Bundeskanzler Sebastian Kurz im großen ÖSTERREICH-Interview zu den geplanten Steuersenkungen.
Kurz im „Österreich“-Talk ÜBER DAS NEUESTE Corona-Paket.
© APA/HANS PUNZ
×
ÖSTERREICH: Sie laden ins Kanzleramt zur Klausur. Sonst findet so etwas immer in einem Hotel am Land statt. Warum diese „Nicht-Inszenierung“?
SEBASTIAN KURZ: Es ist richtig, dass Regierungsklausuren sonst in einem größeren Rahmen stattfinden. Zwar sind die Ansteckungszahlen in Österreich sehr niedrig, trotzdem ist das Coronavirus noch aktiv. Insofern versuchen wir, die Sicherheitsregeln genau einzuhalten.
ÖSTERREICH: Rund 2,6 Milliarden ist das Paket schwer – warum kommt es gerade jetzt?
KURZ: Neben der Rettung besonders betroffener Branchen ist es uns wichtig, den Konsum anzukurbeln. Deshalb ziehen wir jetzt die Steuerreform vor und entlasten kleine und mittlere Einkommen. Darüber hinaus unterstützen wir Familien direkt mit 360 Euro pro Kind. Vieles von dem Geld wird direkt in den Konsum fließen und die Wirtschaft beflügeln.
ÖSTERREICH: Sie ziehen jetzt die 1. Stufe der Lohnsteuersenkung vor. Wird die 2. Tarifstufe wie geplant 2021 abgesenkt?
KURZ: Ja, die Steuerreform findet statt wie geplant. Die Senkung der unteren Progressionsstufe wird eben vorgezogen, um gerade die kleinen Einkommen zu entlasten.
ÖSTERREICH: Wann haben die Menschen das Geld am Konto?
KURZ: Ab September findet die Auszahlung statt. Das bedeutet im Schnitt pro Familie 1.000 Euro.
ÖSTERREICH: Negativsteuer und mehr Geld für Arbeitslose – dem stand die ÖVP stets kritisch gegenüber. Haben Ihnen das die Grünen abgerungen?
KURZ: Wir halten diese Einmal-Unterstützung für Arbeitslose für notwendig, weil ja viele in der Coronakrise unverschuldet den Job verloren haben. Und es ist auch eine konjunkturbelebende Maßnahme, weil dieses Geld unmittelbar in den Konsum fließt.
ÖSTERREICH: Wir waren die Verhandlungen mit den Grünen? Ist das wieder nach dem Motto verlaufen, das Beste aus beiden Welten?
KURZ: Es waren sehr angenehme Verhandlungen mit einem klaren Ziel: Wir wollen besondere Branchen, wie die Gastronomie und den Tourismus, unterstützen. Zum Zweiten werden wir die arbeitenden Menschen und Familien entlasten. Dritter Punkt: Wir investieren mehr in Ökologisierung und Digitalisierung.
ÖSTERREICH: Während wir hier reden, bemängelt die Opposition, dass das alles zu wenig ist. Was sagen Sie dazu?
KURZ: Dass die Opposition Maßnahmen immer kritisiert, das kennen wir schon. Alle Details werden am Dienstag präsentiert, eines ist aber schon jetzt klar: Es ist ein sehr, sehr großes Paket.
ÖSTERREICH: Kann eine mögliche Rezession durch solche Pakete verhindert werden?
KURZ: Ich glaube, dass das Paket gut geeignet ist, um in einer Weltwirtschaftskrise gegenzusteuern. Es ist eine Realität, dass es durch die Pandemie eine Krise gibt, die nicht spurlos an uns vorüberzieht.
ÖSTERREICH: Kommen wir da besser durch als andere?
KURZ: Wir werden deutlich besser durch die Krise kommen als die meisten anderen Länder. Österreich ist ein starkes Land. Viele Maßnahmen, die wir setzen, können sich andere Länder gar nicht leisten.
ÖSTERREICH: Wie läuft es in der Koalition? Man hatte zuletzt den Eindruck, die Grünen treten selbstbewusster auf und durch die Entmachtung von Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek gibt es Irritationen.
Kurz: Ich halte die Zusammenarbeit für gut. Natürlich bleiben wir zwei unterschiedliche Parteien.
ÖSTERREICH: Also keine Irritationen?
Kurz: Nein.(gü)
Günther Schröder