Bei UNO-Generaldebatte

Kein Treffen zwischen Kern und Erdogan

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Das angepeilte Gespräch mit dem türkischen Präsidenten fand letztlich nicht statt.

Es wäre wohl das heikelste Treffen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) während seines Besuchs bei der UNO-Generaldebatte gewesen, letztlich fand es aber nicht statt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gab Kern einen Korb. Ein für Mittwoch zum Abschluss von Kerns New-York-Aufenthalt angepeiltes Gespräch fand letztlich nicht statt.

Gesprächsangebot weiter aufrecht

Es sei "terminlich nicht zustande" gekommen, verlautete lapidar aus dem Umfeld des Kanzlers. Das Gesprächsangebot sei aber weiter aufrecht. Die Stimmung zwischen Wien und Ankara ist derzeit angespannt, weil sich sowohl Kern als auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) für einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara stark machen und eine andere Form der künftigen Kooperation andenken wollen.

Die Türkei reagierte empört und ließ beispielsweise die archäologischen Grabungen in Ephesos vorzeitig stoppen. Österreichische Wissenschafter sind dort mit kurzen Unterbrechungen seit 1895 tätig.

Meeting über soziale Gerechtigkeit

Vor seiner für Mittwochnachmittag (Ortszeit) geplanten Abreise nahm Kern am Rande der Generaldebatte an einem vom sozialdemokratischen Premier Schwedens, Stefan Löfven, einberufenen Meeting zu sozialen Fragen und einer gerechten Arbeitswelt sowie inklusivem Wachstum teil.

Kern erklärte, die Gewährleistung von sozialer Gerechtigkeit und sozialem Fortschritt sei eine der wichtigsten Herausforderungen, die mit einem globalen Ansatz bewältigt werden sollte. Die Globalisierung müsse effektiver zugunsten jener gemanagt werden, die bisher nicht von ihr profitiert hätten.

Enorme globale Herausforderungen

Die globalen Herausforderungen seien enorm, konstatierte der Kanzler. "Wir sehen erzwungene Kinderarbeit, verfolgte Gewerkschaftsaktivisten, unter jeglicher Lebensgrundlage liegende Löhne ebenso wie hohe Arbeitslosenraten, auch in hochentwickelten Ländern." Die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft führe aber zu sozialer Unzufriedenheit.

Um dieser Entwicklung zu begegnen, müsse ein sozialer Dialog zwischen Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geführt werden, sagte Kern, der die österreichische Sozialpartnerschaft als Beispiel nannte. Dabei müsse es ein Bekenntnis zu Standards geben, wie sie etwa in der "UNO-Agenda zur Nachhaltigen Entwicklung 2030" festgeschrieben worden seien.

Am Dienstagabend (Ortszeit) war Kern bei einem Empfang des Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, in der auf österreichische und deutsche Kunst spezialisierten "Neuen Galerie" zu Gast gewesen. Lauder - er war in den 1980er Jahren US-Botschafter in Wien gewesen - würdigte Kern dabei als "ehrlichen Freund Israels und des jüdischen Volkes" und erwähnte explizit die Ausstellung "Verdrängte Jahre - Bahn im Nationalsozialismus in Österreich 1938 - 1945". Diese hatte sich 2012 in Wien mit den Deportationen von Juden während des Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Kern war damals ÖBB-Chef.

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