Bei harter Briten-Haltung

Faymann: Vertagung des EU-Gipfels möglich

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Kanzler: Bewegung für Österreich eher in ländlicher Entwicklung.

Bundeskanzler Werner Faymann (S) hält bei einer anhaltenden starren Position Großbritanniens eine Vertagung des Sonderfinanzgipfels für möglich. Der wahrscheinlichste Termin dafür wäre aus heutiger Sicht der Jänner 2013. Er sehe bisher wenig Kompromissbereitschaft Großbritanniens.

Nach dem "Beichtstuhlgespräch" mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy habe sich abgezeichnet, dass Österreichs Argumente eher in der ländlichen Entwicklung eine "gewisse Anerkennung" finden und auf Verständnis stoße als bei der Rabattfrage.

Faymann rechnet erst nach Mitternacht mit einem neuen Vorschlag für den Finanzrahmen 2014-2020. Vor dem offiziellen Beginn des EU-Finanzsondergipfels der Staats- und Regierungschefs Donnerstagabend in Brüssel sagte Faymann, inhaltlich werde sich der Gipfel erst "um halb eins, ein Uhr früh" mit dem neuen Papier von Van Rompuy beschäftigen. Das Papier selbst erwarte er um Mitternacht.

Beim Gespräch mit Van Rompuy habe er darauf verwiesen, dass "wir den Rabatt" für Österreich "als gerechtfertigt" sehen. Aber "ich rechne noch nicht damit, dass wir uns beim Rabatt durchsetzen", meinte Faymann zum zu erwartenden neuen Van Rompuy-Vorschlag. Der Kanzler betonte, "wenn alle auf den Rabatt verzichten, wäre das das Beste für die EU".

Zur Möglichkeit einer Einigung von 26 EU-Staaten gegen Großbritannien zeigte sich Faymann skeptisch. "Es ist die Frage, ob man eine Notmaßnahme als gute Idee einsetzen" sollte. Der österreichische Rabatt auf die Mehrwertsteuer laufe ja 2013 aus, und bei der Frage der Jahresbudgets wäre dann mehr Unsicherheit gegeben.

Jedenfalls werde man nach der Präsentation des Papiers des Ratspräsidenten nach Mitternacht "sehen, ob es Bewegung gibt. Wenn es gar keine Bewegung gibt, muss man sagen, wie man weitermacht. Dann wahrscheinlich im Jänner". Wenn Großbritannien sich nicht bewege, und statt verhandeln drohe, "rechne ich auch mit einer Vertagung. Trotzdem ist es notwendig, einen Vorschlag zu erarbeiten".

Faymann kritisiert Cameron scharf
Faymann hatte zuvor die Vetodrohung des britischen Premiers David Cameron scharf kritisiert. "Bei UK habe ich sehr viel Unverständnis", betonte Faymann vor seinem "Beichtstuhlgespräch" in Brüssel. "Man geht nicht mit Drohungen in Verhandlungen." Diese Haltung sei nicht europäisch.

"Die Vetomöglichkeit hat jeder zum Schluss", sagte Faymann. Er hoffe aber nunmehr beim Gipfel auf eine konstruktivere Haltung Großbritanniens. "Ich wünsche mir mehr Teamgeist."

Faymann schließt ein vorläufiges Scheitern des EU-Finanzgipfels nicht aus. Eine Garantie auf einen Erfolg würde er nicht abgeben. "Ich halte durchaus für möglich, dass es im Jänner oder Februar weitergeht." Dies bedeute aber nicht, dass man eine Einigung nicht jetzt versuchen sollte.

Die Konfliktlinien hätten sich durch den jüngsten Kürzungsvorschlag von Van Rompuy dahin gehend verändert, dass Österreich nicht automatisch netto profitiere, wenn brutto weniger ins EU-Budget gezahlt werde, sagte der Kanzler. Keiner wolle zwar auf etwas verzichten, aber weniger zahlen. Man könne aber nicht zugleich immer mehr Aufgaben von Europa in Bereichen Wettbewerbsfähigkeit und EU2020-Strategie verlangen. Dies könne sich unter dem Strich nicht ausgehen. "Die Mathematik bleibt: eins und eins ist zwei."

Faymann betonte erneut, er wolle den österreichischen EU-Beitragsrabatt und die Gelder aus der ländlichen Entwicklung in der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik verteidigen.

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