Der Wiener Bürgermeister meinte im ÖSTERREICH-Interview, dass eine Große Kolaition nur funktioniert, wenn sie partnerschaftlich organisiert ist.
ÖSTERREICH: ÖVP-Chef Pröll will Österreich-Gespräche, bevor er
mit den Regierungsverhandlungen beginnt. Geht Ihnen das angesichts der
Finanzkrise schnell genug?
Michael Häupl: Ja und nein.
Natürlich erwartet sich die Bevölkerung zu Recht, dass angesichts der
Finanz-, ja sogar Wirtschaftskrise sehr rasch eine Regierung gebildet wird.
Auf der anderen Seite muss man halt bis zu einem gewissen Grad auch die ÖVP
verstehen. Ob die Österreich-Gespräche dienlich sind, weiß ich nicht. So
soll es halt sein.
ÖSTERREICH: Was wäre für Sie ein
angemessener Zeitpunkt? Der Bundespräsident wünscht Weihnachten, für
Vranitzky ist das nicht schnell genug.
Häupl: Unser aller
Meinung ist nicht das Wichtigste dabei. Das Wichtigste ist, was sich die
Leute denken, und da merkt man natürlich schon die Erwartungshaltung, dass
es möglichst bald eine handlungsfähige Regierung gibt.
ÖSTERREICH:
Sie selbst haben damit gerechnet, dass die ÖVP in Wahrheit verzögern will
und auf Schwarz-Blau-Orange aus ist. Ist das so?
Häupl: Ja
sicherlich. Natürlich gibt es in der ÖVP maßgebliche Kräfte, die unter
keinen wie immer gearteten Umständen die Sozialdemokraten in der Regierung
sehen wollen und die auf eine schwarz-blau-orange Regierung hinarbeiten.
Aber es gibt in der ÖVP natürlich auch andere. Das ist ein Klärungsprozess,
den die ÖVP selbst machen muss.
ÖSTERREICH: Ist es ein
Fehler von Faymann, sich nur auf die ÖVP festzulegen?
Häupl:
Selbstverständlich nimmt man sich eine taktische Option. Das machen wir
bewusst. Die Entscheidung wurde einstimmig am Bundesparteivorstand
getroffen. Sie hat politische Gründe. Sehen Sie sich die Diskussionen rund
um die beiden rechtspopulistischen Parteien an.
ÖSTERREICH:
Aber droht der SPÖ nicht ein zweites Gusenbauer-Schicksal? Die ÖVP hat gute
Karten und kann der SPÖ alles abverlangen.
Häupl:
Nein, weil dann wird es tatsächlich keine Regierung mit der SPÖ geben. Das
muss von vornherein völlig klar sein. Eine künftige SPÖ-ÖVP-Regierung kann
nur Zukunft haben, wenn sie partnerschaftlich organisiert ist und die Arbeit
für das Land im Vordergrund steht – und nicht parteitaktische Interessen.
Wenn es wieder so anfängt wie vor 20 Monaten, dann ist das Projekt von
vornherein zum Scheitern verurteilt und dann wird die SPÖ auch nicht dabei
sein