Kurz im Weißen Haus. Der Bundeskanzler trifft US-Präsident Donald Trump.
US-Präsident Donald Trump hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine "großartige Beziehung" versprochen. "Wir werden ein großartiges Treffen und eine großartige Beziehung haben, und unsere Länder haben eine großartige Beziehung", sagte Trump am Mittwoch bei einem gemeinsamen Presseauftritt im Oval Office, dem Präsidentenbüro im Weißen Haus in Washington.
Trump hatte den Kanzler pünktlich um 13.45 Uhr Ortszeit am Eingang zum Westflügel des Präsidentensitzes willkommen geheißen. Kurz ist der erste österreichische Regierungschef seit über 13 Jahren, der einen US-Präsidenten in Washington trifft. Nach dem Empfang trug sich Kurz im Roosevelt Room ins Gästebuch ein, ehe er sich mit Trump vor den Kamin ins Oval Office setzte.
Trump skeptisch gegenüber Handelsstreit
Trump und Kurz stellten sich rund sieben Minuten den Fragen der Presse. Dabei äußerte sich der US-Präsident zuversichtlich, was den kommende Woche bevorstehenden zweiten Gipfel mit dem nordkoreanischen Führer Kim Jong-un betrifft. "Vorsitzender Kim und ich haben eine sehr gute Beziehung, und ich wäre nicht überrascht, wenn etwas dabei herauskäme." In diesem Zusammenhang wiederholte er seine Vision, dass Nordkorea ein "riesiges Potenzial" für wirtschaftliche Entwicklung habe.
Skeptischer äußerte sich Trump, was den Handelsstreit mit der EU betrifft. Diesbezüglich bekräftigte er, dass die US-Regierung höhere Importzölle für europäische Autos prüfe. Die Entscheidung darüber hänge davon ab, ob ein Handelsabkommen mit der EU erzielt werde. Kurz hatte vor der Visite betont, Handelsfragen ins Zentrum des Treffens stellen zu wollen. Dazu hatte er sich vor seiner Abreise auch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker abgestimmt.
Der US-Präsident beendete die Fragerunde etwas abrupt, als er von amerikanischen Journalisten zum früheren FBI-Vizechef Andrew McCabe befragt wurde. McCabe hatte dem Präsidenten vorgeworfen, das US-Justizsystem zu untergraben. Trump lancierte einen Frontalangriff auf seinen Kritiker und nannte ihn mit Blick auf den legendären früheren FBI-Chef "einen J. Edgar Hoover für Arme".
Trump: "Sie sind ein junger Mann, was ziemlich gut ist"
Für Kurz hatte der US-Präsident nur Lob übrig. "Ich muss Ihnen sagen, dass er ein sehr junger Führer ist. Sie sind ein junger Mann, was ziemlich gut ist", sagte der US-Präsident, während er dem rechts neben ihm sitzenden Kanzler anerkennend auf den Unterarm klopfte. Kurz fügte daraufhin mit erhobenem Zeigefinger hinzu: "Aber das Problem mit dem Alter wird von Tag zu Tag besser."
Trump sagte, dass es "ziemlich gute Handelsbeziehungen" zwischen den USA und Österreich gebe, "und das ist es, worüber wir heute sprechen werden". Kurz hatte in seinem Eingangsstatement Trump dafür gedankt, dass er die österreichische Delegation im Weißen Haus empfange. "Es ist mir und meiner Delegation eine Freude, hier sein zu dürfen", sagte der ÖVP-Chef. "Österreich ist im Vergleich zu den USA ein kleines Land, aber ein schönes Land", betonte er. Kurz wies darauf hin, dass sich Österreich "im Herzen der Europäischen Union" befinde und es bei dem Treffen nicht nur um bilaterale Beziehungen gehe, sondern auch um jene zwischen den USA und der EU.
Nach dem Vier-Augen-Gespräch im Präsidentenbüro sollte im nebenan gelegenen Cabinet Room noch ein Treffen in größerer Runde stattfinden. Teilnehmen sollten neben Trumps Stabschef Mick Mulvaney und seinen Topberatern John Bolton und Larry Kudlow auch Vizepräsident Mike Pence, Außenminister Mike Pompeo und Energieminister Rick Perry. Im Cabinet Room finden die Regierungssitzungen unter Trumps Vorsitz statt. Gegen 14.50 Uhr verließ die österreichische Delegation das Weiße Haus wieder.
