ÖSTERREICH-Interview

Griss schließt Kanzler Strache nicht aus

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Die frühere Höchstrichterin erklärt in ÖSTERREICH, wie sie das Amt anlegen würde.

Der Lebenslauf ist ­respektabel, ihr Ruf ausgezeichnet: Irmgard Griss (69) – einst Präsidentin des Obersten Gerichtshofes und später unerbittlich gründliche Hypo-Prüferin – ist Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl im April 2016.

Vergangene Woche erklärte Griss, sie würde antreten, wenn man sie bittet. Und in ÖSTERREICH macht sie klar: Das sei schon geschehen – sogar über eine Finanzierung des Wahlkampfes habe man mit ihr bereits gesprochen. Griss ist damit die erste von vier bis fünf Persönlichkeiten, die für die Hofburg-Wahl gehandelt werden. Und sie legt sich auch schon beim wohl wichtigsten Wahlkampfthema fest: Wie halten sie es mit einem Kanzler Strache? Hier sagt Griss klar, sie würde keinen vom Kanzleramt ausschließen.

Ihr möglicher Konkurrent Alexander Van der Bellen (Grüne, 71) sieht das anders – er will aber noch warten, bis er sich in Sachen Kandidatur deklariert. Das gilt auch für Erwin Pröll (ÖVP, 68). In der SPÖ läuft alles auf Rudolf Hundstorfer (64) hin – aber auch eine Unterstützung für Griss ist denkbar.

In der aktuellen ÖSTERREICH-Umfrage wäre übrigens – abseits von Griss – Van der Bellen klarer Favorit …

Griss: "Schließe keine Partei von der Kanzlerschaft aus"

ÖSTERREICH: Unter welchen Umständen wären Sie denn zu einer Präsidentschaftskandidatur bereit?
Irmgard Griss: Ich bin bereit, wenn sich eine zivil­gesellschaftliche Initiative bildet, die eine solche Kandidatur unterstützt.

ÖSTERREICH: Wie breit muss diese Initiative gesellschaftlich sein? Sollten auch Par­teien mit dabei sein?
Griss: Ich hoffe auf eine breite Unterstützung, quer durch die Gesellschaft. Also nicht nur von Parteien. Ich bin aber natürlich auch für eine solche Unterstützung offen: Wenn eine Partei sagt, das wäre eine gute Wahl – dann habe ich nichts dagegen.

ÖSTERREICH: Ein Wahlkampf muss finanziert werden …
Griss: Ich wurde auch von Leuten angesprochen, die mir gesagt haben, sie wären bereit, sich sowohl persönlich als auch finanziell einzubringen. Es gibt daher auch Angebote, meine Kandidatur finanziell zu unterstützen.

ÖSTERREICH: Welche Vorstellung haben denn Sie persönlich vom Amt des Bundespräsidenten?
Griss: Ich glaube, ein Bundespräsident hat zwei ganz wesentliche Aufgaben: Er muss ein Mahner sein, muss darauf hinweisen, wenn es Entwicklungen oder Zustände in der Gesellschaft gibt, die nicht befriedigend sind. Aktuell etwa in der Flüchtlingsfrage oder, seit Langem, in der Bildung. Zweitens: Ein Bundespräsident muss auch ermutigen. Er muss die Menschen darin bestärken, dass die Probleme zu bewältigen und Lösungen möglich sind.

ÖSTERREICH: Der Bundespräsident – oder in Ihrem Fall eine Präsidentin – ernennt aber auch Kanzler und Regierung. Ihr möglicher Konkurrent Alexander Van der Bellen hat bereits angekündigt, FPÖ-Chef Strache niemals zum Kanzler zu machen. Schließen Sie auch eine Partei aus?
Griss: Nach der Verfassung hat der Bundespräsident das Recht, den Bundeskanzler zu ernennen. Nach dem Wortlaut ist der Bundespräsident daher hier frei. Eine Regierung braucht aber auch das Vertrauen des Parlaments. Eine Regierung. die das nicht hat, bringt nicht viel. Daher glaube ich nicht, dass man sagen kann: Ich schließe jemanden oder den Vertreter einer Partei von vornherein aus. Das ist nach der Verfassung, jedenfalls so, wie ich sie verstehe, kein gangbarer Weg.

Interview: G. Schröder


 

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