Souveräner Auftritt, extremster Takt: Kurz in Deutschland. Die Bilanz seines Besuches.
Sebastian Kurz löste einen Medienrummel aus, wie bisher noch kein Austrokanzler in Deutschland. Für Die Welt ist er der erste österreichische Kanzler überhaupt, der in Deutschland eine innenpolitische Größe ist: „Nicht Pegida, AfD und CSU haben erreicht, was Kurz gelungen ist: Seine Flüchtlingspolitik zeigt, dass es eine Alternative zum offenen Europa gibt.“ Der 31-Jährige als Gegenentwurf zu Merkel: „Jung, forsch, dynamisch, ungewöhnlich“, so eine Reporterin. Auch war der Besuch von Kurz Anlass für deutsche Medien, zu spekulieren, dass auch in der CDU früher oder später ein Generationenwechsel stattfinden könnte. Der Kurz-Besuch stand auf drei Säulen:
Schauplatz 1: »Mutti« Merkel
Kooperation. Sein Antrittsbesuch wurde zum Friedensgipfel mit Merkel. Brechend voller Mediensaal im Kanzleramt bei der Pressekonferenz. Teams aus der ganzen Welt. Kurz redet Probleme mit Merkel charmant weg, ebenso Kritik an der ÖVP-FPÖ-Regierung: „Beurteilt uns nach unseren Taten!“ Die erwartete Konfrontation mit Merkel bleibt aus: „Wir haben wenig Trennendes gefunden“, sagt sie. Fazit: Kooperation statt Konfrontation.
Schauplatz 2: Medien-Hype
Positiv. Alle deutschen Zeitungen sind voll mit Kurz-Storys. Sämtliche TV-Stationen berichten. Der ARD-Talk mit Sandra Maischberger löst heftige Reaktionen aus (siehe Kasten). Positive Resonanz schließlich beim Abendessen (Wiener Schnitzel) mit Medienchefs, Managern und Stars im Springer-Verlag: „Kurz hat schon lange bewiesen, dass politische Reife nichts mit dem Alter zu tun hat, so Jörg Quoos, Chef der Funke-Gruppe. Beim Dinner auch RB-Leipzig-Trainer Hasenhüttl und Staatssekretär Jens Spahn. Spahn (37) gilt als möglicher Merkel-Nachfolger.
Schauplatz 3: »Cooler Typ«
Freunde. Abschluss des Kurz-Trips: Besuch bei Deutschlands Bundespräsidenten Steinmeier. „Ich mag ihn, er ist ein cooler Typ“, so Kurz über seinen Duzfreund. Extrem positive Atmosphäre beim Gespräch, es spiegelt die Bilanz des Kurz-Trips wider: Die Zweifel über seine Regierung sind ausgeräumt. K. Wendl, Berlin
Kurz: :»Kritik gehört zu meinem Job«
oe24TV: Ihre Bilanz des Berlinbesuchs und des Treffens mit Merkel?
Sebastian Kurz: Es war ein sehr positives Treffen. Wir haben viele Themen, bei denen wir an einem Strang ziehen. Sicher gibt es Bereiche, wie etwa die Migrationsfrage, wo wir unterschiedliche Meinungen hatten und teilweise noch immer haben.
oe24TV: Von deutschen Medien gab’s heftige Kritik an der FPÖ-Regierungsbeteiligung.
Kurz: Unser Regierungsprogramm ist ein eindeutig proeuropäisches, ein gutes und positives für Österreich. Beide Parteien sind demokratisch gewählt und legitimiert. Insofern wünsche ich mir, dass unsere Regierung an Taten und ihrer Arbeit gemessen wird.
oe24TV: Ihr Talk mit Sandra Maischberger in der ARD löste unterschiedliche Reaktionen in Deutschland aus. Wie haben Sie es empfunden?
Kurz: Ich habe meine Ansichten, die müssen nicht jedem gefallen. Es gehört in einer Demokratie einfach dazu, sich kritisch hinterfragen zu lassen. Das gehört zu meinem Job, und ich mache das gerne.