Tauziehen um Entlastung

Fahrplan 
für die
 Steuer-
Reform

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Der Fahrplan für die Entlastung. Und warum der VP-Finanzminister noch zögert.

„Wenn man einen Neustart verspricht, dann muss es auch passieren. Sonst würden uns die Menschen das nicht verzeihen“, sagt Hans Jörg Schelling. Der neue VP-Finanzminister, der sich knappe zwei Stunde Zeit gelassen hatte, um zu entscheiden, ob er sich die „schwierige Herausforderung“ antun solle, will ein Mann der Tat und „der Glaubwürdigkeit“ sein.

Steuerreform "nötig", aber Zeitpunkt "offen"
Daher wolle er „zuerst über das Modell einer Steuerreform“ verhandeln und erst „danach über Gegenfinanzierung “ reden.

Über die Frage des Zeitpunktes, wann die Steuerreform denn nun in Kraft treten solle, liegen SPÖ und ÖVP weiterhin auseinander: Die SPÖ will bekanntlich, dass die Steuerreform bereits 2015 in Kraft tritt.

Der neue Finanzminister gibt sich dazu zwar in der Rhetorik sanfter als sein Vorgänger, betont aber auch, dass der „Zeitpunkt offen“ sei. Dieser hänge von der „tatsächlichen Konjunkturentwicklung“ und auch von „internationalen Entwicklungen wie der Ukraine-Krise“ ab.

Erst im März Entscheidung über die Steuermodelle
Während Schelling übereilte Erwartungen dämpft, sagt ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ein „klares Ja“ zu einer raschen Steuersenkung.
Schelling hat jedenfalls bereits einen klaren Fahrplan für die Steuerreform: Bis Ende des Jahres sollen „Modelle geprüft“ werden.

Er wolle sich auch das „Modell von Maria Fekter, das diese 2013 erarbeitet hatte“, anschauen. Bis Jahresende solle man sich einigen.

Bis März sollen SPÖ und ÖVP sich dann politisch einigen. Und danach „Gegenfinanzierungen prüfen“. Wann die Steuerreform dann in Kraft trete, sei „offen“.

Isabelle Daniel

VP-Finanzminister Schelling:

Über das Budget:
„Das Budget 2014 hält. Ich werde mit allen Ministern reden, damit der disziplinierte Budgetvollzug eingehalten wird.“

Über die Steuerreform:
„Wir brauchen eine echte Steuerreform, nicht nur eine Entlastung. Wann diese in Kraft treten kann, wird von der Konjunkturentwicklung und auch von internationalen Entwicklungen wie der Ukraine-Krise abhängen.“

Über Vermögenssteuern:
„Ich war im Koalitionsverhandlungsteam. Es stehen keine Steuerreform oder Vermögenssteuern im Koalitionspakt. Zuerst muss man über das Modell reden, dann über Gegenfinanzierungen. Es kann einen Mix aus Gegenfinanzierungen geben.“
Über seine Frau: „Meine Frau war gegen meinen neuen Job. Aber sie steht jetzt hinter mir.“

 

ÖSTERREICH: Teilen Sie den Optimismus von Bundeskanzler Faymann, dass die Regierung jetzt vor einem Neustart steht.
Reinhold Mitterlehner: Das ist mir etwas zu euphorisch und optimistisch formuliert. Ich glaube, wir brauchen keinen Neustart, weil wir ja einen laufenden Arbeitsprozess, also einen laufenden Motor haben. Was wir brauchen, ist eine Beschleunigung, ein Turbo-Schub. Und da teile ich den Optimismus des Herrn Bundeskanzlers, dass wir jetzt wirklich durchstarten.

ÖSTERREICH: Und wie stellen Sie sich dieses neue Durchstarten in der Regierung vor?
Mitterlehner: Ich bin ein Befürworter des Miteinanders. Ich glaube, es muss in der neuen Regierung mehr Gemeinsamkeit geben. Zuletzt hatte der Wähler den Eindruck, in der Regierungsarbeit sind nur 20 Prozent Gemeinsamkeit, aber 80 Prozent Streit. Diesen Eindruck müssen wir umdrehen – es sollte 80 Prozent Miteinander geben und 20 Prozent unterschiedliche Positionen.

