MMag. SCHMID" würden diesen Verdacht begründen, heißt es in dem Schreiben. Das Vergehen der falschen Zeugenaussage (§288 StGB) ist laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht.
 
Glatz-Kremsner habe bei ihrer Aussage etwa verneint, dass sie Signale "von ihren Kontakten aus dem BMF (Finanzministerium, Anm.) bzw. aus der Parteispitze der ÖVP" erhalten habe, "wonach sie als CEO der CASAG unterstützt werde", heißt es in dem Akt. Bei den abgefragten Kontakten im Ministerium geht es laut den Unterlagen um Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), Ex-Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) und den damaligen Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium, Schmid. Glatz-Kremsner habe gemeint, "ihr sei dazu nichts Konkretes bekannt, wobei das für den Zeitraum Herbst 2018 bis zu ihrer Bestellung Ende März 2019 gelte".
 

Chat-Protokolle

Die Chatprotokolle sollen dieses Nein im Fall Schmids widerlegen. Im Jahr 2018 - konkret am 28. September - gratulierte demnach zunächst Glatz-Kremsner (damals Casag-Finanzvorständin) via Handy-Nachricht Schmid zu einem Artikel über ihn im Nachrichtenmagazin "Trend". Das Magazin schrieb, die "relevanten Entscheidungsträger in der ÖVP" hätten ihr "Okay" gegeben, dass Schmid - zu diesem Zeitpunkt noch Generalsekretär im Finanzministerium - den Posten als Öbag-Chef bekommen werde. In weiteren Chat-Verlauf dürfte es auch um Glatz-Kremsners Chancen auf den Generaldirektions-Posten bei der Casag gegangen sein. Auf die Nachfrage Schmids, wie es ihr gehe, schrieb Glatz-Kremsner, dass es derzeit "nicht gerade ruhig" sei. "Werde versuchen am Montag beim Parteivorstand mit dem BK zu reden. Scheinbar ist für einige meine Parteifunktion ein Problem...."
 
Schmid antwortete darauf: "Was? Jetzt fangen sie damit an" und weiter: "Die Zusatzfunktionen zu hinterfragen". Auf Glatz-Kremsners Replik, sie lasse sich "eh nicht lang ärgern", schrieb Schmid: "Bitte!" und: "Du wirst dort CEO!" Und er setzte noch einmal nach: "Das MUSS klappen".
 
Auch weitere Nachrichten werden von der WKStA als Beweis der Falschaussage (betreffend der Unterstützungs-Signale) angeführt. Schmid fragte Glatz-Kremsner am 1. April 2019 - wenige Tage nach Bekanntwerden ihrer Bestellung zur Casag-Generaldirektorin und kurz nach seiner eigenen Bestellung zum Öbag-Alleinvorstand: "Hast du feiern können? Wir müssen anstoßen auf unsere neuen Karrieren" - "Ganz bald". Glatz-Kremsner antwortete: "Ja - ein wenig. War gerade beim BK!!" (gemeint ist wohl Bundeskanzler Sebastian Kurz/ÖVP, Anm.). Und feiern müsse man "unbedingt". Schmid zeigte sich erfreut ("Sehr gut!") und fragte dann noch: "Ist HBK happy" - und: "Bleibst du seine Stv? (Stellvertreterin, Anm.)". Die Antwort der neu gekürten Casag-Generaldirektorin: "war ein äußerst positiver Termin - habe mich bedankt - auch für deine Unterstützung".
 

"Habe deine Kochkünste sehr genossen"

Die WKStA ortet laut dem Akt offenbar auch in weiteren Punkten Falschaussagen von Casag-Generaldirektorin Glatz-Kremsner. So habe sie - zu ihrem Verhältnis zum Öbag-Vorstand Schmid befragt - bei ihrer Einvernahme erklärt, sie kenne diesen von den Regierungsverhandlungen 2017. Informelle oder private Kontakte habe es keine gegeben, lediglich berufliche (durch Schmids Funktion als Generalsekretär im Finanzministerium). Auch das sieht die WKStA durch Chats widerlegt.
 
Denn laut den an die Mitteilung der WKStA angefügten Chatprotokollen kannten sich Glatz-Kremsner schon vor 2017 - und das offenbar doch recht informell. Am 29. März 2016 vereinbarten die beiden demnach ein Treffen bei Schmid: "Ich mache eine private Einladung bei mir zu Hause. Ich möchte unserem Gernot Blümel (övp wien chef) dabei ein bisschen helfen sich zu etablieren. Es wäre super cool wenn du Lust und Zeit hättest zu kommen. Acht Leute, Abendessen und sehr informell. LG t". Glatz-Kremsner sagte laut den Protokollen sofort zu: "Das klingt toll - bin natürlich sehr gerne dabei". In einer weiteren Nachricht fragt sie dann noch einmal die genaue Uhrzeit und Adresse von Schmid nach - die dieser dann auch nachreichte.
 

