Kanzler Alfred Gusenbauer hat die ORF-"Sommergespräche" abgeschlossen. Er will den Arbeitsmarkt "schrittweise öffnen".
Bundeskanzler Alfred Gusenbauer spricht sich für eine "selektive und schrittweise" Öffnung des Arbeitsmarktes ab 2009 aus: "Die, die wir brauchen, können kommen", erklärte der SP-Chef im ORF-Sommergespräch. Gute Nachrichten hatte der Kanzler für Bezieher kleiner Pensionen, die er am derzeitigen Wirtschaftserfolg mitnaschen lassen will. Zum Koalitionsklima meinte Gusenbauer, es habe "verzichtbare Streitereien" gegeben, sein Verhältnis zu Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) sei aber konstruktiv.
"Image hat gelitten"
Kritik aus den eigenen Reihen
sieht Gusenbauer nicht: Unter seinem Vorsitz habe die SPÖ "eine
der erfolgreichsten Perioden" erlebt. Zum vielzitierten "Umfallen"
der SPÖ räumte der Kanzler ein, dass "mein Image darunter
gelitten hat."
Freilich sieht er für vieles die ÖVP verantwortlich: "Die ÖVP erweckt manchmal den Eindruck, dass sie auf der Bremse steht. Wenn es nach mir geht, könnten die Schritte noch größer sein." Das gelte etwa bei der Abschaffung der Studiengebühren. Dass diese wegen des VP-Widerstands nicht gelungen sei, tue ihm leid, meinte Gusenbauer. In Sachen Eurofighter gab der SP-Chef zu bedenken, dass im U-Ausschuss der "schlagende Korruptionsbeweis" nicht gefunden worden sei. Die SPÖ hätte so einen Kaufvertrag aber nie abgeschlossen.
Öffnung dort, wo es notwendig ist
Öffnungsschritte plant
Gusenbauer, was die Öffnung des Arbeitsmarktes angeht. Gemeinsam mit dem
Arbeitsmarktservice gebe es das Vorhaben der Sozialpartner, eine Liste zu
erstellen, die Aufschluss darüber gebe, in welchen Bereichen
Facharbeitermangel vorhanden sei, berichtete Gusenbauer. Dort, wo kein
Mangel existent sei, "bleibt der Arbeitsmarkt jedenfalls geschlossen",
bekräftigte der SP-Chef. Vordringlich aber gehe es ohnehin um
Qualifizierungsmaßnahmen für jene, die derzeit ohne Beschäftigung seien.
Der Wunsch der Senioren nach einer Anhebung der Pensionen sei berechtigt, verwies Gusenbauer auf die gestiegene Teuerungsrate. Er habe daher mit Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) vereinbart, nach Vorliegen des Berichts der Pensionistenkommission mit den Seniorenvertretern zu sprechen, um sicherzustellen, dass gerade die Kleinpensionen-Bezieher auch etwas von den wirtschaftlich guten Zeiten hätten, erklärte der Kanzler. Freilich müsse hierbei auch auf den budgetären Rahmen Rücksicht genommen werden.
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Pensionsanhebung derzeit kein Thema
Die Diskussion rund um eine
mögliche Anhebung des Pensionsantrittsalters wertete der Bundeskanzler als "verfehlt".
Schließlich gelte es, das reale Pensionsantrittsalter an das gesetzliche
anzupassen. Da sei es "nicht sinnvoll, den übernächsten Schritt vor dem
nächsten zu tun". Ziel müsse es zunächst ein, dass ältere
Arbeitnehmer von den Betrieben aufgenommen werden. Die Frage einer Anhebung
des Pensionsantrittsalters sei in den nächsten Jahren "nicht akut",
da während der kommenden fünf bis sechs Jahre mehr Menschen auf dem
Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden.
Angesprochen auf ein Forcieren der Mitarbeiterbeteilung zeigt sich Gusenbauer ablehnend: "Die besten Methoden sind Lohnverhandlungen und Lohnabschlüsse." Eine Mitarbeiterbeteiligung müsste durch Mechanismen passieren, "die allen zu Gute kommen". Beim jüngsten VP-Vorschlag, die Mitarbeiterbeteiligungsquote auf zwölf Prozent zu erhöhen, sei das Problem, dass "88 Prozent dann nicht betroffen" seien.
Milde Betrachtung der "Strache-Affäre"
Eher milde
betrachtete Gusenbauer die umstrittenen Jugendfotos von FPÖ-Chef
Heinz-Christian Strache, forderte aber eine deutliche Distanzierung: Er sei
der Meinung, dass man nicht wegen allem, was jemand in seiner Jugend gemacht
habe, einen Strick drehen könne. Strache müsse aber seine Jugend
aufarbeiten, was er bis heute nicht in dem Ausmaß getan habe, wie das
notwendig wäre: "Er ist gefordert sich selbst zu distanzieren",
meinte der SP-Chef zu Straches Jugendbekanntschaften in rechtsextremen
Kreisen.