Hausdurchsuchung in Parteizentrale und Kanzleramt

Das steckt hinter den Razzien bei der ÖVP

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Am Mittwoch in der Früh zwischen 6 und 7 Uhr marschierte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zeitgleich in der ÖVP-Parteizentrale, dem Kanzleramt, dem Finanzministerium sowie mehreren Privatwohnungen von engen Vertrauten von Bundeskanzler Sebastian Kurz ein. 

Kurz in Slowenien. Betroffen von der Hausdurchsuchung waren u. a. Kanzler-Sprecher Johannes Frischmann, der Medienbeauftragte Gerald Fleischmann und Kurz-Berater Stefan Steiner. Handys, Laptops und USB-Sticks wurden sichergestellt. Kurz selbst war gestern nicht in Österreich, sondern beim EU-Westbalkan-Gipfel in Slowenien.

Auslöser sind einmal mehr Chats von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt zehn Personen, darunter auch Kanzler Kurz, als Beschuldigte. Der Vorwurf, den die WKStA in den Raum stellt: angebliche „Inseraten-Korruption“.

Falsche Vorwürfe. In diesem Zusammenhang erhebt die WKStA bezüglich vom Finanzministerium beauftragter Umfragen zu Themen wie Steuer, Finanz, Europa und Budget auch Vorwürfe gegen die Mediengruppe ÖSTERREICH, die nachweislich falsch sind.

Das Institut Research Affairs soll in den Jahren 2017 und 2018 Umfragen und Studien für das Finanzministe­rium erarbeitet haben. Einige Medien, darunter ÖSTERREICH, veröffentlichten diese Umfragen. Zu keinem Zeitpunkt gab es zwischen der Mediengruppe ÖSTERREICH und dem Finanzministerium eine Vereinbarung über eine Bezahlung von Umfragen durch Inserate, wie die WKStA fälschlicherweise behauptet.

„Kein Inseratengeld für Umfragen.“ „Die Behauptung, ÖSTERREICH hätte für Umfrageveröffentlichungen Inseratengelder erhalten, die andere Tageszeitungen nicht erhalten haben, ist definitiv falsch. Wir legen wert auf die Feststellung, dass niemals Inseratengelder des Finanzministeriums als Bezahlung für Umfragen an die Tageszeitung ÖSTERREICH bezahlt wurden“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme von ÖSTERREICH (siehe unten).

Ganz im Gegenteil: Aus den Zahlen des Medien- und Transparenzgesetzes geht hervor, dass ÖSTERREICH und oe24 in den betreffenden Jahren 2017 und 2018 nicht – wie von der WKStA fälschlicherweise behauptet – deutlich mehr, sondern in Wahrheit vom Finanzministerium deutlich weniger Inseratengelder erhalten haben als die vergleichbaren Konkurrenzmedien Krone und Heute.

Auch die ÖVP spricht von „konstruierten Vorwürfen, die teilweise fünf Jahre zurückliegen“. Es handle sich um „politische Inszenierung, um einen Showeffekt zu erzielen“.

Leak an Pilz-Plattform: Politintrige. In der Tat liefern sich ÖVP und WKStA seit Monaten einen Justizkrieg, der nun scheinbar in den Razzien (die seit Wochen angekündigt waren) seinen Höhepunkt fand. Die ÖVP wirft der WKStA „linke Zellen“ vor.

Brisant: Ausgerechnet die linke Online-Plattform von Peter Pilz zackzack.at veröffentlichte am Mittwoch, noch während die Hausdurchsuchungen liefen, die komplette 104-seitige Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Ein Leak, das am Mittwoch selbst abgebrühte Staatsanwälte überraschte. „Es besteht kein Zweifel: Die Anordnung wurde absichtlich und ganz bewusst von der WKStA an die Pilz-Plattform gespielt, damit sie noch während der Hausdurchsuchung veröffentlicht wird. Das ist eine politische Intrige“, so ein hochrangiger Justizinsider. Der Krieg zwischen ÖVP und WKStA geht damit in die nächste Runde … 

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