Darüber sprachen Kurz & Trump
US-Präsident Trump sei "ziemlich genau so, wie man ihn medial erlebt". Das meinte Bundeskanzler Kurz in der "ZiB 2" nach seinem Termin im Weißen Haus. Trump sei "meinungsstark", nicht immer diplomatisch und direkt. Kurz habe daher mit ihm auch ein "kontroversielles Gespräch" zu Themen geführt, wo man nicht unbedingt einer Meinung war.
Präsident Donald Trump wünscht sich höhere Verteidigungsausgaben Österreichs. Dies berichtete Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwochnachmittag (Ortszeit) von seinem Gespräch mit Trump im Weißen Haus. Er habe aber mit Verweis auf die Neutralität "sehr klar gemacht, dass wir seine Haltungen respektieren, aber dass wir unsere Budgetfragen schon selbst entscheiden".
Österreich ist weit vom NATO-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftskraft für Verteidigung auszugeben, entfernt. Trump hat die NATO-Staaten mit der Drohung, aus der Allianz auszusteigen, zu einer Erhöhung ihrer Ausgaben gebracht. Kurz räumte ein, dass Österreich weniger für Verteidigung ausgebe als andere Staaten. Was aber den "Außeneinsatz" betrifft, leiste es "einen überdimensional großen Einsatz", verwies der Kanzler auf die Auslandseinsätze des Bundesheeres.
Gute Kooperation mit der NATO
Kurz sprach zugleich von einer guten Kooperation mit der NATO und sagte, dass viele Mitglieder des Bündnisses "für Teile unserer Sicherheit, insbesondere im Kampf gegen den Terrorismus (...) einen Beitrag leisten". Österreich sei froh, dass die USA und andere Staaten gegen den IS-Terror kämpfen, weil es hier ein "geschlossenes militärisches Vorgehen" brauche, an dem sich Österreich aufgrund seiner rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten nicht beteiligen könne. Auch bei der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit sei man auf die USA angewiesen. "Ein Wort des Dankes ist da kein Fehler", sagte Kurz. "Gleichzeitig erwarten wir uns von diesen Staaten Verständnis für die österreichische Situation, die aufgrund unserer Geschichte, aufgrund unserer guten, friedlichen Nachbarn anders ist als in anderen Teilen dieser Welt."
Kurz sagte, dass das Gespräch mit Trump zum Teil kontroversiell gewesen sei. "Ich glaube, dass grundsätzlich die US-Administration ein Interesse an guten Beziehungen hat, aber in vielen Sachfragen sind wir unterschiedlicher Meinung."
Nord-Stream ein großes Thema
"Ein großes Thema" beim Gespräch mit Trump war auch das von den USA bekämpfte deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2. Österreich sei diesbezüglich "sehr klar in unserer Position", weil es Versorgungssicherheit brauche. "Wir stehen zu diesem Projekt." Grundsätzlich sei man offen für Lieferungen von US-Flüssiggas, aber der Preis dafür sei "derzeit kein wettbewerbsfähiger". "Insofern wird das Gas aus Österreich weiter hauptsächlich aus Russland kommen."
Handelsstreit: Kurz hofft auf schnelle Lösung
Gesprächsbereit zeigte sich Kurz im von Trump angezettelten Handelsstreit mit der EU. Österreich sehe den von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geführten Verhandlungsprozess "sehr positiv". "Ich hoffe, dass wir hier schnell eine Lösung finden", sagte Kurz, der Verständnis für die Kritik des US-Präsidenten an den geltenden Handelsregeln zeigte. So sei es "absurd", dass China als bald größte Wirtschaftsmacht der Welt bei der Welthandelsorganisation (WTO) immer noch als Entwicklungsland geführt werde. Autozölle würden nämlich über die Zulieferindustrie auch Österreich treffen "und kosten uns in der Sekunde Jobs in Österreich". "Das ist der Hauptgrund, warum wir auf das Thema so stark fokussiert haben."
