Mit 80 Jahren

Ex-ORF-General Gerhard Weis gestorben

Teilen

Weis war von 1998 bis 2001 Generalintendant des ORF.

Der ehemalige ORF-Generalintendant Gerhard Weis ist tot. Nach kurzer schwerer Krankheit ist der Journalist am gestrigen Freitag im Kreis seiner Familie im Alter von 80 Jahren verstorben, teilte der ORF am Samstag in einer Aussendung mit. Der Sender würdigte Weis als einen "großen, besonnenen Denker und zukunftsweisenden Medienmanager, der Radio und Fernsehen des Landes wesentlich geprägt" habe.
 

"Kämpfer für einen starken ORF"

"Gerhard Weis war einer der großen Architekten eines modernen, vielfältigen und relevanten ORF", zeigte sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz "tief betroffen" vom Tod seines Vorgängers. Er habe nicht nur die Regionalisierung und "Verösterreicherung" vorangetrieben, sondern den ORF auch als Fenster zur Welt etwa mit der Teilnahme an 3sat aufgebaut. Weis habe Info-, Kultur- und Wissenschaftssäulen errichtet, auf denen das ORF-Programm heutzutage noch ruht. Und er habe in einer Zeit der schnell wachsenden Konkurrenz die Grundsteine für die erfolgreiche Flottenstrategie des Unternehmens gelegt.
 
"Ohne Gerhard Weis wäre der ORF heute nicht einer der erfolgreichsten öffentlich-rechtlichen Sender Europas. Er war ein Kämpfer für einen starken ORF und hat sich immer aufrecht für zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit voller Energie eingesetzt. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie", sagte Wrabetz.

Karriere im ORF

Gerhard Weis wurde am 1. Oktober 1938 in Wien-Brigittenau geboren. Seine journalistische Karriere startete er 1958 als Zeitungsjournalist. 1967 kam er zum ORF - zunächst als innenpolitischer Redakteur, später als Ressortleiter Innenpolitik. Ab 1973 leitete Weis die ORF-Hauptabteilung Öffentlichkeitsarbeit, von 1974 bis 1978 war er Intendant für das erste Fernsehprogramm. Es entstanden Serien wie die "Alpensaga" sowie die Magazine "Schilling" und "Land der Berge". 1979 folgte die Leitung der Abteilung "Öffentlichkeitsarbeit, Koordination und Unternehmensplanung" in der ORF-Generalintendanz.
 
Weis war während dieser Zeit auch Chefredakteur in der Generalintendanz. Die Verwirklichung des Gemeinschaftsprojekts "3sat", die Gründung des "Teletext", der Minderheitenredaktion und die Einführung der Föderalismusschiene "Bundesland heute" fielen in diese Periode. Im März 1992 wurde Weis zum Intendanten des Landesstudios Wien bestellt. Ab Oktober 1994 war Weis als Hörfunkintendant tätig, ab Februar 1997 darüber hinaus als Generalsekretär.
 

Drei Jahre ORF-General

1998 wurde er zum ORF-Generalintendant gewählt. In seiner Amtszeit (bis 2001) hat Weis das öffentlich-rechtliche Profil des ORF gestärkt: Information, Wissenschaft und Kultur wurden im Fernsehen ausgebaut. Im Radio wurde mit FM4 ein neues vorwiegend fremdsprachiges Jugendkulturradio aus der Taufe gehoben. "Report international", "Euro Austria", "Bundesland heute" am Wochenende, aber auch "Die Barbara Karlich Show", "Die Millionenshow" oder "Taxi Orange" waren einige der Fernsehformate, die unter Weis auf Sendung gingen.
 
Dass dem Bildungsbürger Gerhard Weis Kunst und Kultur ein besonderes Anliegen waren, spiegelt sich auch in seinem Aufsichtsratsvorsitz bei den Vereinigten Bühnen Wien wieder. Bis zuletzt war er auch Vorsitzender des Kulturbeirats von ORF III.
 
Die aktuellen ZiB-Ausgaben und die Nachrichtensendungen und Journale der ORF-Radios gedenken heute Gerhard Weis. ORF III erinnert am kommenden Montag um 19.45 Uhr in einem "Kultur heute spezial".

Tiefe Betroffenheit über alle Parteigrenzen hinweg

Tiefe Betroffenheit über alle Parteigrenzen hinweg hat am Samstag der Tod des früheren ORF-Generaldirektors Gerhard Weis ausgelöst. Medienminister Alexander Schallenberg würdigte Weis als "großen Vordenker", der "maßgeblich an der stetigen Weiterentwicklung des österreichischen Rundfunks beteiligt" gewesen sei.
 
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) erklärte, Weis habe über Jahrzehnte hinweg den ORF und seine wichtige Rolle in der Gesellschaft geprägt. Er habe eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung innovativer Formate des ORF eingenommen und somit die österreichische Medienlandschaft entscheidend mitgeprägt. Für den früheren Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) war Weis "gleichermaßen Fernsehmacher und Medienmanager. Eine Kombination, die nicht nur neue, innovative Sendeformate hervorgebracht hat sondern auch den ORF modernisiert und in das 21. Jahrhundert geführt hat."
 
SPÖ-Medien- und Kultursprecher Thomas Drozda nannte Weis "einen der innovativsten Medienmacher des Landes", der sich große Verdienste um die Weiterentwicklung des ORF erworben habe. "Die österreichische Medienlandschaft verliert einen großen Medienmacher, aber auch eine große Persönlichkeit", so Drozda. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), den eine persönliche Freundschaft mit Weis verband, bezeichnete ihn als "Architekten und Baumeister des modernen ORF". "Wir verlieren mit Gerhard Weis einen großen Bürger unserer Stadt."
 
Auch FPÖ-Obmann Norbert Hofer würdigte Weis als "großen Medienmanager", der die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks maßgeblich geprägt habe. Ein großer Verdienst sei die Modernisierung des Unternehmens und die Entwicklung von mutigen und erfolgreichen TV-Formaten. Für FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein war Weis "eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte des ORF".
 
Die Vereinigten Bühnen Wien, für die Weis mehr als zwei Jahrzehnte als Vorsitzender des Aufsichtsrates fungierte, bezeichneten ihn als "herausragenden Medien- und Kulturmanager und Wegbegleiter". Franz Patay, Geschäftsführer der Vereinigten Bühnen, nannte Weis einen "außergewöhnlichen Kulturmanager", der in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender das Unternehmen immer verlässlich begleitet habe. Auch Kurt Gollowitzer, Geschäftsführer der Wien Holding und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigten Bühnen, sagte, Weis sei dem Unternehmen fachkundig und mit Herzblut stets sehr verbunden gewesen.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.