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Karl-Heinz Grasser:

"Ich kämpfe jetzt um mein Leben"

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Grasser im großen oe24.TV-Interview vor dem Prozessstart

oe24.TV: Sie haben erst am Montag erfahren, dass der Prozess gegen Sie am Dienstag stattfindet. Das darf wohl als Negativrekord für die heimische Justiz bezeichnet werden. Was ist denn da los?

Karl-Heinz Grasser: Ja, ich bin am Montag aus Innsbruck gekommen mit dem Flugzeug und wusste beim Einsteigen nicht, ob am nächsten Tag der Prozess stattfindet oder nicht. Wenn man weiß, dass da ein achtjähriges Verfahren hinter mir liegt, mutet das schon merkwürdig an. Einerseits bin ich erleichtert, dass der Prozess endlich beginnt. Denn wenn acht Jahre so ein Damoklesschwert über einem hängt, ist das wie ein Albtraum, den man durchmachen muss. Ich bin auch froh, dass ich meine Argumente endlich einem – hoffentlich unabhängigen und fairen – Gericht vorlegen kann.

oe24.TV: Sie werden trotzdem gleich einmal zu Beginn des Prozesses einen Befangenheitsantrag gegen Richterin Marion Hohenecker stellen. Warum?

Grasser: Uns wurden letzte Woche Tweets ihres Ehemannes zugestellt, ein langjähriger Strafrichter mit sehr viel Erfahrung. Da ist es mir wirklich runtergefallen, ich war schockiert und fertig. Wenn man die Tweets des Ehemannes meiner Richterin betrachtet, ist das ganz klar eine feindliche Haltung mir gegenüber. Er postete ein Lied, wo es sinngemäß heißt: Wann kommt der Grasser endlich in den Häfn? Das ist wirklich ungustiös. Ich habe eine harte Schale, aber das ist verletzend. Es geht ja nicht nur um mich, es geht auch um meine Familie.

oe24.TV: Jetzt hat der Präsident des Landesgerichts diesen Antrag bereits einmal abgewiesen, weil er sagt: Eine Ehefrau haftet nicht für ihren Ehemann. Man muss sagen, Sie haften auch nicht für alles, was Fiona sagt.

Grasser: Man muss dazu sagen, ich kenne die Frau Ho­henecker nicht persönlich, und ich unterstelle einmal, dass sie eine ehrenwerte Frau ist, die mir einen fairen Prozess zukommen lassen wird. Aber das Gesetz nimmt in ganz vielen Bestimmungen Rücksicht auf die Ehe, die ganz sicher die engste Verbindung ist, die es zwischen zwei Menschen gibt. Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist, aber mich beeinflusst die Fiona und ich beeinflusse sie ganz bestimmt auch.

oe24.TV: Dazu muss man auch sagen, dass sich die Richterin in ihren eigenen vier Wänden vorbereitet. Und Herr Hohenecker scheint auch ein Fan seiner Gattin zu sein, weil er ja immer wieder bei ihren Prozessen erscheint, dazu postete und sie verteidigt. Die wirken wie ein Team …

Grasser: Sie waren auch ein Team. Zusätzlich muss man eines zu der Sache wissen: Herr Hohenecker war Ausbildungsrichter von Frau Ho­henecker. Das heißt, ich habe auf der einen Seite den Einfluss als Ehemann und auf der anderen Seite war ich der Ausbilder. Mehr Beeinflussung geht kaum.

oe24.TV: Dann haben Sie ja sicher damit gerechnet, dass dieser Befangenheitsantrag vom Landesgericht anerkannt wird.

Grasser: Ich war mir ganz sicher und auch meine Anwälte sind davon ausgegangen, dass es anders entscheiden wird. Meine Anwälte waren schockiert, ich bin aus allen Wolken gefallen. Selbst die Bild berichtet von der Ösi-Posse und sagt, das ist irre, dass der Antrag abgelehnt wurde.

oe24.TV: Wie haben Sie die letzten acht Jahre mit diesem Damoklesschwert gelebt? Haben Sie noch einen Beruf?

Grasser: Beruf gibt es ehrlich gesagt keinen mehr. Ich habe oft versucht, wieder Fuß zu fassen, aber wenn man permanent durch den Kakao gezogen wird, lässt sich das nicht mehr machen. Erst hab ich es wieder in Österreich versucht, das ist nicht gelungen. Dann hab ich es international versucht, auch das ist nicht geglückt. Alle sagen, erst muss das Verfahren abgeschlossen sein.

oe24.TV: Wie lebt man mit so einem unglaublichen Druck?

Grasser: Es ist wirklich ein unglaublicher Druck und ich fürchte, es wird noch schlimmer werden. Meine Anwälte sagen, es wird wohl mehr als 100 Prozesstage geben – insofern muss man zum Marathonläufer werden. Das hab ich aber noch nie gemacht. Ich kämpfe um mein Leben.

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