Kurz sprach gegenüber Trump auch den stockenden Dialog zwischen Belgrad und Pristina an, wo sich Österreich "mehr Involvement" Washingtons wünsche. Im Kosovo hätten die USA nämlich "eine sehr starke Stellung, die sie positiv nutzen könnten". Österreich sehe den Dialog zwischen den Präsidenten Aleksandar Vucic (Serbien) und Hashim Thaci (Kosovo) sehr positiv und würde "auch einen Gebietsaustausch unterstützen", auch wenn dies "heikel" sei. "Wenn sich beide Staaten auf etwas einigen, sollten wir Europäer nicht im Weg stehen und die Amerikaner genauso wenig".
Russland, Nahost-Konflikt und Nordkorea
Kurz und Trump sprachen über Russland, den Nahost-Konflikt und Nordkorea. "Nicht angesprochen" wurde von Trump die Frage der Rücknahme von in Syrien festgehaltenen österreichischen IS-Kämpfern, sagte Kurz in der "ZiB2". Er bekräftigte diesbezüglich die Position, dass Sicherheit vorgehe und es sich nur um "sehr, sehr wenige Fälle" handle.
Kurz wurde von den Journalisten auch zu seinen persönlichen Eindrücken von Trump befragt. "Überraschungen gab es keine", sagte der Kanzler. "Vieles von dem, was man gehört hat, erlebt man dann auch." Trump sei im persönlichen Gespräch so, wie er auch medial wahrgenommen werde. "Ich habe nicht den Eindruck, dass er sich medial stark verstellt." Bei Themen, die ihm wichtig erscheinen, sei Trump "unglaublich committed (engagiert, Anm.), direkt, klar".
Kurz: Treffen mit Trump "etwas Besonderes"
Kurz war von Oppositionskritik auf seinem Weg nach Washington begleitet worden. Von der APA dazu befragt, sagte der Kanzler nach seinem Eintreffen in Washington: "Es gibt sehr viele Themen, wo wir unterschiedlicher Meinung mit den USA sind und auch deshalb oder gerade deswegen sollte man Gespräche führen."
Der Kanzler hatte vor seinem Abflug am Dienstagvormittag in Wien betont, dass ein Treffen mit dem US-Präsident "etwas Besonderes" sei, er aber nicht nervös sei. In Anspielung auf den sprunghaften Charakter Trumps fügte er hinzu: "Auf einen Termin mit Donald Trump kann man sich nicht wirklich vorbereiten." Dieses Zitat wurde von US-Journalisten bereitwillig aufgegriffen. So verwendete ein Korrespondent des konservativen Fernsehsenders Fox News es als Abschluss für einen Aufsager aus dem Presseraum des Weißen Hauses. US-Medien hatten in ihrer Vorausberichterstattung Kurz als jüngsten Regierungschef der Welt, aber auch als Hardliner in der Migrationsfrage und Gegenspieler der deutschen Kanzlerin Angela Merkel porträtiert.
Kurz mit Pompeo über Nahost-Konflikt
Am Dienstagabend (Ortszeit) war Kurz von US-Außenminister Mike Pompeo empfangen worden. Dabei ging es unter anderem um den Nahost-Konflikt. Wie Kurz den mitreisenden österreichischen Journalisten berichtete, sei es bei dem Diner im State Department um die Situation im Nahen Osten gegangen, "wo die USA wieder an einer Lösung arbeiten und wahrscheinlich noch in diesem Halbjahr einen Vorschlag präsentieren werden". Kurz begrüßte die Aktivitäten der USA im Nahost-Konflikt. Es sei "immer positiv", wenn diese einen Vorschlag präsentierten.
Vor dem Termin im Weißen Haus traf der Kanzler Vertreter jüdischer Organisationen wie den Direktor des American Jewish Committee (AJC), David Harris, und Rabbi Arthur Schneier. Am Abend war dann ein privates Essen im Haus von Trumps Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner geplant, der sich seit Monaten mit der Suche nach Lösungen im Nahost-Konflikt beschäftigt. Am morgigen Donnerstag, dem letzten Tag der US-Reise, wollte Kurz noch den Spitzen der internationalen Finanzinstitutionen in Washington, Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) einen Besuch abstatten.
oe24 berichtet LIVE über das spannende Treffen