Österreich kann sich nur eine einseitige Erklärung vorstellen, sonst müssten wieder alle 27 Mitgliedsländer zustimmen.
Die österreichische Staatsspitze lehnt angesichts der Forderung des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus nach einer Ausnahme bei der Menschenrechtscharta Änderungen im EU-Reformvertrag strikt ab. "Wir wollen Klarheit darüber, was Klaus wirklich will und ob es sich dabei um die Position der Tschechischen Republik handelt", heißt es aus dem Büro von ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger.
Neue Zustimmung durch alle
Sollte Tschechien tatsächlich
Änderungen im Vertrag verlangen, kommt das für Österreich nicht in Frage. "Der
Vertrag wird nicht mehr geändert. 27 Staaten haben ihn akzeptiert",
betont Spindeleggers Sprecher und ergänzt: Jeglichen Änderungen - auch nur
einem "Komma" - müssten alle EU-Mitglieder zustimmen. "Die
Iren müssten nochmal abstimmen." Rechtlich möglich sei dagegen
eine "einseitige Erklärung".
Faymann auch dagegen
"Der Lissabon-Vertrag wird nicht geändert",
sagt auch SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann. Einseitige Erklärungen oder
Protokollanmerkungen seien "eine andere Frage". Außerdem fordert Faymann
einmal mehr Volksabstimmungen über künftige EU-Verträge auch in Österreich.
Das würde aus seiner Sicht auch für den Vertrag von Lissabon gelten, sollte
er soweit geändert werden, dass eine neuerliche Ratifizierung in allen
EU-Staaten nötig würde.
Keine Grundrechte für Tschechien
Klaus fordert eine Ausnahme
bei der Grundrechtecharta in Form einer Fußnote im neuen Vertrag. Klaus
befürchtet nämlich, dass nach dem Zweiten Weltkrieg aus der damaligen
Tschechoslowakei vertriebene Sudetendeutsche auf Basis der Grundrechtecharta
ihr Eigentum zurückfordern könnten. Die Benes-Dekrete von 1945 könnten
ausgehebelt werden, meint Klaus.
Die tschechische Regierung, die sich dieser Meinung zwar inhaltlich nicht anschließt, hat Klaus aber entsprechende Verhandlungen mit den EU-Partnern zugesagt. Die Gespräche über den Vertrag von Lissabon sollten beim EU-Gipfel am 29. und 30. Oktober in Brüssel stattfinden.
Am Dienstag in Brüssel
Der tschechische Regierungschef Jan
Fischer besucht am Dienstag Brüssel. Er wird mit EU-Kommissionspräsident
Jose Manuel Durao Barroso über den EU-Reformvertrag sprechen.