ÖSTERREICHWie wird das neue gemeinsame Arbeiten zwischen Ihnen und der SPÖ aussehen?
Mitterlehner: Wir wollen voller Elan durchstarten und das auch in unserer Arbeit zeigen. Als ersten Schritt haben wir eine Arbeitsgruppe gegründet, die jetzt jede Woche die Projekte aufsetzt, die wir schaffen wollen. Wir treffen uns erstmals diesen Sonntag und wollen wirklich das Tempo der Regierung beschleunigen – und die Gemeinsamkeit. Als zweites wird es eine Regierungsklausur schon in zwei Wochen geben, bei der wir die Schwerpunkte für die Reformen festlegen wollen.

ÖSTERREICH: Was sind da Ihre konkreten Schwerpunkte?
Mitterlehner: Die konkreten Themen der Klausur bereiten wir erst vor. Es wird wohl um eine Steuerreform, eine Verwaltungsreform und um Bildung gehen. Und vor allem geht es natürlich darum: Wie steuern wir gegen die bevorstehende Krise an? Wie helfen wir den Unternehmen, die durch die Russlandsanktionen Probleme bekommen? Wie kurbeln wir die Wirtschaft an? Ich kann nur sagen: Die wirtschaftliche Lage wird durch die Ukrainekrise und die Sanktionen noch dramatischer als befürchtet.

ÖSTERREICH: Bis vor Kurzem gab es zwischen SPÖ und ÖVP Streit über eine Entlastung. Sind Sie ein Befürworter der Steuerreform?
Mitterlehner: Mich nervt diese Steuersenkungs-Hysterie ein bisserl. Das kommt mir so vor, wie wenn jemand über die Inneneinrichtung des Wohnzimmers streitet und dabei übersieht, dass überall im Haus das Wasser hereinkommt und bald alles unter Wasser steht. Unsere Situation ist europaweit dramatisch. Wir müssen zuallererst das Haus sanieren: Verwaltung einsparen, Wirtschaft ankurbeln.

ÖSTERREICH: Trotzdem: Steuersenkung ja oder nein?
Mitterlehner: Klares Ja! Der Zeitplan steht fest. Die Experten sollen bis Ende des Jahres das Ausmaß der Steuersenkung festlegen. Da bin ich für mindestens 4 Milliarden, manche sagen, es sollte mehr sein, bis zu 7 Milliarden. Dann wird das bis März politisch verhandelt und bis Juni beschlossen.

ÖSTERREICH:Und mit Juli 2015 wird es eine Steuersenkung geben?
Mitterlehner: Das könnte sein. Als Teil einer viel größeren Steuerreform, die in Schritten kommen wird.

ÖSTERREICH: Mit Vermögenssteuern?
Mitterlehner: Noch einmal ganz deutlich: Mit mir wird es weder Vermögenssteuer, noch Erb- oder Schenkungssteuer geben. Sicher nicht. Das bringt auch kaum mehr als 150 Millionen, fällt also bei 4 Milliarden gar nicht ins Gewicht. Darüber sollte man nicht streiten, sondern den nötigen Betrag lieber gemeinsam einsparen.

ÖSTERREICH: Die Bildungsreform …
Mitterlehner: Muss das große Thema dieser Regierung werden. Da darf es keine Denkverbote geben, sondern Gedankenfreiheit. Es muss um fordern und fördern gehen. Ich habe mir als ÖVP-Chef als ersten Schritt ein Kompetenzteam von Experten – etwa mit Andreas Salcher – aufgestellt, um wirklich neue Ideen für eine moderne Schule zu entwickeln.

ÖSTERREICH: Und die ÖVP wollen Sie neu aufstellen?
Mitterlehner: Wir feiern im April 2015 70 Jahre ÖVP. Da soll es ein neues Parteiprogramm geben. Da gibt es bei mir Gedankenfreiheit.
Interview:

Wolfgang Fellner

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