Treffen in einem Wiener Innenstadt-Lokal

Offenbar am Tag nach dem Treffen - Ende April - bedankte sich Glatz-Kremsner für den Abend: "Guten Morgen Thomas! Nochmals vielen, herzlichen Dank für den wunderbaren Abend gestern und für deine besondere Gastfreundschaft! Habe deine Kochkünste und die interessanten Gespräche sehr genossen. Wünsche Dir ein schönes Wochenende und hoffentlich auf bald - herzlichst Bettina." Auch Schmid dürfte mit dem Treffen zufrieden gewesen sein: "Liebe Bettina, danke fürs kommen. Dank deiner Anwesenheit war der Abend ein Erfolg! Gernot hat sich sehr gefreut. Freue mich aufs nächste mal. LG Thomas".
 
Laut dem Akt führt die WKStA auch weitere Chat-Protokolle an, die die Aussagen von Glatz-Kremsner, sie hätte nur berufliche Kontakte zu Schmid, ihrer Ansicht nach widerlegen. Mitte Juli 2019 verabredeten sich die beiden demnach zu einem Treffen in einem Wiener Innenstadt-Lokal. Tags darauf schrieb Schmid an Glatz-Kremsner: "Liebe Bettina, es war sehr gemütlich gestern. Ich möchte dir helfen wo ich kann und stehe dir jederzeit zur Verfügung!" Diese bedankte sich und nahm das Angebot an: "werde gerne bei Bedarf auf deine Hilfe zurückkommen".
 

Jan Krainer vermutet eine Absprache

Ein weiterer Chat deutet darauf hin, dass es auch schon 2017 um das berufliche Fortkommen von Glatz-Kremser bei den Casinos gegangen sein dürfte: "Was hat Dlouhy gesagt?", schrieb Glatz-Kremsner im Oktober 2017 an Schmid. Gemeint gewesen sein dürfte Stepan Dlouhy, damaliger Chief Investment Officer der tschechischen Sazka-Gruppe - damals mit mehr als einem Drittel größte Miteigentümerin der Casinos Austria. Schmid textete zurück: "Er fand das positiv Super cool dass du im engsten Kreis bist", "Für ihn total ok" - und: "Ich hab ihm dann noch gesagt, der Hoscher soll weg" (Anm.: Gemeint ist wohl Ex-Casinos-Co-Vorstand Dietmar Hoscher, dessen Vertrag damals noch bis Ende 2017 lief, dann verlängert wurde und der 2019 aus dem Vorstand ausschied).
 
Eine weitere Falschaussage sieht die WKStA durch Chats belegt, die sich rund um die Neubesetzung des Casinos-Austria-Aufsichtsrats bei der Aufsichtsratssitzung am 20. Juni 2018 drehten. Damals kam es zu einer Art Kampfabstimmung zwischen der tschechische Sazka-Gruppe und den Miteigentümern Novomatic und ÖBIB. Entgegen dem Willen der staatliche ÖBIB (dem Vorgänger der Öbag) wollte die Sazka alle zwölf Kapitalvertreter stellen. Letztendlich bekamen die Tschechen nur fünf Aufsichtsräte, Präsident blieb Walter Rothensteiner. Der SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Jan Krainer, vermutet deshalb eine Absprache zwischen den Akteuren des Finanzministeriums und der Novomatic, die angeblich eigentlich eine Stimmrechtsbindungsvereinbarung mit der Sazka abgeschlossen hatte.
 

"Die werden anfechten wollen...."

Glatz-Kremsner hat laut dem Akt bei ihrer Einvernahme ausgesagt, die Frage nach dem Verhältnis der drei Casag-Hauptaktionäre zueinander und was Kern der Differenzen gewesen ist, sei eine Sache gewesen, mit der der Vorstand nichts zu tun gehabt habe. Deshalb wisse sie das nicht konkret. Auch könne sie sich nicht erinnern, mit Vertretern der Republik als Eigentümer in diesem Zusammenhang Gespräche geführt zu haben.
 
Laut den beiliegenden Chatnachrichten besprach sie die Sache aber am Tag vor der Aufsichtsratssitzung mit dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Schmid: "Falls die Sazka morgen mehr Personen nominiert, sollte die ÖBIB auch noch zusätzliche Kandidaten nominieren", schrieb Glatz-Kremsner. Schmid repliziert, dass das schwer werde. Am Vormittag des Aufsichtsratssitzung-Tages fragte Glatz-Kremsner dann, ob alles ok sei, und später am Nachmittag: "Die werden anfechten wollen...." Schmid antwortete darauf: "Ja" - und kurz darauf: "Und jetzt werden sie überstimmt". Tags darauf folgten weitere Chats: "Wir müssen echt feiern! Du hast das so genial koordiniert!", schrieb Schmid an sein Gegenüber. "Viribus unitis lieber Thomas!!!", so die Antwort von Glatz-Kremsner.
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